Karriere-News

Talentsucher nutzen soziale Netzwerke

In einer Online-Kampagne gab Apleona Einblicke in den Berufsalltag von Mitarbeitern in Rom.

In einer Online-Kampagne gab Apleona Einblicke in den Berufsalltag von Mitarbeitern in Rom.

Quelle: Apleona

Karriere 22.09.2022
Auf der Suche nach Kandidaten für offene Stellen bewegen sich viele Personaler online. Sie klinken sich etwa in Facebook-Gruppen ein, um Kontakt zu Technikern aufzunehmen, posten ... 

Auf der Suche nach Kandidaten für offene Stellen bewegen sich viele Personaler online. Sie klinken sich etwa in Facebook-Gruppen ein, um Kontakt zu Technikern aufzunehmen, posten Azubi-Storys bei Instagram oder schreiben potenzielle Kandidaten für Chefposten bei Linkedin persönlich an. Dahinter stecken oft ganze Recruiting-Teams, die sich passende Inhalte für die Beiträge im Web überlegen.

Um Stellen zu besetzen, sind Recruiter in sozialen Netzwerken unterwegs, denn mit einfachen Stellenausschreibungen auf der eigenen Webseite oder Karriereportalen wie Stepstone und Indeed ist es aufgrund des andauernden Fachkräftemangels längst nicht mehr getan. Dass Wohnungsunternehmen und Verwalter händeringend neue Mitarbeiter suchen, bestätigte jüngst der EBZ-HR-Monitor 2022. 88% der befragten Immobilienunternehmen gaben an, dass die Rekrutierung von technischen Fachkräften immer schwieriger wird. Auch im kaufmännischen Bereich wird dringend Nachwuchs gesucht. Allein der Immobiliendienstleister Apleona hat 600 offene Stellen, quer durch alle Bereiche. Potenzielle Kandidaten auf Social Media gezielt anzuschreiben, erscheint im heutigen Arbeitnehmermarkt Erfolg versprechend. Während manche Firmen noch damit beschäftigt sind, sich überhaupt Präsenzen auf Xing oder Facebook einzurichten, haben andere schon ausgefeilte Recruiting-Strategien im Social Web entwickelt.

Stellenanzeigen alleine reichen nicht mehr

Zur zweiten Kategorie gehört Apleona. Findige HR-Mitarbeiter des Unternehmens nutzten im Juli zum Beispiel ein großes Pop-Konzert als Anlass, um für ihren Arbeitgeber zu werben. Im Frankfurter Waldstadion fand die ausverkaufte Show der britischen Band Coldplay statt. Die Recruiter hatten sich direkt vor dem Eingang positioniert, um Konzertgänger über freie Stellen zu informieren. In den sozialen Netzwerken wies das Unternehmen auf die Aktion hin, lud Interessierte zum Info-Stand, was diesem großen Zulauf bescherte. "Social Media ist für die Suche nach Talenten unverzichtbar geworden", sagt Apleona-Personalchefin Catharina Lenz.

Viele andere haben im Social-Media-Recruiting noch Luft nach oben. Das Berliner Wohnungsbauunternehmen Degewo beispielsweise will nach eigener Aussage in Sachen Social Media aktiver werden. Aktuell werden die Stellenanzeigen hauptsächlich auf der Degewo-Karrierepage und bei Portalen wie Stepstone und Indeed veröffentlicht, künftig wollen die HRler Xing und Linkedin stärker einbinden. Dort ist die Konkurrenz groß, denn die meisten Unternehmen setzen bei der Personalsuche auf diese klassischen Karrierenetzwerke. So auch der Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate (BNPPRE), der Linkedin vor allem dafür verwendet, offene Stellen in den Geschäftsbereichen Transaction, Consulting, Valuation und Investmentmanagement zu besetzen. Auf Xing versucht das Unternehmen technische Property-Manager für sich zu gewinnen.

BNPPRE ist in den sozialen Netzwerken generell sehr aktiv, teilt dort beispielsweise regelmäßig den eigens produzierten Podcast. Auch in diesem Format spielte das Thema Karriereoptionen schon eine Rolle. Personalchef Philipp Benseler informierte beispielsweise in einer Folge im Frühjahr 2022 über Einstiegs- und Weiterentwicklungschancen in der Immobilienbranche.

Die Immobilienvermittlung Heimstaden Deutschland teilt auf Linkedin Jobinserate und verlinkt auf die eigenen Karriereseiten. Zudem versieht Manuel Kiep, Head of People & Culture, gepostete Stellenausschreibungen mit einem persönlichen Aufruf. Apleona-Personalchefin Lenz und ihr 16-köpfiges Recruiting-Team schreiben passende Kandidaten via Xing und Linkedin direkt an. "Wir fügen in der persönlichen Nachricht gern unsere E-Mail-Adresse und Handynummer an", sagt sie. "Dann können die Kandidaten mit dem jeweiligen Recruiter über Whatsapp in Kontakt treten." Es soll möglichst unkompliziert sein, sich zurückzumelden – je niedriger die Hemmschwelle, desto größer der Erfolg. Auch nutzt das Unternehmen die jeweiligen kostenpflichtigen Recruitingtools, wie den Xing-Talentmanager, der Arbeitgebern beispielsweise Kandidatenempfehlungen anhand festgelegter Suchkriterien liefert. Weil die Profile passgenau ausgewählt werden können, sei die Erfolgsquote über eine Direktansprache hoch, sagt das Unternehmen.

Auf Instagram sieht Apleonas Strategie dagegen anders aus: Hier gibt der Immobiliendienstleister Einblicke in den Arbeitsalltag, um Auszubildende für sich zu gewinnen und Junior-Positionen zu besetzen. Während Lenz und ihr Recruiting-Team Kandidaten eigentlich siezen, machen sie bei Instagram eine Ausnahme. "Eine formale Ansprache würde überhaupt nicht zur Zielgruppe passen", sagt die HR-Expertin. Stattdessen präsentiert Apleona Testimonials aus den eigenen Reihen, sogenannte Corporate-Influencer, die selbst Inhalte produzieren. Geht es zum Beispiel um offene Ausbildungsstellen für Bürokaufleute, dann berichten Azubis aus dem Unternehmen von ihrem Alltag, meist in einer multimedialen Instagram-Story.

Netzwerke schaffen Kontaktmöglichkeiten

Auch Apleona-Mitarbeiter von Auslandsstandorten zeigen sich auf dem Kanal: In einer aktuellen Corporate-Influencer-Kampagne präsentieren sich zum Beispiel italienische Apleona-Mitarbeiter in ihrer Berufskleidung vor den Wahrzeichen Roms und Venedigs. Da passiert es schon mal, dass die Techniker vor der Kamera Jeans zur Arbeitsjacke tragen – in der Realität aus Sicherheitsgründen ein No-Go. Apleona-Konzernsprecher Oliver Stumm zuckt dann schon mal zusammen, wie er sagt, "wenn wir sehen, dass jemand auf einem Bild Jeans trägt statt der vorgeschriebenen Arbeitshose". Aber solche kleinen Schönheitsfehler seien für das Recruiting zu verschmerzen. Hinzu kommt: Engagierte Mitarbeiter in den Dienst der Arbeitgebermarke zu stellen, ist eine gleichermaßen wirksame wie kostengünstige Option.

Er selbst habe bei Linkedin zur Kampagne einen "staatstragenden Post" geschrieben, sagt Stumm und lacht. Die HR-Kollegen setzen indessen auf lockere Formulierungen. Mit dem Marketing gibt es in Sachen Social Media natürlich Überschneidungen, schließlich möchte der Konzern ein einheitliches Bild bieten. Aber für die Recruiting-Kanäle sind HR-Chefin Lenz und ihr Team verantwortlich. Sie posten nicht nur Storys und Bilder aus dem Unternehmen – meist in Verbindung mit dem Link zur eigenen Karriere-Website –, sondern gehen gezielt auf die Suche nach potenziellen Talenten.

Facebook steht bei Lenz ebenfalls hoch im Kurs: vor allem für die Ansprache von Menschen mittleren Alters, beispielsweise Techniker und Handwerker, die sich in entsprechenden Gruppen austauschen. In diese geschlossenen Gruppen versucht sich die Apleona-HR einzuklinken. Gelingt das, ist es besonders vielversprechend, Direktnachrichten an Gruppenmitglieder zu senden, denn dort ist genau die gewünschte Zielgruppe vertreten. Gerade bei Facebook ist es zudem gängige Praxis, über kostenpflichtige Tools Posts abzusetzen, die dann beispielsweise an Nutzer aus einer bestimmten Region oder eines bestimmten Alters ausgespielt werden. Apleona nutzt dafür sein Werbebudget. Die Höhe sei abhängig von der Dauer und Region der Anzeige. Für vier Wochen müsse man mit rund 3.000 Euro für einen solchen Post rechnen.

Das Wohnungsunternehmen Heimstaden setzt bei der dringlichen Suche nach Handwerkern und Hausmeistern auf klassische Rekrutierung abseits des Netzes: zum Beispiel über regionale Aushänge in Supermärkten. Hier gilt die goldene Regel: Recruiter sollten dort sein, wo die Talente sind. Deswegen überlegt Apleona-Personalerin Lenz, die Aktivitäten weiter auszubauen. "Der Ruf bei uns wird lauter, auch einen Tiktok-Kanal im Recruiting einzusetzen", erzählt sie. "Da sind so viele junge Leute unterwegs – es wäre schade, sie zu verpassen."

#/ZZ#

Die Autorin: Anne Hünninghaus ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anne Hünninghaus

UBM verlängert jedes zweite Wochenende

Bei UBM Development starten die Mitarbeiter regelmäßig einen Tag früher ins Wochenende.

Bei UBM Development starten die Mitarbeiter regelmäßig einen Tag früher ins Wochenende.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: BartPhoto

Karriere 04.08.2022
Um eine bessere Work-Life-Balance zu schaffen, setzt der Projektentwickler UBM Development nicht nur auf Homeoffice, sondern auch auf 26 freie Freitage im Jahr. Die Aufgaben, die in den ... 

Um eine bessere Work-Life-Balance zu schaffen, setzt der Projektentwickler UBM Development nicht nur auf Homeoffice, sondern auch auf 26 freie Freitage im Jahr. Die Aufgaben, die in den verkürzten Arbeitswochen anfallen, können sich die Mitarbeiter selbst einteilen und auf andere Wochentage verlegen.

An 26 Freitagen im Jahr bleiben die Büros des Projektentwicklers UBM Development leer. Die 300 Mitarbeiter an allen Standorten in Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien und in den Niederlanden haben dann frei. So sieht es das neue Arbeitszeitmodell vor, das das Unternehmen im Juli eingeführt hat. "Wir haben uns im Management viele Gedanken darüber gemacht. Gerade jetzt nach der Pandemie und beim momentanen Arbeitsmarkt wollten wir eine bessere Work-Life-Balance für unsere Mitarbeiter schaffen und uns dadurch auch als Arbeitgeber von anderen abheben", erklärt COO Martina Maly-Gärtner, im Vorstand für das Ressort Human Resources zuständig.

Freie Freitage für alle Mitarbeiter

Für die Mitarbeiter bedeutet das Modell 26 lange Wochenenden im Jahr. "Denn die freien Freitage werden bei uns wie ein Sonntag behandelt", erklärt Maly-Gärtner. Weil das Arbeitspensum für jeden einzelnen aber nicht nachlässt, müssen die Arbeitsstunden an anderen Tagen "eingearbeitet" werden.

Ein Post auf der Business-Plattform Linked-In, der das Modell erklärt, löste innerhalb weniger Tage mehr als 1.000 Reaktionen aus. Ein Student der TU München bezeichnete das Konzept als "erzwungenen Ausgleich", eine andere Nutzerin kritisierte, dass fest vorgegebene freie Tage nicht flexibel sind. Ein Befürworter des Modells schlug hingegen vor, die Zeit bei Flurgesprächen oder beim Kaffeekochen einzusparen. Dabei überlässt es das Unternehmen jedem Mitarbeiter selbst, wie die Zeit, die in den kurzen Wochen fehlt, umverteilt wird. "Wir haben dafür auch unsere Gleitzeit erweitert", sagt Maly-Gärtner. Umgerechnet auf die verbleibenden Tage könnten die Mitarbeiter entweder täglich 20 Minuten früher mit der Arbeit beginnen und 20 Minuten später in den Feierabend gehen oder an einzelnen Tagen ganze Extrastunden anhängen. "Zudem bieten wir zusätzlich zwei Homeofficetage pro Monat an, die jeder individuell nehmen kann", ergänzt sie. Weil dann Fahrtzeiten zum Büro entfallen, nutzen einige Mitarbeiter die Heimarbeit zum Aufholen von Liegengebliebenem.

Lange und kurze Wochen im Wechsel

Die freien Tage hingegen seien fest vorgeschrieben. Zum einen, um die Planbarkeit im Unternehmen zu erleichtern, etwa beim Festsetzen von Besprechungsterminen. Zum anderen, damit die Mitarbeiter schon früh im Jahr wissen, wie sie ihre Freizeit an diesen Wochenenden gestalten können. "Auch vorher war es bei uns schon so, dass freitags viele schon gegen 16 Uhr gegangen sind", berichtet Maly-Gärtner. Dass nun regelmäßig der komplette Tag frei ist, habe bereits während der Planungsphase bei vielen Mitarbeitern Zustimmung geweckt, aber auch organisatorische Fragen ausgelöst. "Je nach Aufgabenbereich kamen einzelne Bedenken auf. Schließlich kann es immer wieder vorkommen, dass ein Projekt an einem Freitag fertiggestellt werden muss oder von extern ein Anruf reinkommt. Unsere Geschäftspartner mussten wir deshalb für das Konzept sensibilisieren", erklärt die COO. "Überstunden, die auf einen der Freitage fallen, werden nun wie Überstunden an einem Sonntag behandelt", löst sie auf, was im Ausnahmefall passiert.

In den ersten drei Monaten will UBM gezielt beobachten, wie sich das Stimmungsbild unter den Mitarbeitern an allen Standorten entwickelt, welche Fragen noch geklärt und an welchen Stellen noch optimiert werden muss. "Doch komplett umstellen werden wir das Modell nicht mehr", steht für Maly-Gärtner fest. "Wir haben uns im Management sehr lange Gedanken darüber gemacht und uns Studien und Pilotmodelle aus dem Ausland angeschaut – immer mit dem Blick darauf, welches Modell für uns am besten passt." Der Betriebsrat habe der Lösung am Ende einstimmig zugestimmt. "Das Arbeitsmodell muss zum Businessmodell passen", erklärt sie, warum der Wechsel zwischen kurzen und langen Arbeitswochen nicht für jedes Unternehmen infrage kommt. "Uns war wichtig, dass der Community-Gedanke im Vordergrund steht. Statt durch mehr Tage im Homeoffice stellen wir die Work-Life-Balance durch verlängerte Wochenenden her. An den anderen Tagen bleibt das Büro für uns der Arbeitsplatz, an dem Austausch auf Gemeinschaftsflächen und kreatives Arbeiten im Team stattfinden kann."

Janina Stadel

Digitales Netzwerken nutzt dem eigenen Business

Kontakte über Social Media zu knüpfen wirkt auf den ersten Blick oft einfach, doch nicht jede Anfrage wird auch beantwortet.

Kontakte über Social Media zu knüpfen wirkt auf den ersten Blick oft einfach, doch nicht jede Anfrage wird auch beantwortet.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Rymden

Karriere 17.06.2021
Da Veranstaltungen und Messen bedingt durch die Corona-Pandemie fast nur noch digital stattfinden, werden immer mehr Kontakte online geschlossen. Wer ein Netzwerk über Social Media ... 

Da Veranstaltungen und Messen bedingt durch die Corona-Pandemie fast nur noch digital stattfinden, werden immer mehr Kontakte online geschlossen. Wer ein Netzwerk über Social Media aufbauen will, sollte jedoch einige Spielregeln kennen.

Als Enrico Kürtös seine Firma Inreal Technologies gründete, musste er sich in der Immobilienbranche erst einmal bekannt machen. Bei Fachveranstaltungen und Messen sprach er immer wieder Leute an, bat um Tipps oder ein Telefonat am Folgetag. Über die Jahre baute sich der heutige CEO so ein Netzwerk auf - und damit auch sein Business. "Ich habe über solche Netzwerke schon mit 26 mit Grundstücken gedealt", erzählte der Geschäftsmann beim Auftakt der diesjährigen IZ-Karrierewoche und bestätigte damit eine These von Thomas Beyerle, Managing Director bei Catella Property Valuation und Professor an der Hochschule Biberach. Die besagt: "Netzwerken ist die effizienteste Form, ein Ziel zu erreichen". Damit meint Beyerle, dass sich viel Zeit sparen lässt, wenn man für ein Anliegen den richtigen Ansprechpartner hat.

Dass ein gutes Netzwerk zum Business dazugehört, berichtete auch Thomas Glatte in der Fachdiskussion. Der heutige Director Group Real Estate Management bei BASF erzählte, dass er seinen ersten Job über Kontakte bekam, heute sieht er das als den Grundstein seiner Karriere.

