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Variable Vergütung gibt Anreize für Fehlverhalten

Variable Vergütungsmodelle können zur Umsetzung von Compliance-Richtlinien
eingesetzt werden. Doch in der Praxis scheuen offenbar noch viele
Unternehmen den hohen Aufwand, ihr Bonussystem an die Unternehmensziele
anzupassen.

Variable Vergütungsmodelle können zur Umsetzung von Compliance-Richtlinien eingesetzt werden. Doch in der Praxis scheuen offenbar noch viele Unternehmen den hohen Aufwand, ihr Bonussystem an die Unternehmensziele anzupassen.

Bild: BilderBox.com

Karriere 04.10.2012
Vergütung und Compliance sind zwei Aspekte, die Hand in Hand gehen sollten, zumindest bei Unternehmen, die ihre ethischen Richtlinien nicht nur für die Ablage formuliert haben. Doch selbst bei ... 

Vergütung und Compliance sind zwei Aspekte, die Hand in Hand gehen sollten, zumindest bei Unternehmen, die ihre ethischen Richtlinien nicht nur für die Ablage formuliert haben. Doch selbst bei engagierten Unternehmen hebeln die mit der variablen Vergütung gesetzten Anreize oftmals jegliche Compliance-Bemühungen aus. Sonja Riedemann, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Osborne Clarke, appelliert in ihrem Gastbeitrag für eine zeitgemäße Gestaltung der variablen Vergütung, die konsequent auf die Unternehmensziele abgestimmt ist. Wenn Compliance-Verpflichtungen dazu zählen, müssen sie auch berücksichtigt werden, und zwar durch Boni oder Sanktionen.

Ob die Immobilienbranche einen Wertekanon benötigt hat oder ob ein solcher tatsächlich etwas ändert: Inzwischen kommt kaum ein Player im Real-Estate-Umfeld ohne das Thema Compliance aus. Insbesondere in der Immobilienbranche kann individuelles Fehlverhalten von Mitarbeitern große Auswirkungen haben, steht doch hier eine kleine Anzahl Beteiligter einem hohen Volumen pro Geschäftsvorfall gegenüber.

Galt 2002 der dem Enron-Skandal folgende Sarbanes-Oxley-Act noch als Beginn des allgemeinen Corporate-Governance-Hype, wuchs später nach weiteren Korruptionsskandalen das Bewusstsein, dass das langfristige Interesse der Anleger und Eigentümer über den eher kurzfristigen Interessen der angestellten Managementetage steht. Mit der als "Immobilienkrise" gebrandmarkten Finanzkrise 2009 erreichte dieser Trend seinen Zenit und inzwischen gehört die öffentliche und öffentlichkeitswirksame schriftliche Bestätigung, sich tatsächlich an Regeln und Gesetze halten zu wollen, zum Standard.

Je nach Größe des Unternehmens besteht die dahinterstehende Compliance-Organisation aus dem Compliance-Officer nebst Mitarbeitern - oder einem Aktenordner mit zusätzlich einzuhaltenden internen Regularien, einem so genannten Internen Kontrollsystem (IKS). Auch die Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) verlangt "geeignete" Regeln etwa zur Verhinderung oder jedenfalls Offenlegung von Interessenkonflikten. In den Empfehlungen "Wertemanagement" geht es um verbindliche Verhaltensstandards, über die alle Mitarbeiter informiert werden sollen, die arbeitsvertraglich abgesichert sowie durch innerbetriebliche Kommunikation im Bewusstsein gehalten werden sollen.

Doch die schönsten Compliance-Formulierungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, wenn sie in der unternehmerischen Praxis nicht mit Anreizen und bei groben Verstößen mit Sanktionen belegt werden. Ein Paradebeispiel für Fehlanreize sind oft die variablen Vergütungsmodelle in Unternehmen, die den Gesichtspunkt Compliance außer Acht lassen.

Variable Vergütungsmodelle fordern oft Umsatz um jeden Preis

Stammtischwissen ist, dass nur die hohen Bonus-Anreize der Banker diese zum hochriskanten "Zocken" verführt haben. Mitarbeiter, die reine Umsatzprovisionen verdienen können, ohne dass Kosten oder Risiken einberechnet werden, müssen dieses Signal ihres Arbeitgebers als das verstehen, was es ist: als einen Aufruf, Umsatz "um jeden Preis" zu machen.

