Start-ups müssen wachsen, und dafür brauchen sie Leute. PlanRadar, ein Wiener Proptech für Baudokumentation, entwächst den Kinderschuhen langsam, stellt aber immer noch ordentlich ein. ...
Start-ups müssen wachsen, und dafür brauchen sie Leute. PlanRadar, ein Wiener Proptech für Baudokumentation, entwächst den Kinderschuhen langsam, stellt aber immer noch ordentlich ein. Im Recruiting haben die beiden Co-CEOs Sander van de Rijdt und Ibrahim Imam jetzt mehr Auswahl.
Immobilien Zeitung: Vor einem Jahr hat PlanRadar bei Investoren 30 Mio. Euro für die internationale Expansion eingesammelt. Sie wollen den Umsatz jedes Jahr verdoppeln bis verdreifachen. Hat Ihnen Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht?
Ibrahim Imam: In unserem Kernmarkt, der Dach-Region, waren wir 2020 nah dran an unserem Prä-Covid-Ziel: Der Umsatz hat sich knapp verdoppelt. Den Kick-off in unseren acht neuen Märkten - von Russland bis Italien - mussten wir komplett remote über die Bühne bringen: von der Gründung der Standorte über das Anheuern der Mitarbeiter bis hin zum Onboarding. Das war schon eine große Umstellung. Wir legen sonst Wert darauf, dass unsere Leute zusammen im Büro arbeiten und sich wenigstens in den Kernzeiten sehen. Homeoffice kannten wir früher praktisch nicht. Wer 100% remote arbeitet, baut keine persönliche Beziehung zum Unternehmen und zu seinen Kollegen auf - und ist schnell wieder weg, wenn einer 1.000 Euro mehr bietet.
IZ: Wie viele Leute haben Sie 2020 eingestellt?
Imam: Knapp 100. Damit haben wir jetzt um die 160 Mitarbeiter. Jeden Monat stellen wir zwischen zehn und 20 neue Kollegen ein.
IZ: Welche Jobs haben Sie im Angebot?
Sander van der Rijdt: Wir suchen in vielen Bereichen: Sales, Digital und Content Marketing, Controlling, Order Management, Customer Success und Software Development.
IZ: Das klingt nicht so, als hätte Ihr Business viel mit dem Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden zu tun. Benötigen Ihre Leute auch Immobilien- und Bau-Know-how?
Imam: Wir haben auch viele Architekten, Elektrotechniker oder ehemalige Bauleiter in unseren Reihen. Nur arbeiten sie bei uns in anderen Rollen, z.B. als Consultant, der dem Kunden auf Augenhöhe begegnen kann. Das ist schon ein Vorteil. Wir können aber auch Leute aus der Luftfahrt oder der Tourismusbranche gebrauchen.
"Viele Kandidaten sind sofort verfügbar"
IZ: Da dürfte es aktuell ja einige Anwärter geben ... Spüren Sie die Corona-Krise an den Bewerbungen?
van der Rijdt: Obwohl der Markt beispielsweise für gute Softwareentwickler oder Digital Marketing Manager beinahe leergefegt ist, haben wir 2020 viel mehr Bewerbungen bekommen, über 12.000. Im Jahr davor waren es deutlich weniger, vielleicht 7.000 oder 8.000. Es werden spürbar mehr High Potentials durch Headhunter angeboten, und viele Kandidaten sind sofort verfügbar. Anhand der Fragen der Bewerber spürt man, dass vielfach große Unsicherheit herrscht, wie sich die Joblandschaft im deutschsprachigen Raum kurz- bis mittelfristig entwickelt.
IZ: Wie finden Sie heraus, ob es jemand draufhat und ins Unternehmen passt?
Imam: Wir haben einen empirischen Zugang entwickelt und vergleichen alle Bewerber gegen die Bewerbungsprofile unserer besten Mitarbeiter im jeweiligen Bereich.
IZ: Wie funktioniert das?
Imam: Wir haben uns in mühevoller Kleinarbeit mit Excel ein eigenes Bewertungssystem gestrickt. Alle, die an einem Vorstellungsgespräch teilgenommen haben, quantifizieren alle möglichen Aspekte. Dabei spielen auch Dinge wie Augenkontakt und Bauchgefühl eine Rolle: Kann ich mir vorstellen, mit dem- oder derjenigen zusammenzuarbeiten? Wie ist er oder sie mit Fragen umgegangen, wo wir wissen, dass er sie gar nicht beantworten kann. So kommen die Führungskraft, die Fachabteilung usw. jeder für sich zu einem Scoring. Am Ende steht ein Gesamtscoring, und das können wir dann gegen die Einstiegsprofile unserer bestehenden Best Performer vergleichen. Dieses Vorgehen hat einen sehr positiven Effekt auf unsere Fluktuation.
IZ: Was kann man bei PlanRadar verdienen?
van de Rijdt: Softwareentwickler sind schwer zu finden, die Nachfrage ist viel höher als das Angebot. Die Spezialisten können sich im Prinzip aussuchen, wo sie arbeiten. Das Gehalt spielt da weniger die entscheidende Rolle. Wichtiger sind die Inhalte, die Technologie, das muss eine spannende Challenge sein.
IZ: Wenn das Gehalt nicht entscheidend ist, können Sie uns ja eine Spanne nennen ...
van der Rijdt: Ein Junior fängt in Österreich oder Deutschland wahrscheinlich mit 50.000 Euro im Jahr an. Das Ende der Fahnenstange liegt vielleicht bei 150.000 Euro. Das kommt aber ganz auf die Technologie und viele andere Dinge an.
IZ: 50.000 Euro für einen Anfänger? Ich habe einen Fehler bei der Berufswahl gemacht.
van der Rijdt: Dabei sind die Softwareentwickler nicht mal unsere Spitzenverdiener. Am meisten verdienen die Kollegen aus dem Sales. Wenn es gut läuft, liegen die noch deutlich über den Entwicklern - das ist aber stark ergebnisabhängig. Da verteilt sich das Gehalt fifty-fifty aufs Fixum und Provisionen.
IZ: Bei Softwareschmieden denkt man an männliche Nerds. Gibt es bei PlanRadar auch ein paar Frauen?
van de Rijdt: Wir haben 40% Frauen im Team, für ein IT-Unternehmen kombiniert mit Bau und Immobilien ist das ein ziemlich guter Wert. Bei den Mitarbeitern, für die ich zuständig bin, sind es sogar 60%.
IZ: Meine Herren, ich danke Ihnen für die kurzweilige Unterhaltung!
Die Fragen stellte Harald Thomeczek.