Doch wegfallende Messen und Fachveranstaltungen haben seit Ausbruch der Corona-Pandemie dazu geführt, dass sich das Netzwerken innerhalb der Branche immer mehr auf Social Media verlagert. Dabei führt nicht jede Anfrage bei Xing, LinkedIn und Co. tatsächlich zu einer Antwort oder gar zu einem nachhaltigen Kontakt. Gerade wer einen CEO anschreibt, sollte zudem Geduld haben oder gar mehrere Anläufe wagen, weiß Enrico Kürtös. Er habe schon etliche Anfragen per Chat verschickt und oft erst nach Monaten oder Jahren eine Rückmeldung bekommen.

Für Glatte ist klar, wer online auf eine Antwort hofft, muss sofort Interesse wecken und in seinen Chatnachrichten zeigen, dass er ein konkretes Anliegen mit einem klaren Ziel hat. "Man kann gerne nach einer digitalen Veranstaltung jemanden bei Social Media ansprechen und Nachfragen zum Thema stellen", nennt er ein Beispiel. In solchen Fällen sieht er in Social Media durchaus Potenzial, auch mit der Chefetage in Kontakt zu kommen.

Profil im Netzwerk sollte gepflegt werden

Doch nicht alles ist für Glatte durch die ständige Erreichbarkeit via Social-Media-Netzwerke einfacher geworden. "Die Zahl der Kanäle ist vielfältiger geworden. Dadurch werden aber nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Menschen immer transparenter." Er und viele seiner Kollegen nutzen Social Media oft, um sich über Bewerber oder geschäftliche Kontakte schlau zu machen, Profile sieht er als "digitale Lebensläufe" und erwartet, dass sie ohne Tippfehler und vollständig daherkommen. Zudem achte er immer auf die Fotos.

Auch bei Beyerle fällt der Blick oft zuerst auf das Profilbild - nicht nur online. "Auch wenn der Mainstream sagt, Bilder gehören nicht mehr in einen Lebenslauf, bin ich dadurch völlig beeinflussbar." Ihm falle es leichter, sich ein Bild von einer Person zu machen, wenn er ein Gesicht zu den Unterlagen hat. Dafür gebe es eine ganze Reihe anderer Themen, die weder in eine Bewerbung noch in ein soziales Netzwerk gehören. Die absoluten No-gos sind für ihn Posts, die verletzend sein könnten, und Beiträge zu Fragen aus Politik und Religion. "Diese Themen mit dem Business zu vermischen, ist gefährlich", betont er.

Um irgendwann vom Vitamin B zu profitieren, sollte das Netzwerken schon vor dem Berufseinstieg beginnen, "denn die Kommilitonen von heute sind vielleicht die Auftraggeber von morgen", sagt Beyerle. Deshalb sollten vor allem Berufseinsteiger auch Kontakt zu Gleichaltrigen suchen. Eine weitere wichtige Gruppe für ein erfolgreiches Netzwerk sieht Glatte in allen, die schon zwei bis drei Jahre länger in der gleichen Position tätig sind.

Karrierewoche bietet 280 Jobchancen

Der Terminkalender manch eines Studenten mit immobilienwirtschaftlichem Hintergrund dürfte diese Woche ungewöhnlich voll gewesen sein. Denn in diesen Tagen findet die IZ-Karrierewoche statt. Etwa 270 Teilnehmer haben sich dazu angemeldet, das Gros sind Studenten, aber auch etliche Berufstätige sind dabei. Die meisten wollen einen Direkteinstieg finden, die Lust auf ein Trainee-Programm ist dagegen deutlich verhaltener. Mehr als jeder Zweite hatte zu Beginn der digitalen Jobmesse ein Profil ausgefüllt, um sich mit seinen Leistungen den 28 Unternehmen zu präsentieren, die mit gut 280 exklusiven Jobs und mehr als 160 Ansprechpartnern aufwarteten. Darüber hinaus wurden hunderte Termine für Gespräche zwischen Bewerbern und den Unternehmen aus der Branche vereinbart. Dabei haben nicht nur die Kandidaten den Kontakt gesucht, auch die Firmen haben nach möglichen Mitarbeitern Ausschau gehalten. Im Veranstaltungsprogramm nutzten Arbeitgeber und weitere Branchenvertreter die Möglichkeit, den jungen Leuten ihr Unternehmen sowie neue Berufsfelder vorzustellen und ihnen Tipps etwa zu Einstiegsgehältern und Bewerbungsgesprächen zu geben. Anke Pipke

Janina Stadel

Kein Zwang zu Homeoffice!

Karriere 26.11.2020
Andreas Wende, Managing Partner des Maklerhauses NAI apollo, ist froh, dass Kanzlerin Merkel den Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Recht auf mobiles Arbeiten gestoppt ... 

Andreas Wende, Managing Partner des Maklerhauses NAI apollo, ist froh, dass Kanzlerin Merkel den Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Recht auf mobiles Arbeiten gestoppt hat. Dabei hat er gegen mobiles Arbeiten eigentlich gar nichts.

Immobilien Zeitung: Herr Wende, auf LinkedIn haben Sie der Kanzlerin öffentlich dafür gedankt, dass sie den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Heil für ein Recht auf mobile Arbeit kassiert hat. Warum? 24 Tage Homeoffice im ganzen Jahr sind doch nicht die Welt.

Andreas Wende: Es geht nicht um die 24 Tage, es geht um die Garantie. Der Entwurf hat in vielen Punkten sicher seine Berechtigung, aber: Er greift in die unternehmerische Freiheit ein, in die Prozesshoheit, wie Unternehmen produzieren und arbeiten möchten. Der Unternehmer muss schon selbst entscheiden können, ob er Homeoffice oder etwas Vergleichbares einführt. Der Staat darf hier nicht eingreifen. Das wäre fahrlässig.

IZ: Urlaub und Sozialversicherung sind ebenso Eingriffe in die unternehmerische Freiheit.

Wende: Es gibt auch praktische Probleme, auf die der Entwurf überhaupt nicht eingeht. Viele Beschäftigte haben sich in den letzten Monaten einen notdürftigen Arbeitsplatz in der Küche oder im Schlafzimmer eingerichtet. Wenn wir als Unternehmen jedem Mitarbeiter einen zweiten Arbeitsplatz bezahlen müssten, würden ganz schöne Kosten auf uns zukommen. Zudem sind die technischen Voraussetzungen oft nicht vorhanden. Die LTE-Versorgung muss da sein, Glasfaser muss da sein - ist es aber häufig nicht. Viele unserer Mitarbeiter haben etwa kaum eine Chance, zuhause mit großen Film- und Fotodateien in der Cloud zu arbeiten.

IZ: Viele Arbeitnehmer freuen sich über Heils Initiative, weil er ihnen ein Mitspracherecht einräumt. Bisher können Firmen nach Gutsherrenart entscheiden, ob, wie oft und wem sie Heimarbeit erlauben.

Wende: Viele Unternehmen, auch unter unseren Kunden, bieten aktiv multilokales Arbeiten an. Dem kann sich kein Arbeitgeber im War for Talents entziehen. Ich kenne keinen, der seinen Mitarbeitern da Daumenschrauben anlegt. Multilokales Arbeiten ist längst in den Köpfen der Chefs angekommen. Das ist eine der größten Disruptionen im Bürobereich.

IZ: Wie oft arbeiten Sie selbst im Homeoffice?

Wende: Ich bin ein großer Freund von multilokalem Arbeiten. Ich arbeite 60%, 70% meiner Zeit multilokal, weil ich in Hamburg lebe, aber in Frankfurt arbeite. Und viele unserer Kunden sitzen in Berlin oder München.

IZ: Wie oft können Ihre rund 100 Mitarbeiter zuhause arbeiten?

Wende: Ein, zwei Tage pro Woche. Im Investment ist das eher möglich, in den Vermietungsteams weniger, weil die mehr kommunizieren und sich sehen müssen.

IZ: Und was machen Mitarbeiter, die keinen so lockeren Chef haben wie Sie?

Wende: Die können sich ja einen neuen Arbeitgeber suchen. Außerdem werden Mitarbeiter 70%, 80% ihrer Zeit immer im Büro verbringen müssen: Meetings, Innovationsworkshop - Kreativität benötigt Raum und Zufall.

IZ: Was sollen Mitarbeiter tun, die zumindest ab und an von zuhause arbeiten wollen und deren Tätigkeit das auch zulässt - und die sich keinen neuen Job suchen wollen?

Wende: Verpflichtende Regelungen braucht es jedenfalls nicht. Das sind alles gelebte Prozesse, das funktioniert auf Zuruf, wenn ein Mitarbeiter morgen mal zuhause arbeiten will. Wir dürfen das Selbstbewusstsein von Mitarbeitern nicht unterschätzen.

IZ: Ihre Researcher haben ausgerechnet, dass Homeoffice in Frankfurt im schlimmsten Fall bis zu 2 Mio. m² Bürofläche leeren könnte. Sie selbst haben schon zu Beginn der Corona-Krise einen Nachfragerückgang auf dem Büromarkt von 10%, 20% prophezeit.

Wende: Plötzlich haben alle festgestellt, dass multilokales Arbeiten funktioniert. In Unternehmen, die vorher 100% im Büro waren, arbeiten die Mitarbeiter jetzt vielleicht zu 30% mobil. Aber das bedeutet nicht unbedingt, dass Unternehmen auch so viel Fläche sparen. Schreibtische werden vielleicht reduziert, aber dafür werden andere Bereiche ausgebaut: Flächen für Kollaboration, wo die Leute sich ums Lagerfeuer scharen können. Der Durchschnittsbedarf pro Mitarbeiter ist in der Vergangenheit in Deutschland von 28 m² auf 24 m² gesunken. Und der Pro-Kopf-Bedarf wird weiter sinken. Ein Revival der Einzelzelle werden wir sicher nicht erleben. Die Frage ist bei allen Kunden dieselbe: Wie viel Fläche brauche ich, wenn das mit Homeoffice funktioniert? Dabei geht es aber nicht in erster Linie um Quadratmeterreduzierung, sondern um eine Aufwertung der Fläche.

IZ: Unionspolitiker haben einen Gegenentwurf zu Heil vorgelegt. Ein Rechtsanspruch auf mobile Arbeit findet sich dort nicht.

Wende: Dieser Entwurf vermittelt deutlich mehr Praxisnähe. Statt auf Pflichten setzen die Unionspolitiker auf Möglichkeiten. Gut ist auch der Vorschlag, die Einrichtung von Büros mit flexiblen Arbeitsplätzen im ländlichen Raum zu fördern. Doch nach wie vor fehlt eine zwingend notwendige Novellierung der Arbeitsstättenverordnung. Diese ist zu schwerfällig, um multilokales Arbeiten im Sinne der Mitarbeiter rechtssicher zu ermöglichen.

IZ: Herr Wende, herzlichen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Harald Thomeczek.

Harald Thomeczek

Das Personalkarussel dreht sich bei Avison Young

Karriere 30.04.2020
Das kanadische Maklerhaus Avison Young will hierzulande durch Zukäufe wachsen. Managing Director Markus Bruckner und Oliver Herrmann verlassen die Firma derweil, hat die Immobilien Zeitung ... 

Das kanadische Maklerhaus Avison Young will hierzulande durch Zukäufe wachsen. Managing Director Markus Bruckner und Oliver Herrmann verlassen die Firma derweil, hat die Immobilien Zeitung erfahren.