Hat hier die Einführung von Compliance inzwischen tatsächlich zu geänderten Verhaltensanreizen geführt? Zwar bestehen heutzutage Verbote, etwaige Geschenke oder jedenfalls solche im Übermaß anzunehmen. Ein bewusster Verstoß zieht oft maximal eine Abmahnung, fahrlässige Verstöße meistens aber gar keine Sanktion oder nicht einmal eine Reaktion nach sich. Bonus oder Provisionen fließen in unveränderter Höhe weiter. Es gibt also einen Widerstreit zwischen Compliance-Verstößen, die oft keine monetären, sondern ausschließlich rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen auf der einen Seite, und variablen Vergütungsmodellen, die in der Praxis im besten Fall neutral zu den Compliance-Vorschriften und schlimmstenfalls gegenläufig dazu wirken auf der anderen Seite. Diese nicht selten offen widersprüchlichen Anreiz- und Sanktionsmechanismen werden in vielen Unternehmen nicht offen thematisiert - und die Mitarbeiter werden mit den daraus resultierenden Interessenkonflikten allein gelassen.

Kaum rechtliche Vorgaben für Vergütungsmodelle

Rechtliche Vorgaben, wie variable Vergütungen zu gestalten sind, gibt es für die Vorstände von börsennotierten Aktiengesellschaften (VorstAG) oder sind im Nachgang der Finanzkrise für den Bankensektor mit der Instituts-Vergütungsverordnung (ehemals MaRisk) entstanden. Andere oder gar konkretere Compliance-Anforderungen für die Immobilienbranche gibt es bisher nicht. Die bestehende arbeitsrechtliche Rechtsprechung zur variablen Vergütung steht auf der Seite der Mitarbeiter und betont deren faire Chance, in Aussicht gestellte Vergütung auch erreichen zu können sowie zugesagte Vergütung nicht einseitig entzogen zu bekommen.

Die Personalabteilung hat zwar oft eine Schlüsselstellung in der Umsetzung von Compliance, aber keine gestaltende. Die dortigen Mitarbeiter/innen müssen allen anderen Kollegen zahllose Unterschriften unter noch zahllosere Compliance-Richtlinien abringen. Compliance-Regelungen wurden also oft nur als zusätzliche Verpflichtung eingeführt, ohne bisherige Systeme "compliant" umzugestalten.

Unternehmen möchten gerne die Motivationsfunktion variabler Vergütung nutzen, sind sich aber der Steuerungsfunktion zu wenig bewusst. Oder sie scheuen gerade deswegen "komplizierte" Modelle unter Einbeziehung multipler Risikofaktoren und Compliancekriterien, da komplexe Modelle angeblich dem einfachen Motivationsanreiz entgegenstehen. Wenn aber Vorgesetzte schon dafür, dass ihre Mitarbeiter ihre Pflicht erfüllen, den Anreiz zusätzlicher Vergütung benötigen, wieso sollen dann sanktionslose Compliancevorschriften eingehalten werden?

Die Vergütungsform, bei der am wenigsten Fehlanreize gesetzt werden, ist das reine Festgehalt. Ebenso wie die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmenserfolg, der unabhängig von individueller Performance an die Belegschaft ausgeschüttet wird. Beides wird nur noch selten genutzt.

In Immobilienverkauf und Vermietung sind Provisionsmodelle an der Tagesordnung. Sie reichen von einfachen Umsatzprovisionen bis zu komplexeren Modellen unter Einberechnung etwaiger Langfrist- und Risikofaktoren. Aber einfache Bonusbezugsgrößen wie die Brutto- oder Nettomiete haben möglicherweise unerwünschte Steuerungswirkungen. Werden zumindest Wertberichtigungen oder Abschreibungen auf Mietforderungen zeitnah berücksichtigt, besteht immerhin kein falscher Anreiz der Vermietung "um jeden Preis". Auch unterschiedliche Ausformungen so genannter Rent Incentives sind für das Unternehmen keineswegs kostenneutral und sollten daher bei der Berechnung von Erfolgshonoraren berücksichtigt werden. Mietreduzierte oder gar mietfreie Zeiten für neue oder verlängerte Mietverträge, (verlorene) Baukostenzuschüsse oder eigene Investitionen zum mietergerechten Umbau sind aber nicht auf die Schnelle vergleichbar. Sie bedürfen vielmehr jeweils einer finanziellen, bilanziellen, steuer- und haftungsrechtlichen Überprüfung durch das Immobilienunternehmen, um negative Effekte für die Zukunft zu vermeiden. Sie verdienen daher dringend Berücksichtigung bei Bonusbezugsgrößen. Fehlen diese, ist den handelnden Mitarbeitern weder moralisch zu verdenken, noch arbeitsrechtlich anzulasten, wenn sie ihr Verhalten den vom Arbeitgeber allein über den Bonusanreiz vorgegebenen Zielen anpassen.

