Der Klimawandel, die Pandemie, die Digitalisierung und die gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit stellen die Arbeit der Aufsichtsräte von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) künftig ...
Der Klimawandel, die Pandemie, die Digitalisierung und die gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit stellen die Arbeit der Aufsichtsräte von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) künftig vor größere Herausforderungen. In einem Praxisleitfaden hat das Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) ein Best-of für die Besetzung dieser Gremien zusammengetragen.
Welche Rolle spielte der Aufsichtsrat beim Wirecard-Skandal? Und welche bei dem Abgasbetrug von Volkswagen? Ziehen dunkle Wolken über einem Unternehmen auf, richten sich die Blicke der Öffentlichkeit schnell auf das Kontrollgremium. Das färbt indirekt auch auf andere Branchen ab, der Aufsichtsrat rückt zunehmend ins Rampenlicht.
Das ICG fordert die Immobilien-KVGs und insbesondere ihre Haupt- und Gesellschafterversammlungen nun auf, sich bei der Besetzung ihrer Aufsichtsräte besser zu rüsten. Es soll Schluss sein mit dem Altherrenclub, bestehend aus schillernden Namen, alten Seilschaften und ausgedienten Geschäftsführern, die im Verborgenen agieren und allein die Geschäftszahlen im Blick haben. Ein solches Klischee soll sich zu einem Bild von Gremien wandeln, die auf eine breite und tiefe Wissensbasis, eine klare Definition der Aufgaben, transparente Datengrundlagen und aktiven Anlegerschutz setzen. So wünscht es sich das ICG in seinem Praxisleitfaden. Unter der Leitung von Georg Allendorf, Susanne Eickermann-Riepe, Ingo Hartlief und Werner Knips hat ein Arbeitskreis mit weiteren namhaften Vertretern der Immobilienbranche ein Idealbild für KVG-Gremien zusammengesetzt.
Erste Punkte sind schon zu beachten, bevor es überhaupt einen Aufsichtsrat gibt. "Ein transparenter und systematischer Prozess zur Zusammensetzung, Suche und Auswahl ist unbedingt erforderlich", stellt das ICG klar. Das wirke nicht nur nach innen, weil dadurch die Qualität steige, sondern auch nach außen, in dem es auf das Reputationskonto einzahle.
Mehr Transparenz muss es nach Ansicht des Instituts darüber hinaus auch bei der Formulierung der konkreten Aufgaben des Rats geben. Daraus lässt sich dann auch die Unabhängigkeit des Gremiums ableiten und konkret darstellen.
Um auf die verschiedenen Herausforderungen der Zukunft zu reagieren, bedürfe es zudem einer guten Mischung von internen Kennern des Geschäfts und von Branchenexternen, die etwa in Sachen Klimaeffizienz Input aus anderen Wirtschaftszweigen einbringen können. "Mindestens die Hälfte des Aufsichtsrats sollte durch externe und unabhängige Experten besetzt sein", fordert ICG-Chefin Eickermann-Riepe. "Es ist zudem von Vorteil, wenn es Mitglieder gibt, die ein gewisses Verständnis davon haben, wie man sich als Anleger fühlt", rät Allendorf.
Zudem fordert das Institut bei der Besetzung der Posten im Aufsichtsrat transparentere Informationen zur Eignung der Kandidaten sowie letztlich auch ihrer Vergütung. Für letzteres gibt es eine Spanne von 34.500 bis 46.000 Euro für jährlich 15 bis 20 Tage an. Das seien Werte, die sich aus der Diskussion im Arbeitskreis ergeben haben, erklärt Allendorf. Allerdings könne der Tagessatz stark variieren, beispielsweise je nach Größe der KVG, dem Volumen des verwalteten Vermögens sowie den Aufgaben und der individuellen Qualifikation der Aufsichtratsmitglieder, ergänzt Eickermann-Riepe.
Insgesamt fordert das Institut also die KVGs auf, sich auch teils unbequeme Aufsichtsratsmitglieder ins Boot zu holen, die die Prozesse stärker hinterfragen. "Aber wenn es kritisch wird", wirft Allendorf ein, "dann sind sie sich gewiss, dass sie kompetente Partner an ihrer Seite haben".