Bruckners Abschied bestätigt Avison Young (AY): "Markus Bruckner hat sich entschieden, zu Mitte 2020 seine Geschäftsführungsposition bei Avison Young in Deutschland niederzulegen und dadurch den Eintritt in eine neue Lebensphase einzuläuten." Ein genauer Abschiedstermin steht bei Bruckner noch nicht fest. Vermutlich, weil noch kein Nachfolger für den 56-Jährigen als Leiter des Münchner AY-Büros gefunden ist.

AY scheint eine Lösung via Zukauf zu favorisieren: Nach Recherchen der Immobilien Zeitung hat das kanadischstämmige Unternehmen, das in Deutschland von CEO Udo Stöckl geführt wird, versucht, bei anderen Playern zu wildern - inklusive Führungsebene. Im Markt ist jedenfalls bekannt, dass AY vor ein paar Monaten ganze Teams samt Geschäftsführung von anderen Maklerfirmen abwerben wollte. AY soll, so heißt es, in München noch nicht die Rolle am Gewerbemaklermarkt spielen, die den kanadischen Konzernlenkern vorschwebt. Bislang sollen die Übernahmebemühungen in München ohne Erfolg geblieben sein. Dabei ist das Unternehmen für hohe Gehälter und Boni und eine offensive Abwerbepolitik bekannt, heißt es.

Bruckner ist seit Oktober 2014 Partner und Managing Director bei Avison Young Germany. Er war Mitarbeiter Nummer zwei nach CEO Stöckl. Vorher führte er mit Partnern eine Fondsgesellschaft und leitete bei Real I.S. den weltweiten Immobilienan- und -verkauf. Nach seinem avisierten Abschied von AY will sich Bruckner vor allem als Projektentwickler betätigen. Er gehe nach "sehr erfolgreichen, aber auch ausgesprochen anstrengenden Jahren auf eigenen Wunsch und im besten Einvernehmen", so Bruckner.

Auch Oliver Herrmann verlässt AY. Er kam im August 2015 als Investmentchef für Hamburg ins Haus. Drei Jahre später übernahm er die Leitung der Niederlassung im Norden. Vor einem Jahr wurde er zum Partner befördert. Die Firma wollte die Trennung von Herrmann auf Anfrage nicht bestätigen: "Zu arbeitsrechtlichen Details äußert sich Avison Young grundsätzlich nicht." Dem Vernehmen nach hat sich AY im Unfrieden von Herrmann getrennt. Weil er keinen Aufhebungsvertrag habe unterzeichnen wollen, sei Herrmann nach Nordrhein-Westfalen versetzt worden, ist am Markt zu hören. Laut seinem LinkedIn-Profil firmierte er zuletzt tatsächlich als Head of Capital Markets Düsseldorf.

AY hatte 2019 in Hamburg Völckers & Cie. mit 20 Leuten übernommen. Die alte Hamburger AY-Mannschaft schrumpfte danach: Neben Herrmann gingen u.a. auch Investmentmakler Roman Negle und Bürovermieterin Marit Marie Gockel. Negle war vier Jahre bei AY, zuletzt als Director Investment. Insgesamt soll gleich ein halbes Dutzend Altkollegen das Schiff verlassen haben.

Zwei Neuzugänge für das europäische Investmentteam

AY hat aber zurzeit nicht nur Abgänge zu verzeichnen, sondern kürzlich auch zwei neue Namen für das europäische Capital-Markets-Team verpflichtet: Martin Brümmer und Christian Schreiber. Die beiden Principals kommen von Brookfield Financial. Brümmer und Schreiber haben ihre Schreibtische zwar in München stehen, gehören aber der Londoner Investmenttruppe von Avison Young an. Kümmern sollen sie sich künftig allerdings insbesondere um Kunden in der Dach-Region.

Harald Thomeczek

Wilfried Jaeger leitet das Berliner Büro von Centrum

Köpfe 08.04.2019
Der eigentlich auf Handelsimmobilien spezialisierte Düsseldorfer Projektentwickler Centrum hat Wilfried Jaeger mit der Leitung der im vergangenen Jahr gegründeten Hauptstadttochter Centrum ... 

Der eigentlich auf Handelsimmobilien spezialisierte Düsseldorfer Projektentwickler Centrum hat Wilfried Jaeger mit der Leitung der im vergangenen Jahr gegründeten Hauptstadttochter Centrum Berlin Office CBO betraut. Einer der beiden ursprünglichen Geschäftsführer der Berliner Dependance ist offenbar nicht mehr an Bord.

Jaeger war in den vergangenen drei Jahren als Associate Director im Berliner Büroinvestmentteam von JLL zugange. Die Geschäftsführung der Berliner Dependance wurde ursprünglich in die Hände von Rudi Purps, der auch Geschäftsführer der Centrum-Gruppe ist, und Stefan Lensche, der dafür extra ins Haus geholt wurde, gelegt. Purps firmiert weiterhin als CBO-Geschäftsführer, doch Lensche machte den Job laut seinem Profil bei der Karriereplattform LinkedIn nur bis Dezember 2018. Dann gründete er in Berlin eine Investmentplattform für gewerbliche Projektentwicklungen und Bestandsobjekte namens Fidelis Capital.

Centrum ist erst im vergangenen Jahr ins Geschäft mit der Entwicklung von Büroflächen eingestiegen. In Berlin hat das Unternehmen von Uwe Reppegather schon drei Projekte am Haken: an der Landsberger Allee in Friedrichshain gegenüber dem Vivantes-Klinikum, in Charlottenburg im Umfeld der Mercedes-Welt am Salzufer und am Ostbahnhof. Die drei projektierten Gebäude sollen ab 2020 in Bau gehen.

Harald Thomeczek

List umwirbt Wunschkollegen mit Geschenken

Die List-Gruppe setzt bei der Suche nach Fachkräften auf Individualität und persönliche Ansprache. Geschenke sind dabei ein sympathisches Mittel.

