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Einigung im Tarifstreit der Gebäudereiniger

"Jetzt wird's richtig dreckig", hieß es vor wenigen Wochen auf den Schildern der Warnstreikenden in Dreieich. Auch online wurde hart gekämpft. Die IG-Bau-Aktion Dirty-Job-Pranger bezeichnete der BIV als "Dreckschleuderei".

"Jetzt wird's richtig dreckig", hieß es vor wenigen Wochen auf den Schildern der Warnstreikenden in Dreieich. Auch online wurde hart gekämpft. Die IG-Bau-Aktion Dirty-Job-Pranger bezeichnete der BIV als "Dreckschleuderei".

Quelle: IG Bau

Karriere 24.10.2019
"Der Knoten ist durch", sagte IG-Bau-Chef Robert Feiger nach einer Marathonsitzung zusammen mit dem Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks (BIV). Sie haben sich im Bemühen um ... 

"Der Knoten ist durch", sagte IG-Bau-Chef Robert Feiger nach einer Marathonsitzung zusammen mit dem Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks (BIV). Sie haben sich im Bemühen um einen neuen Rahmentarifvertrag vor allem auf höhere Lohnzuschläge und mehr Urlaubstage für die bundesweit rund 650.000 Beschäftigten der Branche geeinigt. Beim Thema Weihnachtsgeld ist noch Geduld gefragt.

Nach 13 Stunden Gesprächsführung kam der Durchbruch: Die IG Bau und der BIV haben sich auf Neuerungen in den Arbeitsverträgen der Gebäudereiniger geeinigt, die nun nach Zustimmung involvierter Gremien auf beiden Seiten zu einem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag führen sollen. Dem vorausgegangen waren sechs ergebnislos geführte Verhandlungsrunden.

Nicht zuletzt für den Umgang mit Mehrarbeitszuschlägen bei Überstunden von Teilzeitbeschäftigten gibt es nun eine einvernehmliche Regelung. Diese Zuschläge werden sowohl für Voll- als auch für Teilzeitmitarbeiter ab der neunten Arbeitsstunde am Tag in Höhe von 25% vom Stundenlohn gezahlt. Auch Teilzeitler mit kürzeren Tagen haben Aussicht auf mehr Geld: So sollen solche Mitarbeiter, die kontinuierlich über fünf Monate hinweg ein Überstundenpensum von mindestens 15% leisten, Anspruch auf einen Vertrag mit angepasster Wochenstundenzahl bekommen.

Zum Hintergrund: Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellung von Voll- und Teilzeitkräften bei Mehrarbeitszuschlägen war im Frühjahr dieses Jahres der Auslöser dafür, dass die Arbeitgeberseite den im Jahr 2012 gefassten Rahmentarifvertrag zum Juli 2019 gekündigt hatte. Das Urteil wurde zwar zu einem Fall aus der Systemgastronomie gefällt, hat aber große Auswirkungen auf die Gebäudereinigerbranche, die laut BIV zu etwa 75% aus Teilzeitkräften besteht. Unter diesen neuen Voraussetzungen sei der Rahmentarifvertrag nicht mehr fortzuführen, argumentierte der BIV. "Diese Regelung ist bestens geeignet dafür, Unfrieden in die Betriebe zu tragen." Denn nach diesem Urteil müsste, so ein Beispiel des BIV, ein Teilzeitler mit zwei Arbeitsstunden pro Tag bereits für die dritte Stunde einen Mehrarbeitszuschlag von 25% (zusätzlich zur Überstunde an sich) erhalten, der Vollzeit arbeitende Kollege aber erst nach 39 Wochenstunden. Mit dem nun ausgehandelten Zuschlag erst ab der neunten Arbeitsstunde am Tag setzte sich der BIV durch.

Ein weitaus stärker öffentlich ausgetragener Konfliktpunkt betraf in den vergangenen Monaten die Forderung der IG Bau nach einem Weihnachtsgeld bzw. 13. Monatsgehalt. Der BIV beharrte darauf, dass diese Diskussion in die nächste Verhandlung des Lohntarifvertrags 2020 gehöre, aber mit dem aktuell zu verhandelnden Rahmentarifvertrag nichts zu tun hat. Dabei bleibt es auch in dem nun vorliegenden Vorschlag. Darüber hinaus hat die IG Bau allerdings eine Übergangslösung für die Feiertage in diesem und im nächsten Jahr ausgehandelt. Demnach bekommen die Beschäftigten wahlweise Heiligabend oder Silvester als bezahlten Arbeitstag frei. Wer hingegen arbeiten möchte, dem wird eine Weihnachtsprämie für diesen Tag in Höhe eines 150%igen Lohnzuschlags gewährt.

Weitere Punkte in der Einigung beider Tarifparteien betreffen die Zuschläge. Einige sind erhöht worden: für die Arbeit in der Nacht von 25% auf 30%, an Sonn- und Feiertagen von 75% auf 80%. "Für die Arbeit am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag, an Neujahr und am 1. Mai wird es, so sieht es die neue Vereinbarung vor, sogar Zuschläge von 200% des Lohns geben", teilt die IG Bau mit. Außerdem gibt es für Industrie- und Maschinenreiniger nun 75 Cent pro Stunde extra.

Auch an der Urlaubsregelung wurde geschraubt. Ab 2021 soll es für alle Beschäftigten einen einheitlichen Urlaubsanspruch auf 30 Tage auf Vollzeitbasis geben - unabhängig davon, wie lange sie bereits in der Branche arbeiten. Neueinstellungen haben schon 2020 Anspruch auf 29 Urlaubstage.

Ulrike Laux, die im Bundesvorstand der IG Bau für die Gebäudereinigung zuständig ist, rechnet mit zeitnahen Zustimmungen aus der Tarifkommission und der Branchenfachgruppe. Außerdem fehlt noch das Ja des Bundesvorstands. Auch der BIV muss noch seinen Gremien den Vorschlag zur Abstimmung vorlegen. "Mit diesem Tarifabschluss haben die Arbeitgeber einen zukunftsfähigen Kompromiss mit dem Tarifpartner IG Bau erzielt, der die Attraktivität der beschäftigungsstärksten deutschen Handwerksbranche weiter stärkt", kommentiert Christian Kloevekorn, Verhandlungsführer der Bundestarifkommission des BIV.

Dieser Einigkeit ging ein zuletzt mit harten Bandagen geführter Tarifstreit voraus. Zum einen organisierte die IG Bau in den vergangenen Monaten bundesweit verstreute Warnstreiks in öffentlich hoch frequentierten Gebäuden wie Flughäfen und in Industrieobjekten wie den BMW-Werken.

Darüber hinaus schaffte es die IG Bau mit ihrem digitalen "Dirty-Job-Pranger" in die Schlagzeilen. Seit ebenfalls Anfang Oktober wirft sie dort dem Osnabrücker Unternehmen Piepenbrock "Drückerei bei Lohn und Arbeit vor", weil es die Zeit ohne Rahmentarifvertrag ausnutze und Arbeitsverträge zu seinem Vorteil ändern würde. Piepenbrock weist die Vorwürfe strikt zurück. Ebenso wie die Mannheimer Firma Lieblang Cosmos, die als zweites Unternehmen von der IG Bau an den Pranger gestellt wurde. Der BIV reagierte ungewohnt forsch auf diese Aktion. "Was die IG Bau hier macht, ist nichts anderes als öffentliche Dreckschleuderei auf Unternehmen, die sich an Recht und Gesetz halten und die jederzeit bereit sind, sich wieder einem vernünftigen Rahmentarifvertrag anzuschließen", sagte Johannes Bungart, Geschäftsführer des Bundesinnungsverbands.

Anke Pipke

Höhere Zuschläge und mehr Urlaub für Gebäudereiniger

Zuletzt sollten Warnstreiks der Gebäudereiniger die Arbeitgeberseite unter Druck setzen.

Zuletzt sollten Warnstreiks der Gebäudereiniger die Arbeitgeberseite unter Druck setzen.

Quelle: IG Bau

Karriere 18.10.2019
Der Streit um einen neuen Rahmentarifvertrag für die bundesweit 650.000 Gebäudereiniger ist beigelegt. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks (BIV) und die ... 

Der Streit um einen neuen Rahmentarifvertrag für die bundesweit 650.000 Gebäudereiniger ist beigelegt. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks (BIV) und die Industriegewerkschaft IG Bau haben sich geeinigt. Für etliche Arbeitnehmer soll es mehr Geld und für alle mehr Urlaub geben, heißt es in dem ausgehandelten Vorschlag. Dem müssen noch Gremien auf beiden Seiten der Interessensvertretung zustimmen. Anschließend werden IG Bau und BIV die Allgemeinverbindlichkeit des Vertrags anstreben.

Die Verhandlungen seien festgefahren, so beschrieben etliche Medien zuletzt die Situation im Streit um einen Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk. Die sechste Gesprächsrunde zwischen den Interessensvertretern war Anfang Oktober ergebnislos abgebrochen worden. Doch jetzt gibt es wieder Licht am Ende des Tunnels. "Der Knoten ist durch", sagt IG-Bau-Chef Robert Feiger. Die IG Bau und der BIV haben sich in ihrem jüngsten, 13 Stunden dauernden Gespräch auf einige Neuerungen geeinigt, die nun nach Zustimmung involvierter Gremien auf beiden Seiten zu einem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag führen sollen.

Auch Teilzeitkräfte bekommen mehr Geld für mehr Arbeit

Nicht zuletzt für den Umgang mit Mehrarbeitszuschlägen bei Überstunden von Teilzeitbeschäftigten gibt es nun eine einvernehmliche Regelung. Diese Zuschläge werden sowohl für Voll- als auch für Teilzeitmitarbeiter ab der neunten Arbeitsstunde am Tag in Höhe von 25% vom Stundenlohn gezahlt. Auch Teilzeitler mit kürzeren Tagen haben Aussicht auf mehr Geld: So sollen solche Mitarbeiter, die kontinuierlich über fünf Monate hinweg ein Überstundenpensum von mindestens 15% leisten, Anspruch auf einen neuen Vertrag mit angepasster Wochenstundenzahl bekommen.

Zum Hintergrund: Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellung von Voll- und Teilzeitkräften bei Mehrarbeitszuschlägen war im Frühjahr dieses Jahres der Auslöser dafür, dass die Arbeitgeberseite den im Jahr 2012 gefassten Rahmentarifvertrag zum Juli 2019 gekündigt hat. Das Urteil wurde zwar zu einem Fall aus der Systemgastronomie gefällt, hätte aber große Auswirkungen auf die Gebäudereinigerbranche, die laut BIV zu etwa 75% aus Teilzeitkräften besteht. Unter diesen neuen Voraussetzungen sei der Rahmentarifvertrag nicht mehr fortzuführen, argumentierte der BIV. "Diese Regelung ist bestens geeignet dafür, Unfrieden in die Betriebe zu tragen." Denn nach diesem Urteil müsste, so ein Beispiel des BIV, ein Teilzeitler mit zwei Arbeitsstunden pro Tag bereits für die dritte Stunde einen Mehrarbeitszuschlag von 25% (zusätzlich zur Überstunde an sich) erhalten, der Vollzeit arbeitende Kollege aber erst nach 39 Wochenstunden. Mit dem nun ausgehandelten Zuschlag erst ab der neunten Arbeitsstunde am Tag setzte sich der BIV durch.

Gratifikation zum Jahresende

Ein weitaus stärker öffentlich ausgetragener Konfliktpunkt betraf in den vergangenen Monaten die Forderung der IG Bau nach einem Weihnachtsgeld bzw. 13. Monatsgehalt. Der BIV beharrte darauf, dass diese Diskussion in die nächste Verhandlung des Lohntarifvertrags 2020 gehöre, aber mit dem aktuell zu verhandelnden Rahmentarifvertrag nichts zu tun hat. Dabei bleibt es auch in dem nun vorliegenden Vorschlag. Darüber hinaus hat die IG Bau allerdings eine Übergangslösung für die Feiertage in diesem und im nächsten Jahr ausgehandelt. Demnach bekommen die Beschäftigten wahlweise Heiligabend oder Silvester als bezahlten Arbeitstag frei. Wer hingegen arbeiten möchte, dem wird eine Weihnachtsprämie für diesen Tag in Höhe eines 150%igen Lohnzuschlags gewährt.

Ein Plus bei Zuschlägen und mehr Urlaubstage für alle

Weitere Punkte in der Einigung beider Tarifparteien betreffen die Zuschläge, die erhöht worden sind: für die Arbeit in der Nacht von 25% auf 30%, an Sonn- und Feiertagen von 75% auf 80%. "Für die Arbeit am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag, an Neujahr und am 1. Mai wird es, so sieht es die neue Vereinbarung vor, sogar Zuschläge von 200% des Lohns geben", teilt die IG Bau mit. Darüber hinaus gibt es für Industrie- und Maschinenreiniger nun 75 Cent pro Stunde extra.

Auch an der Urlaubsregelung wurde geschraubt. Ab 2021 soll es für alle Beschäftigten einen einheitlichen Urlaubsanspruch auf 30 Tage auf Vollzeitbasis geben - unabhängig davon, wie lange sie bereits in der Branche arbeiten. Neueinstellungen haben schon 2020 Anspruch auf 29 Urlaubstage.

Zufriedenheit auf beiden Seiten

Ulrike Laux, die im Bundesvorstand der IG Bau für die Gebäudereinigung zuständig ist, rechnet mit zeitnahen Zustimmungen aus der Tarifkommission und der Branchenfachgruppe. Außerdem fehlt noch das Ja des Bundesvorstands. Auch der BIV muss noch seinen Gremien den Vorschlag zur Abstimmung vorlegen. "Mit diesem Tarifabschluss haben die Arbeitgeber einen zukunftsfähigen Kompromiss mit dem Tarifpartner IG BAU erzielt, der die Attraktivität der beschäftigungsstärksten deutschen Handwerksbranche weiter stärkt", kommentiert Christian Kloevekorn, Verhandlungsführer der Bundestarifkommission des BIV.

Anke Pipke

Die Gebäudereiniger kämpfen weiter fürs Weihnachtsgeld

Reinigungskräfte mit Spaß bei der Arbeit.

Reinigungskräfte mit Spaß bei der Arbeit.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Andrey Popov

Karriere 29.11.2018
Unternehmen aus dem Facility-Management liegen mit der IG Bau im Clinch. Die Gewerkschaft fordert ein Weihnachtsgeld für die Gebäudereiniger. Dabei haben die Arbeitgeber bereits für die ... 

Unternehmen aus dem Facility-Management liegen mit der IG Bau im Clinch. Die Gewerkschaft fordert ein Weihnachtsgeld für die Gebäudereiniger. Dabei haben die Arbeitgeber bereits für die jüngsten Lohnerhöhungen tiefer in die Tasche greifen müssen. Sie lehnen die zusätzliche Forderung nun ab.

Bald ist Weihnachten. Da ist Ende November bei vielen Arbeitnehmern das Lohnsäckchen besonders gut gefüllt. Weihnachtsgeld nennt sich das Plus am Jahresende. Das hätten auch gerne die Gebäudereiniger. Es soll aber nicht nur ein kleiner Obolus sein. Ein tariflich geregeltes Weihnachtsgeld wäre angebracht, fordern sie. Die Branche sei eine der wenigen, in der es so etwas noch gar nicht gebe. Tatsächlich hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in der aktuellen Weihnachtsgeldstudie herausgefunden, dass 77% aller Beschäftigten in Betrieben mit Tarifvertrag Weihnachtsgeld bekommen. Die Gebäudereinigerbranche mit ihren etwa 600.000 Beschäftigten fällt nicht darunter. Die Industriegewerkschaft Bauen - Agrar - Umwelt (IG Bau) will das nun ändern.

Der Kreis der Begünstigten würde allerdings nicht unmittelbar alle Gebäudereiniger umfassen. Denn die IG Bau kämpft zunächst nur für ihre Mitglieder. Auch eine Gewerkschaft muss eben schauen, dass sie mit exklusiven Vorteilen wie auch schon dem Urlaubsgeld Mitglieder aus der Branche bindet und weitere anwirbt. Eine Allgemeinverbindlichkeit von Zusatzzahlungen ist da nicht immer das höchste Ziel. Wie viele Gebäudereiniger in der IG Bau organisiert sind, will die Gewerkschaft nicht verraten.

Auch geringfügig entlohnte Beschäftigte, die in der Gebäudereinigung einen bedeutsamen Teil der Mitarbeiterschar ausmachen (siehe Tabelle "Der Umsatz pro Beschäftigtem steigt"), profitierten nur bedingt vom Weihnachtsgeld und Lohnerhöhungen. Um nicht über die 450-Euro-Grenze und damit in die Pflicht zu geraten, Sozialabgaben leisten zu müssen, gibt es für sie statt zusätzlichem Geld weniger Arbeitszeit.

Seit Sommer 2018 wünscht sich die IG Bau das Weihnachtsgeld für ihre Mitglieder. "Wir fordern als Einstieg 80 Stundenlöhne, bei längerer Betriebszugehörigkeit mehr. Teilzeitbeschäftigte sollen anteilig ihrer Arbeitszeit berücksichtigt werden", sagt Ruprecht Hammerschmidt, Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der IG Bau. Doch die Arbeitgeber, vertreten durch den Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV), seien lange Zeit nicht einmal bereit gewesen, Verhandlungen zu diesem Thema auch nur aufzunehmen, und hatten die Arbeitnehmer nur per Pressemitteilung wissen lassen, dass es mit ihnen keinen Tarifvertrag über ein Weihnachtsgeld geben werde, moniert die Gewerkschaft.

Das ließ die IG Bau nicht auf sich sitzen und rief vergangene Woche zu Warnstreiks auf. Etwa 24 Stunden lang wurden rund 170 Objekte bestreikt - vom Flughafen Frankfurt, wo etwa 200 Reiniger den Lappen ruhen und die Putzeimer stehen ließen, über Industrieobjekte und Verwaltungen bis hin zu Krankenhäusern und Schulen. Mit dabei waren auch Kleinstobjekte mit zwei Beschäftigten. Selbst beim Innungsobermeister des Saarlands, Bernhard Weißhaupt, also einem Gegner des Weihnachtsgelds, wurde die Arbeit niedergelegt. Streikende Beschäftigte stammten auch aus zahlreichen namhaften Betrieben wie Piepenbrock, Dussmann, Wisag und Gegenbauer.

"Warnstreiks haben ins Schwarze getroffen", überschrieb die IG Bau nach dem Streikende am Dienstag ihre Pressemitteilung. Ja, es gebe Gespräche zwischen Gewerkschaft und BIV. Das sei zwar noch keine Tarifverhandlung, aber die IG Bau erwarte nun von den Arbeitgebern "eine zeitnahe Rückmeldung, wie es in diesem Punkt weitergehen soll", heißt es. Der BIV bestätigt, dass sich ihr Geschäftsführer Johannes Bungart mit IG-Bau-Bundesvorstandsmitglied und Verhandlungsführerin Ulrike Laux unterhalten habe. Für alles Weitere bräuchte der BIV aber erst einmal ein Mandat der Mitglieder. Und das liege noch nicht vor.

