Karriere-News

Ihre gewählten Filter:

Sarah Dungs will mit Verband für Bauen im Bestand das Klima schützen

Sarah Dungs.

Sarah Dungs.

Quelle: Greyfield Group, Urheberin: Catrin Moritz

Köpfe 10.02.2023
Herausforderungen und Lösungen für Bauen im Bestand will ein neu gegründeter gleichnamiger Verband eine öffentlichkeitswirksame Stimme verleihen. Auf den Bestand komme es an, wenn ... 

Herausforderungen und Lösungen für Bauen im Bestand will ein neu gegründeter gleichnamiger Verband eine öffentlichkeitswirksame Stimme verleihen. Auf den Bestand komme es an, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen wolle, erklärt die erste Vorsitzende vom Verband für Bauen im Bestand (BiB), Sarah Dungs. Daher müssten Fortschritte und Marktstandards für den Bestand zielgerichtet gewährleistet werden.

Dungs ist Geschäftsführerin beim Essener Projektentwickler Greyfield, auf dessen Initiative die Gründung zurückgeht. Zum Vorstand des Verbands gehören außerdem Diana Anastasija Radke, Managing Partner bei KVL Bauconsult, Nicola Halder-Haß von Bricks & Beyond sowie Annabelle von Reutern von Concular.

Der Verband sieht sich als zentrale Plattform, „um die notwendigen Wege für die Bestandsimmobilien zu ebnen“. Dazu zählten die Diskussion über neue Marktstandards genauso wie über angepasste Normen und Verordnungen, erklärt Dungs. Beispielsweise ergebe sich aus der Arbeitsstättenrichtlinie häufig, dass die Deckenhöhen im Bestand zu niedrig seien. Beim Schallschutz und bei Stellplatzverordnungen passten die Vorgaben ebenfalls häufig nicht zu den Gegebenheiten bei Bestandsbauten – vieles sei nach wie vor auf Neubauten ausgelegt, sagt Dungs auf Nachfrage. Gleiches gelte für manche DIN-Norm, etwa die für Kostenschätzungen im Bestand.

Dungs will mit dem Verband nicht nur die politischen Ebenen adressieren, sondern auch Problembewusstsein und den Willen zu Lösungen in der Branche selbst anstacheln. Dazu passt, dass sich das Bündnis auch als Schaltstelle sieht, um Wissen zu bündeln und weiterzugeben.

Kristina Pezzei

Wo der Arbeitsvertrag auf eine Seite passt

Gestatten, die Greyfield-Truppe.

Gestatten, die Greyfield-Truppe.

Quelle: Greyfield Group, Urheber: Jens Hauer

Karriere 12.06.2020
Der Essener Bestandsentwickler Greyfield versteht sich als etwas anderer Arbeitgeber. Jeder kann arbeiten, wo und wann er will. Urlaub wird "nach Bedarf" genommen, sagt Chef Timm Sassen. Er ... 

Der Essener Bestandsentwickler Greyfield versteht sich als etwas anderer Arbeitgeber. Jeder kann arbeiten, wo und wann er will. Urlaub wird "nach Bedarf" genommen, sagt Chef Timm Sassen. Er selbst habe "sein Unternehmertum um seine Familie drumherum gebaut". Bei der Auswahl neuer Kollegen dürfen alle mitreden, und der Arbeitsvertrag passt auf eine einzige Seite. Boni gibt es dafür nicht.

Als Sassen 2012 eine Firma namens Greyfield Real Estate GmbH in Dortmund gründete, hatte er noch keine Kinder. Heute sind es drei. Da ist er ganz froh, wenn er selbst entscheiden kann, ob er mit der Familie frühstückt und seine Kinder in die Kita bzw. die Schule bringt - oder schon in aller Herrgottsfrühe ins Büro kommt, weil wichtige Termine anstehen. Genauso froh wie Sarah Dungs ist, dass sie morgens, wenn ihr danach ist, entspannt Sport treiben kann, ehe sie, auch schon mal gegen zehn Uhr, im Büro eintrudelt. Dungs fing mal als Werkstudentin bei Greyfield an und wurde von Sassen schon mit Mitte 20 in die Geschäftsführung geholt.

Und was für die Führungsriege gilt, gilt auch für den gemeinen Angestellten: "Ich kann meinen Tagesablauf selbst bestimmen, damit er in mein Leben passt. Das fühlt sich an wie selbstständig sein", sagt Lisa Miosga. Die 28-Jährige jobbte ebenfalls als Werkstudentin bei Greyfield, während sie ihren Master in Immobilienwirtschaft an der Irebs machte. Den Abschluss hat sie seit kurzem in der Tasche - und eine Festanstellung als Projektentwicklerin auch.

Nebenbei kümmert sich Miosga im Greyfield-Team auch ums Business Development: "Ich habe ein Netzwerk zu Proptechs aufgebaut. Wir wollen herausfinden, welche Technologien uns und vor allem den späteren Nutzern unserer Immobilien wirklich weiterhelfen." Entstehen soll ein digitales Geschäftsmodell: "Es reicht ja nicht, nur die Hardware einzubauen. Irgendwer muss sich ja um die Software und das Zusammenspiel der verschiedenen Bausteine kümmern; dafür muss es in unseren Augen einen Betreiber geben."