Dagegen helfen auch keine wohlklingenden Compliance-Regularien ohne direkte finanzielle Motivationen oder gar Sanktionen, wenn nicht vielmehr sämtliche Prozesse im Unternehmen auf die erwünschten Verhaltensweisen und Entscheidungspfade gerichtet sind. Dies betrifft insbesondere die variablen Vergütungsmodelle. Viele Mitarbeiter kennen kaum die internen Kontrollvorschriften, aber können jedes noch so kleine Detail der exakten Berechnungsweise des Bonusmodells aufsagen. Liegt hierin nicht ein ungenutztes "pädagogisches Potenzial"? Eine direkte finanzielle Belohnung regelkonformen Verhaltens oder die Sanktion von Verstößen anstatt reiner Appelle - so funktioniert in großen Unternehmen sogar die Erhöhung der Frauenquote im Management durch sonst weniger feministisch geprägte männliche Vorgesetzte.

Engagement der Personaler gefordert

Bei der Umgestaltung variabler Vergütung können sich Personaler in ganzer Linie auch gestaltend einbringen und alle erwünschten arbeitsrechtlichen und personalpolitischen Anreize einrechnen. Dem üblichen "Umsatz abzüglich Kosten abzüglich drohender Kosten aller Art mal Risikofaktor mal Langfristigkeitsfaktor" können auch "abzüglich X Prozent für jeden fehlenden 6-Augen-Check" oder Zusatzpunkte für positive individuelle, nicht-monetäre Performance hinzugefügt werden. Die Ergebnisse eines 360- Grad-Feedbacks oder der tatsächliche Abzug der gesetzlichen Minderungsbeträge für (zu) lange Krankheitsfehlzeiten könnten ebenso eingewoben werden wie Pluspunkte für eine offene Fehlerkultur, gerade um Vertuschen von Fehlverhalten nicht zu befördern. Ob man auch Sanktionen für jeden AGG-Verstoß (nach dem Motto "10 Euro in die Machokasse") aufnimmt, bleibt der Kreativität und den auf Managementebene erarbeiteten, tatsächlichen Bedürfnissen des Unternehmens vorbehalten.

Aus rechtlicher Sicht spricht nichts gegen komplexe Regeln: Solange solche Modelle transparent gestaltet sind und zulässiges, gesetzeskonformes und loyales Verhalten befördern, stehen arbeitsrechtliche Vorschriften nicht entgegen. Oft liegt es an mangelnder Kreativität oder an der Scheu vor dem (einmaligen großen) Aufwand, wenn Unternehmen ihr Bonussystem nicht an ihre Unternehmensziele anpassen. Aber auch aus Haftungsgründen empfiehlt sich eine Umgestaltung: Mit Hinweis auf die Leitfunktionen der variablen Vergütung könnten Mitarbeiter derzeit durchaus eine Mitschuld der Unternehmen bei etwaigem Fehlverhalten behaupten und so versuchen, sich selbst aus der Haftung zu entlassen.

Wer nun instinktiv eine "derart engmaschige Überwachung" abwehren will, hat seine eigene Complianceorganisation noch nicht verinnerlicht: Allein das Aufschreiben von Werten und Regeln ändert faktisch nichts. Es muss auch tatsächlich geeignete Systeme geben, die erwünschtes Verhalten fördern und unerwünschtes Verhalten wenn schon nicht verhindern, dann jedenfalls sanktionieren. Welcher Hebel eignet sich dafür besser als die Vergütung? (sma)

Sonja Riedemann

Nicht als Magd, sondern als Königin sprechen

Wenn Frau auch ohne Megafon ihr Publikum erreichen und nicht als einsame
Ruferin sinnbildlich in der Wüste stehen will, dann sollte sie über ein
Stimmtraining nachdenken.

Wenn Frau auch ohne Megafon ihr Publikum erreichen und nicht als einsame Ruferin sinnbildlich in der Wüste stehen will, dann sollte sie über ein Stimmtraining nachdenken.

Bild: iStock 2012/midres

Karriere 04.10.2012
Der Inhalt der Präsentation ist brillant, aber keiner hört zu? In einer von Männern dominierten Berufswelt wie der Immobilienwirtschaft haben es Frauen nicht immer leicht, Gehör zu finden. ... 

Der Inhalt der Präsentation ist brillant, aber keiner hört zu? In einer von Männern dominierten Berufswelt wie der Immobilienwirtschaft haben es Frauen nicht immer leicht, Gehör zu finden. Professionelle Stimmtrainerinnen und -trainer wissen, wie Frau dieses Problem lösen kann. Doch wer glaubt, allein die Stimme sei entscheidend, um zu anderen durchzudringen, wird dabei schnell eines Besseren belehrt. Mindestens genauso wichtig sind die richtige Atemtechnik, die innere Haltung und das Auftreten.

"Ich bin gleich in einem Workshop - drei Männer und ich als einzige Frau. Wünschen Sie mir Glück!" Als Stimmtrainer und Radiomoderator Paul Johannes Baumgartner diese E-Mail einer früheren Seminarteilnehmerin erreichte, lag die Idee auf der Hand, ein Stimmtraining speziell für Frauen zu entwickeln: "Gerade wenn es für Frauen darum geht, sich in Männerrunden durchzusetzen, sich Gehör zu verschaffen und Sachverhalte klar darzustellen, stoßen viele schnell an ihre Grenzen", sagt Baumgartner.

Mit gezielten Übungen lässt sich gegensteuern, weiß Baumgartner aus eigener Erfahrung. "Auch einem Morgenmoderator scheint frühmorgens um fünf Uhr nicht zwangsläufig die Sonne aus dem Hintern." Doch als Profi hat Baumgartner gelernt, was er tun kann, damit seine Stimme offen und dynamisch klingt, selbst wenn er sich lieber im Bett noch einmal auf die andere Seite drehen würde. Sein Wissen gibt er nicht nur an Unausgeschlafene weiter, sondern an alle, die beruflich mit ihrer Stimme überzeugen müssen, also auch an Frauen, von der Callcenter-Mitarbeiterin bis zur Topmanagerin.

Der Seminarinhalt beim Stimmtraining für Frauen unterscheidet sich dabei gar nicht so sehr von dem für gemischte Gruppen: Es geht darum, der eigenen Stimme mehr Durchsetzungskraft zu verleihen, die richtige Sprechtechnik bei einer Präsentation anzuwenden, die optimale Sprechgeschwindigkeit zu finden, präzise zu artikulieren oder mehr Klang und Ausdruckskraft in die Stimme zu bringen. Warum dann also ein Stimmtraining speziell für Frauen? "Im Vergleich zur männlichen Stimme ist die weibliche Stimme höher, weicher und melodiöser. Dadurch haben es Frauen bei der Vermittlung von emotionalen Botschaften leichter. Wenn es jedoch darum geht, Kompetenz und Souveränität zu beweisen, auf einem Standpunkt zu beharren, Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen und in hochemotionalen Situationen gelassen zu bleiben, strecken Frauen mitunter die Waffen. Ein Verhalten, das man bei Männern in Gesprächsrunden oder Präsentationen eher selten findet", hat Baumgartner beobachtet.

Es kommt viel mehr auf das Wie an als auf das Was

Frauen, die sich stimmlich nicht durchsetzen können, würden sich dabei in der Regel schlicht selbst im Weg stehen. Selbstlimitierende Glaubenssätze zu überwinden und mehr Selbstsicherheit zu gewinnen, ist deshalb ein wichtiger Teil in Baumgartners Seminaren für Frauen. Denn traditionell würden Mädchen eher zur Zurückhaltung erzogen und dazu angehalten, leise zu sprechen. Jungen dagegen werden eher darin bestärkt, sich lautstark bemerkbar zu machen. Das sieht Kommunikations- und Sprechtrainerin Bettina Schinko von der Sprechbar Berlin ähnlich und ergänzt: "Männer nehmen nicht nur stimmlich, sondern auch körperlich oft mehr Raum ein als Frauen." Dagegen würden vor allem Frauen, die leise und mit zu hoher Stimme sprechen, nach dem tradierten Muster "bloß nicht anecken oder auffallen und immer nett sein" agieren. "Sprechen Sie nicht als Magd, sondern als Königin", ermuntert Schinko dann.

Das mag plakativ klingen, doch das Bild sagt aus, worum es beim Stimmtraining auch geht, nämlich um das eigene Auftreten und die innere Einstellung. Denn die Stimme ist ein Spiegelbild der Seele und drückt unsere Stimmungen aus. Wer sich unsicher fühlt oder aufgeregt ist, dem hört man es an der Stimme an. Aber auch die Körpersprache und die Gestik sind entsprechend verhalten und introvertiert, wenn jemand an sich zweifelt. Die Signale, die wir aussenden, kommen beim Gegenüber an, ob wir wollen oder nicht. Und unabhängig davon, wie gut wir inhaltlich argumentieren können: Sozialpsychologische Untersuchungen haben nachgewiesen, dass die Wirkung auf andere Menschen zu 55% vom Aussehen und Verhalten abhängt und zu 38% von der Stimme. Lediglich 7% macht tatsächlich der Inhalt eines Vortrags aus. Es kommt also vielmehr auf das Wie an als auf das Was.

Männer kriegen Magengeschwüre, Frauen bleibt die Stimme weg

Glaubt man diesen Untersuchungen, ist es also durchaus einen Versuch wert, bewusst mit der eigenen Stimme umzugehen und sie im Beruf gezielt als Kommunikationsinstrument einzusetzen. Nicht zufällig nennt Baumgartner sein Stimmtraining für Frauen "Die Macht der weiblichen Stimme".

"Worum es im Stimmtraining zunächst einmal geht, ist den eigenen Normalsprechton zu finden", erklärt Schinko ihre Arbeitsweise. Der Normalsprechton oder die Indifferenzstimme "ist der Ton, in dem man ohne Anstrengung sprechen kann. Erst dort ist die Stimme entspannt und belastbar." Frauen neigen eher als Männer dazu, zu hoch zu sprechen, und laufen deshalb Gefahr schnell heiser zu werden, vor allem dann, wenn sie viel sprechen müssen: "Männer kriegen eher Magengeschwüre, Frauen bleibt die Stimme weg", stellt Schinko fest.

Zu hoch wird die Stimmlage auch dann, wenn Frau (aber natürlich auch Mann) aufgeregt ist. Der Kehlkopf hebt sich und im Hals wird es eng. Der Ton, der dabei herauskommt, wird von Zuhörern eher als unangenehm empfunden. Mit Atemübungen und Körpertraining lässt sich hier gegensteuern. Und wenn es schnell gehen muss, hilft auch ein herzhaftes Gähnen, ohne dabei die Hand vor den Mund zu halten, verrät Schinko. Beim Gähnen entspannt sich das Zwerchfell, der Kehlkopf senkt sich und das Gaumensegel "Das Tor zur Stimme" öffnet sich.

Beim Stimmtraining kommt Frau trotz erlernbarer Tricks aber nicht um die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit umhin. Bettina Schinko arbeitet dabei zunächst am liebsten mit einer Videoaufzeichnung der Seminarteilnehmerin und lässt die Aufnahmen für sich sprechen: "Anhand der Art des Vortrags oder der Präsentation erkennen die jeweiligen Personen meist sehr schnell selbst, woran sie arbeiten müssen." - Der Trick dabei: Wer sich selbst in einer Videoaufnahme sieht, wird zum außenstehenden Beobachter der eigenen Person und kann sich von der eigenen Selbstwahrnehmung lösen. Oft ist einem Menschen nämlich nicht bewusst, dass er zu leise, zu schnell oder nicht auf den Punkt spricht. Letzteres nennt Baumgartner "das unsichtbare Oder". Damit meint er die für viele Frauen typische Angewohnheit, mit der Stimme am Ende des Satzes nach oben zu gehen und damit das eben Gesagte durch den Klang der Stimme gleich wieder infrage zu stellen.