Vielmehr verweist der BIV auch nach den Warnstreiks weiterhin auf seine Argumente gegen die Zahlung eines Weihnachtsgelds. So sei erst Ende vergangenen Jahres ein dreijähriger Lohntarifvertrag ausgehandelt worden, der eine "deutliche" und schrittweise Erhöhung der Tariflöhne mit einer Angleichung der Ostlöhne an das Westniveau verbinde. In der untersten Lohngruppe, also für die meisten Beschäftigten in der Innenreinigung, gelten ab Dezember 2020 in Ost und West jeweils 10,80 Euro die Stunde. Aktuell sieht die Lohntabelle noch 10,30 Euro für Beschäftigte im Westen und 9,55 Euro im Osten vor. In der Lohngruppe 6, z.B. für qualifizierte Glas- und Fassadenreiniger, erhöht sich der Stundenlohn von aktuell 13,55 Euro im Westen und 12,18 Euro im Osten auf dann bundesweit 14,10 Euro. Das sind aus Sicht des BIV "vernünftige Löhne". "Das geforderte 13. Monatsgehalt", wie die Innung das Weihnachtsgeld bezeichnet, wäre eine weitere Lohnerhöhung, die zurzeit "nicht umsetzbar" sei, sagt ihr Geschäftsführer Bungart. Auch die Dienstleister Piepenbrock mit 21.000 Mitarbeitern in der Gebäudereinigung und Wisag mit 19.000 Reinigungskräften unterstreichen diese Haltung und betonen, dass die vereinbarten Stundenlöhne deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro pro Stunde liegen. "Es war uns schon immer ein Anliegen, dass unsere Mitarbeiter fair entlohnt werden", sagt Jörg Tobollik, Geschäftsführer der Wisag Gebäudereinigung Holding. Das Unternehmen zahlt z.B. allen seinen Gebäudereinigern Urlaubsgeld, obwohl nur Gewerkschaftsmitglieder Anspruch darauf hätten. Bei der Forderung nach einem Weihnachtsgeld bleibt Wisag allerdings kritisch. Der aktuelle Lohntarifvertrag gebe allen Beteiligten Planungs- und Budgetsicherheit. "Für eine weitere Lohnerhöhung können wir unsere Kunden sicher nicht gewinnen", sagt Tobollik.

IG-Bau-Vertreterin Laux hält dagegen: "Die Beschäftigten in der Gebäudereinigung sind sauer. Sie wollen endlich die Anerkennung, die sie sich verdient haben, und nicht länger als Arbeitnehmer zweiter Klasse behandelt werden. Die meisten arbeiten in der untersten Lohngruppe. Sie arbeiten zuverlässig und hart. Reichtümer scheffeln sie dabei nun wirklich nicht." Die Attraktivität der Gebäudereinigerbranche wachse "ganz sicher nicht mit Dumpingmethoden". Damit die Arbeitgeber aus der Branche für Beschäftigte attraktiver würden, "brauchen wir sichtbare Signale für mehr Wertschätzung und Anerkennung". Das Weihnachtsgeld, findet Laux, wäre "dafür ein gutes Beispiel".

Ein Blick auf die Daten aus der Handwerkszählung des Statistischen Bundesamts legt derweil nahe, dass es der Gebäudereinigerbranche recht gut geht. Die Umsatzzahlen stiegen bis 2016 stetig, der Umsatz mit jedem Mitarbeiter ebenfalls (siehe Tabelle "Der Umsatz pro Beschäftigtem steigt"), die angesprochenen Lohnerhöhungen für die Reiniger wurden Ende 2017 vereinbart. Der BIV spricht zudem von einem akut hohen Bedarf an Personal. Ihn mittels eines zusätzlichen Weihnachtsgelds decken zu können, sieht er allerdings nicht.