Als Sassen Greyfield vor acht Jahren gründete, hatte er neun Berufsjahre bei IKB (Projektleiter Immobilien) und KPMG (Manager/Corporate Finance Real Estate) auf dem Buckel. In dieser Zeit stellte er fest: "Die Zwänge für Arbeitnehmer sind enorm." Nicht, dass Sassens Firma ein Spaßverein wäre: "Natürlich arbeiten wir auch mit Standards. Die Verantwortung ist ja nicht ohne." In der Projektentwicklung geht es um viel Geld, das Risiko ist groß, aber die Chancen auch - vor allem, wenn man wie Greyfield, etwas überspitzt formuliert, Schandflecke im Ruhrgebiet aufmöbelt. Trotzdem will Sassen seinen Angestellten - nicht die maximale, aber die maximal mögliche Freiheit geben.

Und das fängt beim Arbeitsvertrag an: Der passt bei Greyfield nämlich auf eine einzige Seite. "Ich wollte nicht, dass sich meine Mitarbeiter einem 17-seitigen Vertrag unterwerfen", sagt Sassen. Also beauftragte er eine Anwaltskanzlei mit dem Aufsetzen eines Mustervertrags. "Das war für die eine echte Herausforderung."

Das Resultat ist ein Kontrakt mit sechs Punkten: Arbeitsbeginn und Aufgaben; Arbeitszeit; Arbeitsort; Vergütung; Urlaub; Vertragsbeendigung. Zum Punkt Arbeitsort heißt es: "Wir stellen Ihnen einen Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten unseres Unternehmens mit Sitz in Essen zur Verfügung. Sie erhalten auch die Möglichkeit, Ihre Tätigkeit eigenverantwortlich an einem Ort Ihrer Wahl auszuüben."

Und alles, was nicht im Vertrag abgehandelt wird, z.B. der Dienstwagen? "Dafür gibt es Spielregeln", erklärt Sassen. Heute beschäftigt er gut 20 Leute. Allein in den vergangenen Monaten kamen drei Kollegen dazu, u.a. Miosga. Über Neuzugänge entscheiden alle mit: "Die Kandidaten lassen wir vom ganzen Team beschnuppern, das ist eine Teamentscheidung." Auch im täglichen Doing versteht sich Greyfield als agiler Projektentwickler: "Wir arbeiten mit Scrum - und manche wissen gar nicht, dass das Scrum ist", schmunzelt Miosga. Außerdem hat jeder Mitarbeiter ein bestimmtes Themengebiet neben seinen eigentlichen Hauptaufgaben, um das er sich eigenverantwortlich kümmert, wie Miosga, die mögliche digitale Geschäftsmodelle auslotet.

"Wir gehen den Zyklus der Gehälter nicht mit"

Irgendwo ist aber auch Schluss mit der Agilität: Über das Gehalt entscheidet die Geschäftsführung und niemand sonst. In puncto Vergütung ist Greyfield aber für einen Entwickler trotzdem ein ganz besonderes Unternehmen: Ein Bonussystem gibt es nicht, sondern nur Fixgehälter. "Die Marktpreise für professionelle Projektentwickler sind sehr weit oben. Wir wollen den Zyklus der Gehälter nicht so mitgehen wie Wettbewerber."

Die Einstiegsgehälter für Junior-Projektentwickler beziffert der Chef auf 45.000 Euro. Und wenn man verhandelt, ist vielleicht auch mehr drin. Wichtig zu wissen: Es handelt sich um Komplettpakete, die je nach Mitarbeiter ein Auto, die finanzielle Unterstützung bei einem Studium oder dergleichen beinhalten.

Bei Greyfield trifft man auf viele junge Gesichter. Im März und April haben zwei Projektentwickler angefangen. Sie sind 30 bzw. 31 Jahre alt, und das ist in etwa das Durchschnittsalter in der Firma. "Für uns ist Alter kein Zeichen von Kompetenz", sagt Sassen. "Für uns ist es egal, ob einer 24, 44 oder 64 ist. Man braucht jedenfalls keine 20 Jahre Berufserfahrung, um mit Immobilien gut klarzukommen."

Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung, diese Begriffe fallen im Gespräch mit Sassen, Dungs und Miosga oft. "Eine gute Beziehung zum Mieter bringt nicht nur gute Rendite!", sagt Dungs. Oder: "Flächenfraß, Landversiegelung - Deutschland ist eigentlich fertig bebaut. Da braucht es intelligente smarte Lösungen im Bestand." Okay, manchmal komme man nicht um Abriss und Neubau herum, aber dann bitteschön so ressourcenschonend und bezahlbar wie möglich: "Ein superveganes Hightechprodukt für 20 Euro/m² Miete funktioniert im Ruhrgebiet nicht."

Zum Schluss des Video-Calls führt Dungs noch per Handy durch die Essener Büros, die Greyfield selbst revitalisierte: "Bei uns haben alle den gleichen Arbeitsplatz, egal ob Geschäftsführer oder Mitarbeiter." Das und die Sichtverbindungen von unten nach oben und umgekehrt sollen auch räumlich für den nötigen Teamspirit sorgen.

Harald Thomeczek