Lars Jacob ist seit April 2020 Personalchef des schwedischen Bauträgers Bonava in Deutschland. Jacob ist Quereinsteiger in die Immobilienwirtschaft, er hat vorher u.a. bei Wettbewerbern ...
Immobilien Zeitung: Herr Jacob, Sie haben im ersten Lockdown bei Bonava angefangen. Was haben Sie alles angestoßen?
Lars Jacob: Wir bereiten eine Recruitingkampagne vor, mit der wir zeigen wollen, dass wir ein attraktiver Arbeitgeber sind - und was uns dazu macht. Ende 2020 haben wir etwa 200 Stellen für 2021 budgetiert, auch für Aufgaben, die Bonava bisher outgesourct hat. Wir wollen mehr in die Aus- und Weiterbildung investieren, als wir das früher gemacht haben. Die Entwicklung von Führungskräften ist ein weiterer wichtiger Punkt.
IZ: Arbeitgeberbewertungsportale sind für Jobsucher zu einer sehr wichtigen Informationsquelle geworden. Bonava bekommt bei Kununu von Mitarbeitern und Bewerbern im Schnitt 3,3 Sterne von fünf möglichen. Die Weiterempfehlungsrate liegt bei 56%, und 52% der Kollegen bewerten ihr Gehalt als gut oder sehr gut. Wie zufrieden sind Sie mit diesen Werten?
Jacob: Natürlich sind wir damit nicht zufrieden, das könnte deutlich besser sein. Es ist nicht so, dass wir vor Kununu zittern wie das Kaninchen vor der Schlange. Aber zugegeben: Wir müssen in der Kommunikation deutlich besser und schneller werden.
IZ: Bei Kununu, so sagen Arbeitgeber, melden sich überproportional viele Unzufriedene zu Wort.
Jacob: Das stimmt auch. Nehmen Sie das Beispiel Gehalt: Der Konzern macht zweimal im Jahr eine große Mitarbeiterumfrage. Und die zeigt deutlich: Das Gehalt ist kein Thema für unsere Leute. Mit unseren Maßnahmen und unserer Kommunikation in Corona-Zeiten sind die Mitarbeiter sehr zufrieden, unsere Wiederempfehlungsrate ist gestiegen. Zwei, drei Beiträge auf Kununu, die einfach nicht korrekt waren, haben wir auch löschen lassen.
IZ: Stichwort Gehalt: Was kann man bei Bonava verdienen?
Jacob: Das orientiert sich am klassischen Bautarifvertrag bis Gehaltsgruppe 10. Es gibt klare Regeln, nach denen Mitarbeiter eingruppiert werden. Darüber hinaus gucken wir aber natürlich auch, was wir außertariflich anbieten können; das schließt Bonuszahlungen für bestimmte Bereiche ein. Perspektivisch könnte es auch darum gehen: Will ich lieber die Chance auf einen größeren Bonus und dafür ein kleineres Festgehalt oder mehr Sicherheit und nur einen kleinen Bonus.
IZ: Im IZ-Arbeitgeberranking, für das alljährlich Studenten nach ihren Wunscharbeitgebern befragt werden, stehen im Grunde immer dieselben Unternehmen vorne - diejenigen, die sich am besten verkaufen können. Bonava gehört offenbar nicht dazu ...
Jacob: Wir müssen erst mal sichtbar werden, auch für Studenten, das stimmt. Deshalb wollen wir in Zukunft auch an die Hochschulen gehen und zeigen, was wir alles anbieten. Wir müssen uns als Unternehmen besser erklären.
IZ: Was hat Bonava denn zu bieten?
Jacob: Wir bieten in Zusammenarbeit mit verschiedenen Hochschulen duale Studienplätze an. Und wir bilden auch aus, übrigens auch gewerbliche Mitarbeiter: Junge Leute, die Maurer werden wollen, müssen Sie auch erst mal finden. Wir würden gerne mehr gewerbliche Kollegen ausbilden. Jetzt im Sommer bekommen wir 22 neue Azubis dazu, dann haben wir knapp 60 in vielen verschiedenen Bereichen im Haus. Und wir entwickeln unsere Mitarbeiter auch weiter: Parallel zur Maurerausbildung kann man bei uns z.B. an der Fachhochschule lernen, wie eine Projektentwicklung insgesamt aufgebaut ist, und sich zusätzlich zum Bauleiter qualifizieren.
IZ: Was für Jobs haben Sie im Angebot?
Jacob: Wir suchen alles vom Studierten bis zum Gewerblichen, vom Planer und Architekten bis zum Bauleiter, Polier oder Maurer, auch klassische Kaufleute und Personaler. