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Was Frauen im Beruf ausbremst

© Immobilien Zeitung; Quelle: F!F

Karriere 10.03.2022
Viele Frauen haben den Eindruck, dass sie im Vergleich zu männlichen Kollegen ein höheres Engagement aufbringen müssen, um in der Immobilienwirtschaft in die Chefetage aufzusteigen. Sie ... 

Viele Frauen haben den Eindruck, dass sie im Vergleich zu männlichen Kollegen ein höheres Engagement aufbringen müssen, um in der Immobilienwirtschaft in die Chefetage aufzusteigen. Sie kritisieren, dass sich Netzwerkveranstaltungen oft an Männer richten und nur wenige Personalentscheidungen von Frauen getroffen werden, und wünschen sich stattdessen mehr weibliche Vorbilder und engeren Zusammenhalt untereinander.

Nur jede fünfte Leitungsposition in der Immobilienwirtschaft ist in weiblicher Hand, im Topmanagement nur etwa jede zehnte. Zu diesem Ergebnis kommt der Verein Frauen in der Immobilienwirtschaft nach der Analyse von Besetzungen in den mittleren und oberen Managementetagen in rund 66.700 Immobilienunternehmen. "Von Gleichberechtigung und Chancengleichheit ist die Branche in den Führungsebenen noch weit entfernt", fasst Vorstandsvorsitzende Katrin Williams die Zahlen zusammen. Sie sieht in der geringen Durchmischung Nachteile für die Unternehmen und erklärt: "Sie verschenken Potenzial im Hinblick auf Profitabilität sowie Innovationskraft und schädigen ihr Image als attraktive Arbeitgeber, die Frauen adäquate Aufstiegsmöglichkeiten bieten."

Warum die Anzahl von Frauen in Führungspositionen nur sehr langsam wächst, wollte der Verein Frauen in Führung (FiF) mit einer Branchenbefragung in Zusammenarbeit mit der Irebs Immobilienakademie und dem Institut Zukunft.unternehmen herausfinden. In einem Online-Fragebogen gaben 593 Personen ihre Einschätzung zum Thema ab. Bei der größten Teilnehmergruppe handelte es sich um Mütter im Alter von 35 bis 45 Jahren mit einem Hochschulabschluss, die in Vollzeit für ein Großunternehmen arbeiten. Dass nur 79 Männer an der Umfrage teilnahmen, deutet Anne Tischer, Initiatorin und Vorsitzende des Vereins, als Desinteresse am Thema und mangelndes Zuständigkeitsgefühl. "Männliche Entscheider sind diejenigen, die in nahezu allen Unternehmen über die Besetzung von Führungspositionen bestimmen. Wenn sie sich für die Frage, wie mehr Frauen in Führung kommen, nicht interessieren, erscheint es als wenig aussichtsreich zu hoffen, dass gerade sie es sind, die einen schnellen Wandel vorantreiben."

Dieser These stimmten bei der Umfrage mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen zu. Mehr als 60% kritisierten in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Organisation von Netzwerken und Networking-Veranstaltungen, bei denen wichtige Verbindungen geschlossen werden, in denen Frauen aber oft unterrepräsentiert sind. Eine weibliche Führungskraft bemängelt in einem Statement dazu, dass die angebotenen Veranstaltungen oft typischen Männerinteressen entsprechen, etwa Auto- oder Golfevents. Eine weitere Befragte sieht zudem ein Zeitproblem, wenn die Treffen am Wochenende oder am Abend stattfinden, was sich nur schwer mit der Kindererziehung vereinbaren ließe. 61,2% der befragten Frauen gaben zudem an, sich an einer männlich geprägten Kommunikationskultur im eigenen Unternehmen zu stören. Ihnen falle es schwer, sich in Gesprächen zu Wort zu melden oder gar durchzusetzen. Von den Männern nahmen nur 36,1% das Problem wahr. Mehr weibliche Vorbilder in der Branche wünschten sich 41% der Frauen.

FiF zieht aus diesen Ergebnissen das Fazit: "Die Zeiten, zu denen Netzwerkveranstaltungen stattfinden, müssen familien- und frauenfreundlich werden." Dabei könnten die stärkere Verlagerung des Netzwerkens auf Social-Media-Plattformen und mehr weibliche Speaker bei Veranstaltungen helfen. Ein weiterer Vorschlag von FiF sind "gesetzliche Vorgaben für die Besetzung von Gremien, Vorständen und Geschäftsführungen sowie Nachhaltigkeitsratings, die über eine bloße Berichtspflicht hinausgehen und Zielgrößen zur Veränderung des Status-Quo enthalten." Boni-Zahlungen für Führungskräfte sollten mit diesen Zielen verknüpft werden. Fast 40% der Teilnehmerinnen richten auch einen Wunsch an die Frauen untereinander: stärkere gegenseitig Unterstützung. Mangelnde Kompetenzen oder notwendige Weiterbildungen wurden nur von etwa jeder Zehnten als persönliches Hemmnis genannt.

Fehlende Motivation, eine Führungsrolle zu übernehmen, gaben nur rund 15% der Frauen als Grund für die langsame Durchmischung der Führungsebenen an. Zu hohen Erfolgsdruck fürchtete jedoch etwa jede Vierte. 80% der Teilnehmerinnen äußerten sich im Übrigen überzeugt, dass besonders Frauen ein hohes oder sehr hohes Engagement aufbringen müssen, um eine Chance auf eine Führungsrolle zu bekommen. Diesen Eindruck bestätigten drei Viertel der männlichen Befragten. Für das eigene Geschlecht schätzte nur jeder zweite Mann das nötige Engagement ähnlich hoch ein.



Janina Stadel

Lasst die andere Hälfte der Menschheit auch mitreden!

Anne Tischer.

Anne Tischer.

Quelle: Karma she said... Kommunikation für Diversity & werteorientiertes Management, Urheberin: Farideh Diehl

Karriere 22.10.2020
Die Diskussion um zukunftsfähige Konzepte für die Branche braucht dringend mehr Frauen, sagt Anne Tischer, Gründerin von Karma she said und der Initiative Frauen in Führung. Sie fordert 50% ... 

Die Diskussion um zukunftsfähige Konzepte für die Branche braucht dringend mehr Frauen, sagt Anne Tischer, Gründerin von Karma she said und der Initiative Frauen in Führung. Sie fordert 50% Rednerinnen auf den Podien und Panels der Immobilienwirtschaft.

"Neustart der Immobilienbranche", "Wir bauen auf Mut" oder "Machen wir die Zukunft daraus" - seit dem Ausbruch von Corona titelt nahezu jedes Branchenevent mit Bezug auf die Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft. Immer geht dabei der Blick in die Zukunft und auf die Frage, welche Lösungen und Konzepte die richtigen sind, für die verödenden Innenstädte, für Büros, Einzelhandel und Hotels oder die Digitalisierung.

Was alle Events eint: Die Ideen und Konzepte werden fast ausschließlich von Männern diskutiert. Das Programm für die Hybrid Expo in München hatte 15% Frauen auf den Messepanels vermeldet. Auch die Kongresse der Verbände und Veranstalter*innen setzen auf denselben Rednertypus: männlich, weiß, zwischen 50 und 60, Geschäftsführer oder Vorstand, Branchengewächs. Doch zukunftsfähige Lösungen brauchen vor allem eines, mehr Frauen, die sich einbringen und mitdiskutieren.

Hier fünf Gründe für mehr Frauen auf den Panels: Erstens, sie sind die Hälfte der Menschen, die Immobilien nutzen, die darin wohnen, arbeiten, einkaufen, leben. Wenn die Zukunft der Branche diskutiert wird, gehören Frauen mit an den Tisch und auf die Bühne, zu 50%!

Zweitens, Frauen sind die Hälfte der klügsten Köpfe in der Branche. Auf sie zu verzichten, wenn neue Ideen vorgestellt und entwickelt werden, ist eine riesige vertane Chance, auch mit Blick auf die junge Generation - 64% der Immobilienstudierenden an der TH Aschaffenburg sind weiblich, an der EBS sind es 41% und an der Uni Regensburg 42%.

Drittens: Das größte Problem für die Zukunftsfähigkeit der Branche ist nicht Corona, die Mietpreisbremse oder die Enteignung von Wohnraumbesitzern, sondern die fehlende Diversität in den Führungsebenen. Sie macht Unternehmen innovationsträge, starr und unattraktiv für Talente. Der nötige Kulturwandel gelingt nur, wenn Frauen sichtbarer werden, als Chefinnen in den Unternehmen und als Expertinnen auf den Podien.

Viertens, spannendere Events. Je bunter die Diskussionsrunde, desto interessanter ist sie, das freut sowohl das Publikum als auch Teilnehmer*innen und Veranstalter*in.

Und fünftens, Frauen auf den Panels ziehen andere Frauen nach, indem sie sie mit ihrem Vorbild dazu ermutigen, sich einzubringen, im Job und auf der Bühne.

Anne Tischer