Ob und wann die Verhandlungen zum Weihnachtsgeld weitergehen, ist noch nicht absehbar. Die IG Bau behält sich nach eigenen Angaben weitere Aktionen vor.

Währenddessen ruhen die Gespräche zwischen der IG Bau und dem BIV zum Rahmentarifvertrag, die im Frühjahr 2018 begonnen haben. Nach mehreren Gesprächsrunden gibt es auch dort kein Vorankommen. Strittige Fragen werden nun in mehreren kleinen Gruppen diskutiert. Bei den Gesprächen geht es u.a. um die Eingruppierung von Fachkräften, einen Branchentreue-Bonus von Beschäftigten, um den Erhalt von Urlaubstagen bei Arbeitgeberwechseln und die Einführung gewerkschaftlicher Vertrauensleute.

Anke Pipke

Gebäudereiniger streiken für Weihnachtsgeld

In Vollzeit beschäftigte Gebäudereiniger sollen künftig ein Weihnachtsgeld in Höhe von mindestens 80 Stundenlöhnen - oder einen halben Monatslohn - erhalten, fordern Gewerkschafter.

In Vollzeit beschäftigte Gebäudereiniger sollen künftig ein Weihnachtsgeld in Höhe von mindestens 80 Stundenlöhnen - oder einen halben Monatslohn - erhalten, fordern Gewerkschafter.

Quelle: Pixabay, Urheber: MichaelGaida

Karriere 19.11.2018
Beschäftigte im Gebäudereinigerhandwerk sind heute dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Mit den Sonntagnacht gestarteten Warnstreiks will die Gewerkschaft IG Bau bei den ... 

Beschäftigte im Gebäudereinigerhandwerk sind heute dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Mit den Sonntagnacht gestarteten Warnstreiks will die Gewerkschaft IG Bau bei den Arbeitgebern die Bereitschaft wecken, den bundesweit rund 600.000 Beschäftigten ein tarifliches Weihnachtsgeld zu zahlen.

"Wir fordern als Einstieg 80 Stundenlöhne, bei längerer Betriebszugehörigkeit mehr. Teilzeitbeschäftigte sollen anteilig ihrer Arbeitszeit berücksichtigt werden", sagt Ruprecht Hammerschmidt, Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der IG Bau. Die Arbeitgeber seien nicht einmal bereit, Verhandlungen zu diesem Thema auch nur aufzunehmen - obwohl die Gebäudereiniger einige der wenigen Branchen sei, in denen kein Weihnachtsgeld gezahlt werde -, und hatten die Arbeitnehmer(innen) nur per Pressemitteilung wissen lassen, dass es mit ihnen keinen Tarifvertrag über ein Weihnachtsgeld geben werde, moniert die Gewerkschaft. Daher sind heute um Mitternacht die ersten Warnstreiks angelaufen.

Gestreikt wird an Flughäfen, in Krankenhäusern, in Verwaltungen und an Industriestandorten

Bis zur Mittagszeit sind laut einer Zwischenbilanz der IG Bau rund 150 Reinigungsobjekte im gesamten Bundesgebiet bestreikt worden. Betroffen seien Flughäfen in München und Frankfurt, Industriebetriebe, Krankenhäuser sowie Schulen und Verwaltungen. Bis zum Mittag streikten den Angaben zufolge in den einzelnen Objekten in der Spitze mehr als 200 Teilnehmer.

Arbeitgeber sehen keinen Spielraum mehr

Der Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks (BIV) lehnt die Forderung unter Verweis auf schon vereinbarte Lohnerhöhungen ab. Die Arbeitgeber sehen keinen weiteren Spielraum für ein 13. Monatsgehalt: Die Sozialpartner hätten, teilt der Verband mit, kürzlich einen dreijährigen Lohntarifvertrag abgeschlossen, der eine "deutliche" Erhöhung der Tariflöhne mit einer Angleichung der Ostlöhne an das Westniveau verbinde. Ab Dezember 2020 verdienen Gebäudereiniger in Ost und West jeweils 10,80 Euro die Stunde. "Das geforderte 13. Monatsgehalt wäre eine weitere Lohnerhöhung von 4,17% und ist kurz nach Verhandlung unserer Löhne bis 2020 zurzeit nicht umsetzbar", sagt BIV-Geschäftsführer Johannes Bungart.

