Wer Verhandlungen als Kräftemessen versteht, hat schon verloren

Nicht nur harte Argumente, auch Soft Skills können in Verhandlungen mit zum Erfolg führen.

Nicht nur harte Argumente, auch Soft Skills können in Verhandlungen mit zum Erfolg führen.

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Karriere 21.04.2016
Fachliche Kompetenz ist das A und O, Muskelspiele gehören dazu - wer aber in Verhandlungen vergisst, dass er es mit Menschen zu tun hat, und ihre Interessen nicht ernst nimmt, zieht unter ... 

Fachliche Kompetenz ist das A und O, Muskelspiele gehören dazu - wer aber in Verhandlungen vergisst, dass er es mit Menschen zu tun hat, und ihre Interessen nicht ernst nimmt, zieht unter Umständen den Kürzeren.

Stellen Sie sich folgende Verhandlungssituation vor: Sie - weiblich, von zarter Erscheinung, Ende 20 und im operativen Immobilienmanagement eines großen deutschen Filialisten beschäftigt - wollen Ihren Vermieter davon überzeugen, die Aufzüge in einem mehrstöckigen Mietobjekt zu modernisieren, weil sich diese alle Nase lang entweder gar nicht in Bewegung setzen oder Ihre Kunden darin stecken bleiben. Ihr Gegenüber zeigt aber so gar keine Bereitschaft, sich von der Notwendigkeit einer Investition überzeugen zu lassen. Das Gespräch gerät in eine Sackgasse, eine Einigung rückt in immer weitere Ferne.

Was tun Sie? Den wachsenden Widerstand mit schweren Geschützen beantworten, z.B. mit der Kündigung des Mietvertrags drohen? Christina Köhn, heute Standortplanerin bei DB Immobilien, schlug ihrem Gesprächspartner in dieser verfahrenen Situation vor, die Verhandlung anderntags fortzusetzen. Sie verließ die fachliche Ebene und versuchte, ihrem Verhandlungspartner als Person zu begegnen: "Ich fing an, von mir zu erzählen; was ich studiert hatte. Ich werde ja gerne unterschätzt."

Köhn verließ den Raum mit einer Unterschrift unter den von ihr aufgesetzten Modernisierungsvertrag. Zufall? Vielleicht. Vielleicht verdankte Köhn ihren Erfolg an diesem Tag aber auch der Tatsache, dass sie einem Grundsatz des kooperativen Verhandelns gefolgt war: Trenne Menschen und Probleme.

"Auch und gerade, wenn uns der andere das Leben schwer macht, sollten wir ihn doch als Person respektieren - auch zu unserem eigenen Nutzen", sagt Diplom-Psychologe Thomas Fritzsche, der Coachings u.a. in Verhandlungsführung anbietet. Das natürlich gelingt umso weniger, je abwegiger uns die Forderungen der anderen Partei erscheinen. Wenn wir nicht aufpassen, übertragen wir den Ärger über die Forderung der Gegenseite auf die Person am anderen Ende des Tisches. Dann ist es nur noch ein kurzer Weg, bis wir unserem Ärger Luft machen und den anderen persönlich angreifen.

"Gut, könnte man sagen, macht doch nichts, dann kommt der andere eben ordentlich unter Druck!", so Fritzsche. Doch das wäre zu kurz gesprungen: "Unser Gegenüber wird auf den Druck, den er verspürt, mit einer Blockadehaltung reagieren oder Gegendruck aufbauen. Schon haben wir ein Klima wie im Boxring. Hormone werden ausgeschüttet, Cortisol und Testosteron schwimmen durch die Blutbahnen." Das Problem daran: Wir können keinen klaren Gedanken mehr fassen, denn unser Großhirn schaltet ab einem gewissen Stresslevel ab bzw. auf das Kleinhirn um, das nur Angriff oder Flucht kennt. Von beidem ist in einer komplexen Verhandlung eher abzuraten.