"Ich habe mir ganz fest vorgenommen, generell nicht zu sagen, ich glaube oder ich denke", verrät Judith Gabler. Die gebürtige Britin ist Director of Operations Emea beim internationalen Berufsverband für Immobilienfachleute RICS und wurde von ihren Eltern schon als Kind mehrere Jahre zu einem Sprechtraining geschickt, wo sie lernte, Gedichte oder Texte vor Publikum vorzutragen. Sie gilt als gute Rednerin und sagt von sich selbst, sie habe nie das Gefühl gehabt, unter ihren männlichen Kollegen benachteiligt zu sein oder sich nicht durchsetzen zu können. Dabei kommt sie nicht mit einer donnernden tiefen Stimme daher, sondern intoniert hell, klar, lebendig und pointiert. Stimmtraining war für sie in ihrem späteren Berufsleben kein Thema mehr. Im Mai dieses Jahres hatte sie dann aber doch ein internes Training in London, bei dem es darum ging, sich selbst und seine Arbeit vorzustellen. Das Feedback der Kollegen: "Empathie durch Gestik und Mimik, aber stimmlich etwas zu schwach und zu wenig überzeugend." Sie solle das Gleiche doch einmal auf Deutsch vortragen, da sie ja in Deutschland arbeite, lautete der Vorschlag. Das Ergebnis: Sie klang in den Ohren der Zuhörer überzeugender. Verwunderlich ist das kaum, hat jede Sprache doch ihre eigene Klangmelodie und gelten die Deutschen schon deswegen eher als sachlich und kompetent. Der Ton macht eben die Musik, und beim Stimmtraining erfährt Frau, wie sie die Klaviatur der Stimme bewusst einsetzen und souverän nutzen kann. Und damit hat sie schon gewonnen.

Weitere Infos unter: http://sprechbarberlin.de/ oder http://www.pauljohannesbaumgartner.de/

Martina Vetter

Der Nachwuchs sucht Mittelständler

Am liebsten zu einem mittelständischen Projektentwickler in die
Rhein-Main-Region lautet die Wunschkombination der baldigen
Berufseinsteiger in der diesjährigen Umfrage zur IZ-Joboffensive.

Am liebsten zu einem mittelständischen Projektentwickler in die Rhein-Main-Region lautet die Wunschkombination der baldigen Berufseinsteiger in der diesjährigen Umfrage zur IZ-Joboffensive.

Bild: Andrey Kiselev/Fotolia.com

Karriere 04.10.2012
Zu Beginn ihres Studiums haben viele junge Menschen zunächst nur eine grobe Vorstellung davon, wo sie der Job einmal hinführen soll. Nach den ersten Praktika und Nebenjobs sowie mit steigender ... 

Zu Beginn ihres Studiums haben viele junge Menschen zunächst nur eine grobe Vorstellung davon, wo sie der Job einmal hinführen soll. Nach den ersten Praktika und Nebenjobs sowie mit steigender Semesterzahl wird den Studenten jedoch langsam klar, was sie sich beruflich vorstellen können - und was nicht. Ob Branchensegment, Stadt oder Unternehmensgröße, die 714 teilnehmenden Studenten immobilienwirtschaftlicher Studiengänge haben ihre Präferenzen in der diesjährigen IZ-Joboffensive klar geäußert und sich dabei auch noch Verhandlungsspielraum gelassen.

Die Königsklasse der Immobilienwirtschaft - die Projektentwicklung - hat ihre Anziehungskraft auf den Nachwuchs nicht verloren. Zum neunten Mal in Folge verteidigt dieses Segment seine Spitzenposition in der jährlichen Umfrage zur Joboffensive. An der Arbeitsmarkt- und Gehaltsumfrage der Immobilien Zeitung beteiligten sich in diesem Jahr 714 Studenten immobilienwirtschaftlicher und verwandter Studiengänge. Jeder fünfte von ihnen würde nach seinem Abschluss am liebsten in die Projektentwicklung einsteigen. Auf Rang zwei der Beliebtheitsskala steht wie auch schon in den beiden Vorjahren das Asset- und Property-Management, das sich jeder Sechste als späteres Einsatzgebiet wünscht. Knapp jeder zehnte Student sieht sich im Segment Bewertung und Rang vier teilen sich die drei Teilsegmente Fondsmanagement, Projektsteuerung/-management und Immobilienberatung.

Obwohl in diesem Jahr insgesamt fünf Maklerhäuser zu den fünfzehn Top-Arbeitgebern zählen, gehören die Segmente Vermittlung von Wohnimmobilien (4%) bzw. Vermittlung von Gewerbeimmobilien (2%) nicht zu den favorisierten Tätigkeitsbereichen des Nachwuchses. Ins Facility-Management zieht es ebenfalls nur 4% der Umfrageteilnehmer. Einige feine Unterschiede zeichnen sich zwischen den Geschlechtern ab: Männer begeistern sich stärker fürs Fondsmanagement und die Projektentwicklung, während es die Frauen stärker in das/die Projektmanagement/-steuerung sowie die Vermittlung von Wohnimmobilien zieht. Und es gibt auch eine Gruppe, die die Projektentwicklung nicht auf den ersten Platz setzt: die Studenten an Fachhochschulen. Sie nennen das Asset- und Property-Management an erster Stelle.

Doch nicht nur das Branchensegment, sondern auch die Unternehmensgröße ist ein wichtiges Attribut bei der Wahl des künftigen Arbeitgebers. Großkonzerne haben andere Strukturen als mittelständische Familienunternehmen und eine angelsächsisch geprägte Unternehmenskultur unterscheidet sich von einer vertrauteren deutschen. Was bevorzugen also die baldigen Berufseinsteiger?

37% wollen zu Mittelständlern

Die Befragungsteilnehmer zieht es wie schon im Vorjahr am ehesten in mittelständische Unternehmen: 37% möchten in Betrieben mit weniger als 500 Mitarbeitern beschäftigt sein. Das ist eine schlaue Strategie, denn 95% der Stellenangebote werden von Betrieben mit weniger als 500 Mitarbeitern gestellt. Kleine und mittlere Betriebe sorgten für einen stabilen Stellenmarkt, heißt es in einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Der Arbeitskräftebedarf dieser Betriebe sei im zweiten Quartal 2012 leicht positiv und die Zahl der offenen Stellen habe sich um 4% im Vergleich zum Vorjahresquartal erhöht. Das Grundstücks- und Wohnungswesen zählt dabei zu den Bereichen, die einen besonders hohen Anstieg zu verzeichnen hatten. Anders hingegen sieht es bei den Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern aus. Dort sei nach der IAB-Untersuchung die Zahl der offenen Stellen im zweiten Quartal 2012 auf knapp 50.000 gesunken im Vergleich zum Vorjahresquartal (65.000). "Die Großbetriebe sind aufgrund ihrer stärkeren internationalen Verflechtung besonders von der anhaltenden Unsicherheit über die weitere Entwicklung in Europa beeinflusst", erklärt die IAB-Arbeitsmarktforscherin Anja Kettner. Obwohl Großbetriebe aktuell nur ca. 5% der Stellenangebote stellen, sind sie für die Studenten als künftige Arbeitgeber von Interesse: Ein Drittel der Teilnehmer würde gern in einem solchen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten arbeiten. Und immerhin 19% der Studenten wären gerne ihr eigener Chef und selbstständig tätig. Während sich jeder vierte Student eine Selbstständigkeit vorstellen kann, sind es bei den Studentinnen nur 12%.

Am liebsten ins Rhein-Main-Gebiet

Die Studenten haben nicht nur klare Präferenzen bei ihrem späteren Tätigkeitsfeld, sondern auch bei ihrem Einsatzort: Ganz oben auf der Wunschliste steht Frankfurt mit dem Rhein-Main-Gebiet (16%). Damit schiebt sich das wirtschaftliche Powerhouse vor Hamburg und Berlin. Aber auch München, Stuttgart und Leipzig gehören zu den favorisierten Regionen. Offen für die Möglichkeiten, die sich bieten werden, sind immerhin 6% der Studenten: Sie würden überall hingehen.

Auch das Ausland stellt für 56% der Befragungsteilnehmer eine Alternative dar. Besonders reiselustig sind Studenten an Universitäten, von denen es 72% in die Ferne zieht. Auch Studenten im Erststudium könnten sich einen Weggang aus Deutschland vorstellen, während Studenten an sonstigen Bildungseinrichtungen, wie z.B. Weiterbildungsakademien, das Ausland am wenigsten reizt. Besonders beliebt bei den 401 Studenten, die gern im Ausland arbeiten würden, sind die USA (22%) und Großbritannien (20%). Hauptsache weg, egal wohin, ist für jeden Zehnten eine Option.

Sonja Smalian