"Die meisten arbeiten in der untersten Lohngruppe"

IG BAU-Bundesvorstandsmitglied und Verhandlungsführerin Ulrike Laux hält dagegen: "Die Beschäftigten in der Gebäudereinigung sind sauer. Sie wollen endlich die Anerkennung, die sie sich verdient haben und nicht länger als Arbeitnehmer zweiter Klasse behandelt werden. Die meisten arbeiten in der untersten Lohngruppe. Sie arbeiten zuverlässig und hart. Reichtümer scheffeln sie dabei nun wirklich nicht." Die Attraktivität der Gebäudereinigerbranche wachse "ganz sicher nicht mit Dumpingmethoden". Damit die Arbeitgeber aus der Branche für Beschäftigte attraktiver würden, "brauchen wir sichtbare Signale für mehr Wertschätzung und Anerkennung". Das Weihnachtsgeld, findet Laux, wäre "dafür ein gutes Beispiel".

Harald Thomeczek

Gebäudereiniger entlastet

Karriere 18.08.2016
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat mit dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie zur Qualitätssicherung ... 

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat mit dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie zur Qualitätssicherung vereinbart.

Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter setzen sich seit dem Herbst vergangenen Jahres mit dem Problem auseinander, dass die Arbeitgeber in der Gebäudereinigungsbranche häufig kurze Zeit nach Tariferhöhungen die Leistungsanforderungen an ihre Mitarbeiter hochschraubten. Die erkämpfte Lohnerhöhung hatte also jeweils ihren Preis. Die Verhandlungspartner präsentierten nun eine Lösung. Der permanent wachsende Leistungsdruck soll dazu auf zwei Weisen begrenzt werden: "Erstens müssen die Beschäftigten durch Schulung in die Lage versetzt werden, die Vorgaben zu schaffen. Zweitens müssen die Arbeitsbedingungen so geregelt sein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund bleiben - und zwar an Körper und Seele", berichtet Ulrike Laux, IG-Bau-Bundesvorstandsmitglied. Dazu zähle auch die zweckmäßige Gestaltung der Arbeitsaufgabe. "Für die bessere Qualifizierung haben wir deshalb einen Rahmenlehrplan ausgearbeitet."

Anforderungen an die Arbeitsbedingungen will die IG Bau in Kürze in einer zusammen mit den Arbeitgebern erstellten Broschüre veröffentlichen. Diese soll die Grundlage dafür bieten, Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in eigener Verantwortung zu etablieren oder mit ihrer Hilfe ein bereits bestehendes Arbeitsschutzsystem zu überprüfen und bei Bedarf entsprechend anzupassen. Parallel kündigt die Gewerkschaft an, Betriebsräte, die mit ihren Arbeitgebern Betriebsvereinbarungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz abschließen wollen, zu unterstützen.

Der Rahmenlehrplan soll Vorarbeiter in der Branche ansprechen. Diese seien daraufhin wiederum gefordert, die Kollegen ihrer Arbeitsgruppen so einzuweisen, dass sie einerseits zwar effizient reinigen, aber auch genau wissen, welche Arbeiten der Kundenauftrag überhaupt umfasst. Zum Teil verlangten die Kunden nämlich mehr, als sie bezahlen. Außerdem sind die Vorarbeiter dazu aufgerufen, einzuschreiten, wenn sich später herausstellt, dass der Arbeitsumfang ihrer Mitarbeiter trotz Schulung nicht in der vorgegebenen Zeit zu schaffen ist.

Lars Wiederhold