Doch schon lange, bevor eine Situation zu eskalieren droht, gilt es - auch um der Durchsetzung eigener Interessen willen -, in Gesprächen und Verhandlungen gewisse Grundregeln der Kommunikation zu beherzigen: "Aktiv zuhören. Also: regelmäßig kleine Zeichen der Aufmerksamkeit senden; den anderen ausreden lassen und das, was man gehört hat, mit eigenen Worten zusammenzufassen", erläutert Fritzsche.

Mit dem aktiven Zuhören ist es natürlich nicht getan. Ebenso wichtig ist es, "immer ehrlich zu sein und Dinge so umzusetzen, wie man sie vereinbart hat. Wer nicht mit offenen Karten spielt, hinterlässt verbrannte Erde", sagt ein Expansionsmanager eines Einzelhandelsunternehmens. Das schönste Projekt lässt sich nicht gegen den Widerstand einer Stadt, auf deren Gemarkung es entstehen soll, durchsetzen. Wer die Bedenken von Stadtoberhäuptern und -planern hinsichtlich Verkehrsbelastung, Verkaufsflächengröße oder der Eignung eines Standorts für ein Bauvorhaben nicht ernst nimmt und die Verantwortlichen nicht dort abholt, wo sie stehen, hat auch mit den besten Gutachten einen schweren Stand.

Nicht zuletzt Projektentwickler sind gut beraten, all diese zunächst banal wirkenden, aber sehr schnell (vor allem wenn es hitzig wird!) vernachlässigten Grundregeln zu beachten: "Projektentwickler beschäftigen sich zwar mit Plänen, Grundstücken und Gebäuden. In erster Linie haben sie es jedoch mit Menschen zu tun", sagt Fritzsche. Als da wären: Stadtplaner, Behördenvertreter, Mietinteressenten, Banken, Architekten usw. Sie müssen sich in viele fremde Positionen hineinversetzen, jedem Verhandlungspartner auf ganz unterschiedliche Weise begegnen, die eigenen Argumente nahebringen und ihre Interessen also auf vielen verschiedenen Wegen durchsetzen, oder besser noch: Kompromisse erzielen, mit denen alle Beteiligten gut leben können, auch die Gegenseite.

Soft Skills, mögen manche argumentieren, stoßen dort an Grenzen, wo Interessen divergieren und es nur noch um das knallharte Durchsetzen eigener Ziele geht. Was tun, wenn Mietinteressenten, etwa als besonders preissensibel geltende Logistiker, dem Projektentwickler suggerieren: "Nur der Preis entscheidet"? Verhandlungscoach Fritzsche rät in solchen Situationen, "das Interesse hinter der geäußerten Position" ausfindig zu machen. "Die Aussage ‚Nur der Preis zählt!‘ ist nur eine Machtsuggestion. Hält der Mietinteressent mein Grundstück oder mein Projekt vielleicht eigentlich für das beste, braucht aber von mir bessere Argumente, warum der höhere Preis gerechtfertigt ist? Oder soll ich ihn briefen, wie er seine Entscheidung für das teurere Angebot intern verkaufen kann?"

Wer seinen Gesprächspartner primär nicht als Gegner begreift, sondern als Mitspieler, mit dem es eine - so platt das klingt, so schwer ist es oft umzusetzen - für beide vorteilhafte Lösung zu entwickeln gilt, hat bessere Karten: "Ohne ein gewisses Einfühlungsvermögen brauche ich erst gar nicht anzutreten", sagt Christina Köhn. Die heute 36-Jährige beschäftigt sich darum vor Gesprächen u.a. mit der Vita ihres Pendants und versucht zu antizipieren, mit welchen Forderungen und Argumenten er bzw. sie ihr begegnen könnte und welche Motive wohl dahinterstecken: "Man sollte wenigstens so tun können, als ob man sich in die Interessenlage des anderen hineinversetzen kann", spitzt sie etwas süffisant zu.