Die List-Gruppe setzt bei der Suche nach Fachkräften auf Individualität und persönliche Ansprache. Geschenke sind dabei ein sympathisches Mittel.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Mangostar

Karriere 17.01.2019
Es erinnert ans moderne Dating: Die Nordhorner List-Gruppe schreibt auf der Suche nach Bauingenieuren ausgewählte Wunschkandidaten in sozialen Netzwerken an, beschenkt sie und lädt zum ... 

Es erinnert ans moderne Dating: Die Nordhorner List-Gruppe schreibt auf der Suche nach Bauingenieuren ausgewählte Wunschkandidaten in sozialen Netzwerken an, beschenkt sie und lädt zum Essen ein. Das preisgekrönte Konzept funktioniert, sagt der Personalchef. Und es spart die Kosten für den Headhunter.

Geeignete Fach- und Führungskräfte fürs Unternehmen zu finden, ist derzeit eine Kunst für sich. Der Bedarf ist hoch, das Angebot überschaubar. Der Arbeitsmarkt in der Immobilienbranche hat sich längst dahin entwickelt, dass sich die begehrten einstiegs- oder wechselbereiten Bewerber ihren künftigen Geldgeber aussuchen können. Der Chef muss um den Wunschkandidaten werben, nicht mehr andersherum.

Die List-Gruppe kennt das aus eigener Erfahrung. "Der Markt ist in unserer Branche so abgegrast wie noch nie", erklärt Sebastian Wirbals, Abteilungsleiter Personal und Organisation. Zudem sitze das Unternehmen mit seinen Standorten z.B. in Nordhorn, Bielefeld oder auch Essen nicht in den Metropolen des Landes, sondern in Gegenden, die nicht für jede Spitzenkraft reizvoll seien. Der Ausweg für die List-Gruppe: kreativ werden. Seit einem halben Jahr setzt sie ein Konzept um, das ohne großen Einsatz von Geld und Zeit gute Ergebnisse im Kampf um die Hochkaräter bringt. Es heißt "Hans, wo bleibst Du?" und kommt ganz ohne Bewerbungsunterlagen aus.

Ausgangspunkt sind die Personalempfehlungen bereits beschäftigter Mitarbeiter. Sie kennen beide Seiten - zum einen die Person, die sie sich als Kollegen wünschen, vielleicht aus dem Studium oder von einem früheren Job, und zum anderen die Arbeitsweise und Aufgaben bei List. Sie können selbst abschätzen, ob beides zusammenpasst. List macht sich diese Vorauswahl schon seit Jahren zunutze. "Mit der persönlichen Ansprache von potenziellen Mitarbeitern sind wir sehr erfolgreich", sagt Wirbals.

Jetzt geht List einen Schritt weiter und umwirbt die Kandidaten noch mehr. Sobald er den Namen des Wunschkollegen kennt, setzt sich Wirbals mit ihm über die sozialen Medien in Kontakt. Dabei konzentriert er sich auf die beruflich orientierten Netzwerke Xing und LinkedIn. "98% der Kandidaten finden wir dort, die meisten auf Xing", erklärt der Personaler. Eine Ansprache über Facebook lehnt er indes ab. "Das ist uns zu privat, da stören berufliche Themen eher."

Die erste Nachricht besteht nur aus einem kleinen Textbaustein. Die Botschaft: "Wir finden Dich interessant und möchten mit Dir ins Gespräch kommen. Du stehst auf unserer WishList und wir haben ein Geschenk für Dich." Kurz und knapp, gleich kollegial per Du und auf keinen Fall aufdringlich sein, das ist List wichtig. "Der Kandidat hat einen stressigen Job mit viel Verantwortung, da hat er keine Zeit zu verschenken", sagt Wirbals. Auf Informationen zum Unternehmen verzichtet er deswegen. "Danach kann der Adressat bei Interesse selbst googeln."

Von großer Bedeutung ist hingegen der Link zu einer individuellen Landingpage. Dort wird der Ausgewählte noch einmal persönlich angesprochen und gelangt zu einem Video, in dem neben Wirbals auch der Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzende Gerhard List mitspielt. Sie unterhalten sich darüber, dass sie so gerne dem Kandidaten das Geschenkpaket zuschicken wollten, doch die Adresse gar nicht haben. Der Umworbene kann dann seine Daten eingeben und erhält kurze Zeit später ein Präsent. "Es ist meist etwas Hochwertiges, etwas zum Basteln", verrät Wirbals. Eben etwas, an dem viele Bauingenieure Spaß haben. Sollte Wirbals individuelle Vorlieben des Kandidaten kennen, passt er das Geschenk entsprechend an. Vielleicht erreicht List bereits damit, dass der Umworbene seine Telefonnummer herausrückt und zu einem Gespräch bereit ist. Wenn nicht, zündet die nächste Stufe: eine Einladung zum Essen in einem angesehenen Restaurant. "Dort liegt dann eine elektronische Grußkarte am Tisch", erzählt Wirbals. Die Message wiederum: "Jetzt sollten wir mal ins Gespräch kommen." Der Kandidat kann als Antwort seine Kontaktdaten hinterlassen, Chef List ruft ihn dann zurück.

Der Ausgewählte hat stets die Möglichkeit, selbst aktiv und ohne Begründung den Kontakt zu List zu beenden. Auf der Landingpage zeigt ihm der "Schade"-Button den Ausstieg. Selbst bei einem Abschied des Wunschkollegen aus dem Kontakt ist Wirbals nicht enttäuscht. "Das ist eine lang angelegte Kampagne", betont er. Womöglich habe diesmal der Zeitpunkt für das Gesprächsangebot nicht gepasst. "Aber vielleicht denkt er später an uns und bewirbt sich dann."

15 Kandidaten hat Wirbals in den vergangenen Monaten auf diese Weise kontaktiert, die Gesprächsquote liegt bei etwa 70%. "Drei Bauingenieure und Vertriebler haben wir über diesen Weg zu uns geholt", berichtet er. Auch wenn das keine Massen sind, die den noch immer hohen Bedarf an Bauingenieuren im Unternehmen decken, und sich die Dialoge gerne mal über mehrere Monate hinziehen, so sind es doch Erfolge, die sich nicht zuletzt auch im Budget bemerkbar machen. Denn auf diesem Weg hat List die Honorare für die Headhunter gespart. Die würden sonst beispielsweise etwa 25% bis 30% des Jahresbruttogehalts eines Bauingenieurs kassieren. "Und die Jungs verdienen nicht schlecht", gibt Wirbals zu bedenken.

Noch mehr freut es den Personaler, wenn die Kampagne selbst bei den Kandidaten erfolgreich ist, die bislang kein Interesse gezeigt haben. Aktuell sei es gelungen, einen Wunschkandidaten nach der Essenseinladung dazu zu bewegen, ein Gespräch mit dem Chef zu führen. Vorher hätten sich schon zwei Headhunter an dem Mann die Zähne ausgebissen.

Das Konzept der List-Gruppe ist das Ergebnis aus einer Zusammenarbeit mit der Kreativagentur Muuuh! Digital. Gemeinsam haben sie damit die Jury des HR Excellence Awards überzeugt und in der Kategorie Recruiting-Kampagne (KMU) den ersten Platz belegt.

Anke Pipke

Dabei sein ist (vorerst) alles

Besonders ganz große Unternehmen und sehr kleine nutzen die sozialen Medien und die Business-Netzwerke fürs Recruiting. Die meisten Einstellungen werden jedoch über Online-Jobbörsen realisiert.

Besonders ganz große Unternehmen und sehr kleine nutzen die sozialen Medien und die Business-Netzwerke fürs Recruiting. Die meisten Einstellungen werden jedoch über Online-Jobbörsen realisiert.

Bild: BilderBox.com

Karriere 06.09.2012
"Bin ich schon drin?", fragte Boris Becker 1999 im Werbespot des Internetproviders AOL. Dreizehn Jahre später muss die Frage etwas differenzierter gestellt werden: "Wo bin ich überall drin?" ... 

"Bin ich schon drin?", fragte Boris Becker 1999 im Werbespot des Internetproviders AOL. Dreizehn Jahre später muss die Frage etwas differenzierter gestellt werden: "Wo bin ich überall drin?" Social Media und Business-Netzwerke wie Facebook, Xing, LinkedIn haben längst Einzug in die Berufswelt gehalten. Auch Personaler tummeln sich dort. Für sie gilt bislang überwiegend die Losung, "Hauptsache, dabei sein". Erfolgsergebnisse werden noch nicht zwingend erwartet, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Personaler müssen da sein, wo ihre Zielgruppe ist. Und die Zielgruppe ist im Netz, oder genauer, in den sozialen Netzwerken aktiv. 45% der insgesamt 716 teilnehmenden Studenten immobilienwirtschaftlicher Fächer an der diesjährigen IZ-Umfrage zur Joboffensive haben ein Xing-Profil - und zwar zu Bewerbungszwecken. Auch um privat in Verbindung zu bleiben, nutzen 15% diese Plattform.

Doch während Personalberater schon recht früh diese quasi öffentlichen Namenslisten für ihre Arbeit genutzt haben, waren die Personalverantwortlichen in Unternehmen zunächst zurückhaltender. Inzwischen gehört es jedoch zu dem Kanon der Recruiting-Wege mit dazu. Von den 86 befragten Immobilienunternehmen bei der diesjährigen Joboffensive nutzen 43% soziale Netzwerke für die Personalsuche.

Bei einer branchenübergreifenden Untersuchung belegen Social-Media-Business-Netzwerke wie Xing oder LinkedIn bereits Platz drei, nach Online-Jobbörsen und der eigenen Karriereseite, wie der Social Media Recruiting Report 2012 des Institute for Competitive Recruiting (ICR) zeigt. An dieser Studie nahmen 527 Personalverantwortliche aus verschiedenen Branchen teil. Jedes vierte Unternehmen sucht aktiv nach neuen Mitarbeitern in den sozialen Medien. Das sind doppelt so viele wie noch 2010 (12%).

Besonders interessant sind die sozialen Medien nach der ICR-Studie für kleine Unternehmen. Diese nutzten drei Mal so häufig wie Großunternehmen das Netz für die Personalsuche. Allerdings sind sehr kleine und sehr große Unternehmen auch sehr aktiv. Bevorzugt wird Xing genutzt, vor Linked-In oder Facebook.

Doch wie sieht der Track-Record der sozialen Medien bei der Rekrutierung aus? Die meisten Einstellungen werden immer noch über die Online-Jobbörsen (ca. 34%) erreicht. Auf den Rängen zwei und drei sind die unternehmenseigenen Bewerberportale (ca. 16%) sowie Mitarbeiterempfehlungen (ca. 8%) genannt. Doch 2012 liegt Social Media auf Rang vier (ca. 7%) - mit den höchsten Zuwachsraten.

Das Fazit der ICR-Studie lautet, dass die Unternehmen sich vorerst noch in der Phase des Ausprobierens befinden, auch wenn erste Arbeitgeber bereits Erfolge erzielten. Die Präsenz der Unternehmen als Arbeitgeber in den sozialen Medien steigt, aber die Strategiesei nachrangig. Es gehe darum, die Möglichkeiten zu kennen und dabei zu sein. Dass sich Social Media Recruiting als erfolgreicher Kanal etabliert hat, prognostizieren die Studienmacher erst für den Zeitraum 2013 bis 2015.

Sonja Smalian