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Die Erfahrung macht es und nicht die Software

Auch beim Verkauf von Logistikimmobilien wie der der Hella Werkzeugbau werden Gutachten nachgefragt.

Auch beim Verkauf von Logistikimmobilien wie der der Hella Werkzeugbau werden Gutachten nachgefragt.

Bild: Engel & Völkers

Karriere 31.10.2013
Immobilienbewertungen werden immer mehr nachgefragt. Der Immobilienkunde benötigt sie für die Finanzierung. Die Bank arbeitet damit bei der Bewertung ihrer Kredite, und jedes Unternehmen, das ... 

Immobilienbewertungen werden immer mehr nachgefragt. Der Immobilienkunde benötigt sie für die Finanzierung. Die Bank arbeitet damit bei der Bewertung ihrer Kredite, und jedes Unternehmen, das jährliche Bilanzen vorlegt und Immobilienbesitz hat, muss für diesen auch eine Wertermittlung vorlegen. Doch wer kann solch ein Gutachten liefern? Der Makler? Der Gutachter? Welche Ausbildung ist dafür nötig, und wie sieht es mit der Haftung für diese Bewertung aus? Ein Einblick in die Wertermittlung.

Sie heißen ST-Xenn und K.IM, Basic und Market-Value. Bei deutschen Banken gehört Lora zum Standard, international ist das cashflowbasierte System Argus gefragt. "Manche Gutachter haben bis zu fünf Programme im Büro, weil jeder Kunde ein anderes Produkt benutzt", verrät Steffen Schröder. Er ist öffentlich vereidigter Sachverständiger und als Gutachter tagtäglich damit betraut, Wohn- und Logistikimmobilien, Handels-, Gewerbe- und Bürobauten zu bewerten.

Aus Unsinn kann auf keinen Fall Wahrheit werden

"Die Software allerdings", da ist er sich mit Falk Schollenberger, Managing Partner bei NAI apollo valuation & research, einig, "sagt über die Qualität der letztlichen Bewertung nichts aus." Drastischer ausgedrückt: "Wo Unsinn eingegeben wird, kann keine Wahrheit herauskommen", nennt Schollenberger das Problem beim Namen. Es ist also letztlich nicht das verwendete Programm, das einem Gutachter dazu verhilft, eine stimmige Immobilienbewertung abzugeben, sondern die fundierte Ausbildung und vor allem die eigene Erfahrung. Die braucht er auch, denn er haftet bis zu 30 Jahre lang für seine Aussagen.

Entsprechend sind die meisten Maklerbewertungen keine wirklichen Bewertungen, sondern Einschätzungen, die jene aufgrund ihrer Erfahrung im Markt machen. "Diese einfachste Form der Bewertung wird in unserem Haus oft von erfahrenen Mitarbeitern gemacht, die die jeweilige Gegend und den dortigen Immobilienbestand sehr gut kennen und die Immobilie auch besichtigt haben. Sie ist im ersten Schritt oft sogar kostenfrei", erzählt Alexander Lampert, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Hamburg.

Etwas fundierter ist das Meinungsbild, das ein Makler einem Kunden im Rahmen eines normalen Verkaufsprozesses gibt. Es ist meist hinterlegt mit Vergleichsobjekten, basiert aber nicht auf Verfahren der Ermittlungsverordnung. Gutachten, die eine Bank etwa im Rahmen einer Finanzierung einfordert, sind hingegen rechtsverbindlich und müssen von ausgebildeten Sachverständigen bzw. Gutachtern ausgestellt werden. Sie müssen die Wertermittlungsverordnung abbilden und der Gutachter kann für sie haftbar gemacht werden. Noch haftungsanfälliger sind Gutachten, die im Rahmen von Börsengängen erstellt werden, denn hier haftet der ausstellende Sachverständige gegenüber jedem, der diese Aktie zeichnet. Auch bei jährlich erscheinenden Bilanzierungen diverser Unternehmen werden Gutachten gefordert, da mit ihrer Hilfe der Wertverlust bzw. Wertgewinn der im Bestand gehaltenen Immobilien errechnet werden kann.

Ausbildung ja, doch die Erfahrung macht den Meister

Wer als Gutachter solche Arbeiten erledigen kann, ist zumindest aktuell gut im Geschäft. Denn angesichts des florierenden Immobilienmarkts fließen die Aufträge und versprechen ein regelmäßiges hohes Einkommen. Nur, für jeden ist das Geschäft nicht zugänglich. Sachverständige, die Gutachten vorlegen dürfen, müssen eine Ausbildung durchlaufen. Diese endet im Regelfall mit der sachlichen und fachlichen Prüfung seitens der IHK. Eine Mitgliedschaft bei dem internationalen Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) wird insbesondere von internationalen Kunden gefordert und die Kompetenz des Bewerbers beim Eintritt auch hier geprüft. Das so genannte HypZert ist wiederum eine Zertifizierung, die von akkreditierten Ausbildungsstellen abgenommen wird, und auch die Ausbildung per Hochschulstudium ist möglich.

"Es gibt sehr unterschiedliche Anforderungen an die Berufszugehörigkeit", verrät Schröder, "doch sicher ist, dass ein Gutachter multidisziplinäres Wissen haben muss." Neben der Fachausbildung ist zudem die tägliche Bewertungsarbeit eine unabdingbare Voraussetzung für die Qualität der Arbeit. Entsprechend setzen viele Zertifizierungen eine fünf- bis siebenjährige Berufserfahrung voraus. Die muss der Gutachter allerdings erst einmal erwerben.

Klar, dass es sich da auszahlt, wenn jemand wie Falk Schollenberger fundierte Erfahrung aufweisen kann. Schollenberger ist seit 15 Jahren in der Bewertung tätig. Bevor er bei NAI apollo valuation & research einstieg, war er bei Jones Lang LaSalle und zuvor bei Dr. Lübke tätig. Letzterer war damals eines der ersten Unternehmen, das sich mit der Bewertung von Wohnraum beschäftigte. In der Folge war Schollenberger auch bei Jones Lang LaSalle in dem Team dabei, das dort die Wohnraumbewertung erstmals einführte. "Wohnen und Gewerbe sind grundsätzlich zwei unterschiedliche Bewertungswelten", informiert er. Natürlich müsse man in beiden Fällen viele Details prüfen, das Grundbuch begutachten, Liegenschaftskarten wälzen und natürlich das Objekt besichtigen.

Doch bei Gewerbebauten spiele vor allem der über fünf oder zehn Jahre angelegte Mietvertrag in Verbindung mit der Nachvermietungswahrscheinlichkeit eine Rolle bei der Einschätzung des tatsächlichen Gebäudewertes. Dazu komme der Eingangsbereich, das Entrée, das sowohl im Gewerbeals auch im Wohnsektor über den ersten Eindruck von der Anlage entscheidet. Im Wohnsektor sind zudem noch eine Reihe weiterer Faktoren für den endgültigen Wert des Objekts ausschlaggebend. Der Mieter kann praktisch jeden Tag entscheiden, ob er ausziehen möchte. Zudem gibt es eine ganze Reihe von weichen Faktoren wie den Grundriss der Wohnung oder die Mieterstruktur. "Wer einmal in einem Haus gewohnt hat, in dem ein Nachbar nachts gerne Partys feiert, weiß, wie wichtig jene Struktur ist", lacht Schollenberger. Auch das Vorhanden- oder Nicht-Vorhandensein eines Balkons kann für eine Nachvermietung ausschlaggebend sein.

Eine kleine Wohnung, in der gerade einmal ein Single Platz findet, vermietet sich auch ohne Balkon. Denn der Single zieht einfach aus, wenn er einen Partner gefunden hat, mit dem er zusammenziehen möchte. Eine große Wohnung ohne Balkon ist hingegen kaum vermietbar. Denn sie wird in der Regel von Familien bewohnt, die natürlich langfristiger denken. In ländlichen Gegenden haben hingegen Wohnungen über 100 m2 Wohnfläche keinen Markt, denn hier ist in dieser Größenordnung eher das Haus gefragt. In Häusern ohne Aufzug sind wiederum die obersten Wohnungen preiswerter als jene in Häusern mit Aufzug. "Das ist der so genannte Kraxelbonus", schmunzelt der Immobilienfachmann weiter, "den weiß jeder zu schätzen, der einmal einen Wasserkasten in das oberste Stockwerk geschleppt hat."

Alle diese Feinheiten kann keine Software bewerten. Sie ist lediglich ein Mittel, um die Gedankengänge des Bewerters weiterzugeben. Deshalb sind die Erfahrung und das Wissen jenes Fachmanns im jeweiligen Markt ein unverzichtbares Instrument für eine qualitativ hochwertige Bewertung. "Hilfsmittel ist dabei oft auch das gute alte Excel, mit dem sich viele Daten eingeben lassen, die ansonsten untergehen", erklärt Schollenberger.

Sämtliche Annahmen wollen offengelegt werden

Denn eine wirklich gute Immobilienbewertung muss sämtliche Annahmen offenlegen. Sie muss darstellen, wie der Bewerter zu seinem Ergebnis kommt, und dies auch begründen. Zur Begründung gehört bei der Wohnraumbewertung etwa der fehlende Balkon, beim Einzelhandel hingegen das Vorhandensein direkter Konkurrenz am selben Standort.