Sitzt der andere, z.B. ein Vermieter, am längeren Hebel, weil ich als Mieter unbedingt an einem guten Standort festhalten will, kann es natürlich passieren, dass ich den Kürzeren ziehe. Doch auch hier gibt es Spielraum, und diesen zu erkennen und zu nutzen, ist eine Qualität für sich: "Gehe ich erst zwei Tage, bevor meine Optionsfrist zur Vertragsverlängerung abläuft, in die Vertragsverhandlung, sind meine Chancen begrenzt, den anderen aus der Reserve zu locken", so Köhn. "Plane ich hingegen bewusst mit einem längeren Vorlauf, und wir treffen uns lange vor Ablauf des Mietvertrags, habe ich mehr Zeit, eine vertrauensvolle Beziehung zum anderen als Basis für die Verhandlung aufzubauen."

Harald Thomeczek

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Das Prinzip Dienst nach Vorschrift ist ein alter Hut. Doch jetzt gibt es dafür ein modernes Wort, das aus den sozialen Medien kommt: Quiet Quitting. Der Begriff suggeriert, dass vor allem die junge Generation nicht immer bereit ist, die Extrameile zu gehen. Dabei hängt sich der Nachwuchs durchaus rein – aber nur, wenn es einen passenden Ausgleich gibt.

Es ist das HR-Buzzword der Stunde: Quiet Quitting. Übersetzt lautet der Begriff "stille Verabschiedung" und bedeutet, dass Angestellte etwa nur noch das Nötige tun und sich leise vom Schreibtisch entfernen, sobald die Arbeitszeit endet. Die neue Beschreibung dessen, was früher Dienst nach Vorschrift hieß, entstammt der Videoplattform Tiktok. Nun bahnt sich der Begriff seinen Weg durch die internationale Medienwelt. Der Tiktoker Zaid Leppelin, wie er sich auf der Plattform nennt, hat im Sommer ein Video veröffentlicht, in dem er für eine Reform der Arbeit plädiert: Statt Teil der "Hustle-Kultur" zu sein, in der es nur ein Höher, Schneller, Weiter gibt, achten Quiet Quitter darauf, dass sie ihr Leben nicht vom Job bestimmen lassen. Einer halben Million Menschen gefiel das Video, in den fast 5.000 Kommentaren waren sich viele Tiktok-Nutzer einig: Über Gebühr zu arbeiten bringt vor allem eins – Stress. Und den will keiner.

Ziele motivieren mehr als Stundenvorgaben

Die Extrameile, die früher zum guten Ton in der Arbeitswelt gehörte, scheint nach weitläufiger Meinung – vor allem bei der jungen Generation – längst nicht mehr Teil der Karriereplanung zu sein. Ein Blick in die Immobilienbranche zeigt jedoch, dass Quiet Quitting vor allem eins ist: ein medialer Hype. Ein tatsächlich schrumpfendes Engagement stellt dort kaum jemand fest.

Svetlana Stockmann, Personalchefin des Immobilienunternehmens Ziegert-Gruppe, hat im vergangenen Jahr rund hundert Mitarbeiter eingestellt. Mehr als die Hälfte von ihnen war jünger als 30 Jahre. "Ich mag den Begriff Quiet Quitting überhaupt nicht", sagt Stockmann. "Er legt den Fokus auf ein Defizit, nämlich darauf, dass junge Menschen weniger Einsatz zeigen." Sie beobachtet zwar, dass sich die Einstellung des Nachwuchses von der älterer Generationen unterscheidet. Doch der Paradigmenwechsel tue der meist konservativ geprägten Branche gut, findet Stockmann. "Die Generation Z legt Wert auf ihre Freizeit. Dem müssen Arbeitgeber Rechnung tragen", sagt die Personalchefin. Bei der Ziegert-Gruppe heißt das: Homeoffice und Teilzeitangebote gehören zum Standard-Repertoire. Führungskräfte dürfen selbst entscheiden, wie sie die Anwesenheitspflicht ihrer Teams regeln. Und: Es gilt Vertrauensarbeitszeit. Statt eine vorgegebene Stundenzahl bis Dienstende am Schreibtisch abzusitzen, geben konkrete Zielvereinbarungen das Pensum vor. "Wer sich mit seinen Zielen identifizieren kann, hängt sich beruflich rein", beobachtet Stockmann. Es geht beim Quiet Quitting nämlich nicht darum, sich generell Überstunden zu verweigern, sondern darum, einen Ausgleich für Mehrarbeit an anderer Stelle einzufordern.

Auch Alexander Dahmen, Managing Director der Personalberatung Leaderslead Advisory, berichtet: Young Professionals haben andere Werte als ihre älteren Kollegen. Im Homeoffice zu arbeiten sei für viele junge Talente zum Standard geworden, sagt er. Wer fünf Tage Präsenz im Büro einfordert, dürfte es beim Nachwuchs also schwer haben. Ist der Arbeitgeber grundsätzlich bereit, den Wünschen seiner Mitarbeiter entgegenzukommen – nämlich Arbeit und Freizeit gut zu vereinbaren –, darf er im Gegenzug aber durchaus Leistung erwarten. "Nach wie vor gilt das ungeschriebene Gesetz, dass sich Arbeitnehmer auch über die geregelte Arbeitszeit hinaus für das Unternehmen einsetzen", sagt Dahmen. Dabei kommt es darauf an, dass stressige Arbeitsphasen ausgeglichen werden, etwa durch zusätzliche Urlaubstage oder den klassischen Abbau von Überstunden. "Die Attraktivität eines Unternehmens hängt maßgeblich davon ab, wie flexibel die Arbeitszeit gehandhabt wird", sagt Dahmen und spricht von einem "Geben und Nehmen".

Fordern Arbeitgeber nur ein, sinkt die Motivation ihrer Mitarbeiter. Dann zeigt sich unter Umständen die große Schwester des Quiet Quitting: die innere Kündigung. Während Quiet Quitter motiviert ihre Aufgaben erledigen, aber darauf achten, genügend Zeit für Freunde und Familie zu haben, geben innere Kündiger auf. Sie haben gedanklich mit dem Job abgeschlossen, sitzen ihre Zeit ab und erbringen nicht mehr die Leistung, die der Arbeitgeber von ihnen erwartet.

"Quiet Quitter sind nicht automatisch unzufrieden mit ihrem Job", erklärt Laura Venz, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Leuphana-Universität in Lüneburg. "Sie wollen aber nicht mehr leisten, als sie müssen." Auch wenn Quiet Quitter ihren Arbeitsplatz wechseln, bleiben sie wahrscheinlich bei ihrer Einstellung. Nicht so die inneren Kündiger: Wer von ihnen den Wechsel wagt, arbeitet danach meist wieder voller Elan und – wenn nötig – auch über Gebühr, wenn der Job für sie attraktiv ist.

Damit es gar nicht erst zur Kündigung kommt, können Arbeitgeber an einigen Stellschrauben drehen. "Achten Sie auf die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter, auch im Homeoffice", rät Venz. Die Arbeitslast sollte von einer Person zu bewältigen sein. Und: Führungskräfte sollten ihre Erwartungen klar kommunizieren. "Studien haben gezeigt, dass Arbeitnehmer im Homeoffice abends das Gefühl haben, erreichbar sein zu müssen. Sie denken, der Arbeitgeber erwartet das, da sie ja nicht im Büro präsent sind", sagt Venz. Diesen Eindruck gilt es klar zu revidieren. Auch eine Befragung oder der direkte Dialog können helfen: Wie geht es den Kollegen? Was haben sie für Bedürfnisse? Denn auch ein offenes Gespräch ist Teil des Gebens und Nehmens.
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Kein geradliniger Einstieg

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Das allererste Jahr in einem Job ist immer etwas Besonderes. In diesem Jahr gilt das mehr denn je, dafür sorgten der Einmarsch Russlands in die Ukraine und seine Folgen, gerade als die Corona-Zeit vorbei schien. Wie sich ihr erstes Jahr im Amt angefühlt hat, erzählen 13 Menschen, die vor rund zwölf Monaten eine neue Position angetreten haben. Von der Einsteigerin über den Geschäftsführer bis zur Bundesbauministerin.