Entsprechend besteht ein Gutachten aus drei Bestandteilen. Teil eins beschreibt das Objekt, das der Bewerter am betrachteten Stichtag besichtigt hat. Es wird beschrieben und in der Anlage oft mit Fotos, Grundbuchauszug und mehr dokumentiert. "Der Stichtag des Gutachtens ist wichtig, denn entsprechend der Marktentwicklung kann ein Objekt bereits nach einem Jahr einen komplett anderen Preis erzielen", erläutert Schröder. Im Anschluss steht die Abbildung des Marktes und die Einpassung des Objekts in seinen Eigenschaften in diesen Markt. In diesem Zusammenhang müssen der Ertrags- und Sachwert sowie der Vergleichswert des Objekts nach der Ermittlungsverordnung angegeben werden. Hier finden entsprechende Modelle und Kalkulationen sowie Wertableitungen Platz. Das Ergebnis stellt schließlich die klare Einschätzung des Objekts selbst dar, natürlich in Kombination mit den Zusatzinformationen, die der jeweilige Gutachter im Zusammenhang mit der Bewertung gesammelt hat.

Entsprechend der unterschiedlichen Umfänge der Gutachten differieren die Kosten dafür. Früher wurde nach HOAI abgerechnet, inzwischen sind die Preise frei vereinbar. Weil Gutachter aber für ihre Gutachten haften, müssen sie in ihre Kalkulation auch eine entsprechende Versicherung mit einberechnen, und die kann sehr hoch liegen.

Lohnt es sich also, als Makler auch ins Gutachtergeschäft einzusteigen? Nun, als kurzes Zusatzgeschäft eignet sich dieser Marktzweig sicher nicht, allein schon aufgrund der Versicherungssummen und der nötigen Ausbildung. Sicher ist jedoch, dass gute Gutachter hierzulande gut im Geschäft sind. "Ein Sommerloch", so lächelt Schollenberger, "kenne ich derzeit nicht."

Christine Ryll

Verein Frauen in der Immobilienwirtschaft wählt Vorstand

Der neue Vereinsvorstand (v.l.n.r.): Sabine Wieduwilt, Susanne Bendfeldt, Christine Hager, Jovita Galster-Döring und Cornelia Eisenbacher.

Der neue Vereinsvorstand (v.l.n.r.): Sabine Wieduwilt, Susanne Bendfeldt, Christine Hager, Jovita Galster-Döring und Cornelia Eisenbacher.

Bild: Fotostudio Mein Foto/Maik Sempf

Köpfe 29.10.2013

Winfried Siebers zu Bewährungsstrafe verurteilt

Winfried Siebers vor dem Modell des Kranhauses in Köln, für das Development Partner 2009 einen Mipim Award bekam.

Winfried Siebers vor dem Modell des Kranhauses in Köln, für das Development Partner 2009 einen Mipim Award bekam.

Bild: law

Köpfe 25.10.2013
Winfried Siebers, Vorstand von Development Partner (u.a. Kranhaus Köln), ist am heutigen Freitag vom Landgericht Bochum wegen Beihilfe zur Untreue und Steuerhinterziehung bei einem ... 

Winfried Siebers, Vorstand von Development Partner (u.a. Kranhaus Köln), ist am heutigen Freitag vom Landgericht Bochum wegen Beihilfe zur Untreue und Steuerhinterziehung bei einem Grundstücksdeal in Braunschweig zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Das Landgericht Bochum sah es als erwiesen an, dass er 2005 einem Mitarbeiter von Karstadt Immobilien 200.000 Euro zahlte, damit dieser ihm ein Grundstück in Braunschweig 200.000 Euro unter Wert verschaffte. Siebers war seinerzeit Geschäftsführer der Projektgesellschaft, die die Immobilie erworben hatte. Development Partner hält nach eigenen Angaben 30% dieser Gesellschaft. Den Vorwurf der Bestechung und Beihilfe zum Betrug gegen Siebers ließ das Gericht fallen.

Der ehemalige Karstadt-Mitarbeiter Rolf P. aus Bochum bekam, weil er sich auch noch an anderen Grundstücksgeschäften bereicherte, zwei Jahre auf Bewährung und eine Geldstrafe von 50.000 Euro. Ein dritter Angeklagter kam mit einer Geldstrafe von 60.000 Euro davon.

Bei Development Partner interpretiert man das für Siebers verhängte Strafmaß dahingehend, dass das Gericht ihn für geeignet halte, seinen Vorstandsposten fortzuführen. Der Aufsichtsrat und die Gesellschafter des Unternehmens haben Siebers ihr "volles Vertrauen" ausgesprochen und wollen die Zusammenarbeit fortsetzen.

Einen ausführlichen Bericht zur Verhandlung lesen Sie in der am 31. Oktober erscheinenden Ausgabe 43/2013 der Immobilien Zeitung.

Christoph von Schwanenflug,Lars Wiederhold