Die "aufregendste Zeit der letzten 15 Jahre" hat Inga Schwarz seit Januar als Chefresearcherin bei BNP Paribas Real Estate erlebt. Nicht nur die zusätzliche Verantwortung, die ihr mit ihrer Beförderung übertragen wurde, sorgte für diese Aufregung. Schon kurz nach Antritt ihrer Position erlebte sie Umbrüche im Markt, auf die sie reagieren musste.

Schwarz ist nicht die einzige, deren erstes Jahr in einer neuen Rolle sich wie ein Marathon anfühlte. Denn die abklingende Corona-Pandemie hatte noch vor rund zwölf Monaten bei vielen Immobilienexperten die Lust auf eine berufliche Veränderung geweckt und den Mut angestachelt. Ob der Sprung in die Selbstständigkeit, der Umzug an einen anderen Standort oder ein Arbeitgeberwechsel – als sich die Pandemie-Starre nach und nach löste, war eine Neuorientierung bei vielen wieder möglich. Lange gehegte Pläne sollten endlich in die Tat umgesetzt werden.

Ein Jahr ohne Schonfrist für die Branche

Den Personalern kam diese deutlich gestiegene Wechselbereitschaft inmitten des anhaltenden Fachkräftemangels zugute. Headhunter beschreiben das erste Quartal 2022 rückblickend als ihr umsatzstärkstes seit langem und auch in den Führungsebenen wurden einige Posten umverteilt und zusätzliche Zuständigkeiten geschaffen. Nicht selten wurde auch die Treue von langjährigen Mitarbeitern durch eine Beförderung belohnt.

An ein entspanntes Ankommen in einer neuen Rolle mitsamt ihren Aufgaben war jedoch schon kurz nach dem Jahresstart nicht zu denken. "Ohne Schonfrist", so beschreibt Klara Geywitz (SPD) den Auftakt ihrer Amtszeit als Bundesbauministerin. Sie fasst zusammen, dass sich auf die Liste der großen Ziele für die Branche Zinsveränderungen, Lieferengpässe und Inflation als zusätzliche Hürden zur Digitalisierung, bezahlbarem Wohnraum und Nachhaltigkeit gesellten.

Zwar hatten sich viele der Jobwechsler daran gewöhnt, zumindest teilweise aus dem Homeoffice heraus zu arbeiten, doch die hybride Kommunikation stellte die, die zum ersten Mal führen mussten, noch einmal vor weitere Herausforderungen. Das eigene Netzwerk galt es nach der pandemiebedingten Veranstaltungspause auf Vordermann zu bringen. In Berlin baute Jason Holmes so einen Standort für die Personalberatung Artes Recruitment auf. In Frankfurt nutzte Leonie Tauscher wie viele andere Nachwuchskräfte die Gelegenheit, die Branche über den eigenen Schreibtisch hinaus kennenzulernen.

Davon, dass persönliche Treffen, vor allem mit Kunden, wieder möglich waren, profitierte Alexander Berg als frischgebackener Marketingchef beim Bau- und Bauträgerunternehmen Kleespies zu Beginn des Jahres. Schwierig wurde es, als die Kaufbereitschaft für Wohnungen im Laufe des Jahres nachließ.

Frank Preuss musste wenige Wochen nach der Gründung seines eigenen Unternehmens Auvidis den gesamten ursprünglichen Geschäftsplan umwerfen. Wegen der Zinsentwicklung setzt er nun weniger auf die Akquise von Bestandsimmobilien und konzentriert sich stattdessen auf Projektentwicklungen. Beim Wohnungsunternehmen Heimstaden stand Michael Lippitsch als neuer Kommunikationschef kurz nach Kriegsausbruch im Frühjahr vor der Aufgabe, Unterkünfte unbürokratisch an Geflüchtete aus der Ukraine zu vermitteln. Seinen Mietern musste das Unternehmen im Laufe des Jahres die gestiegenen Energiepreise rechtfertigen. Eine Hürde, vor der beim Jahresendspurt noch andere Branchenakteure stehen. Ruhigere Zeiten sind auch am Jahresende nicht in Sicht.

Lesen Sie hierzu auch die Erfahrungsberichte der Jobneulinge:

Janina Stadel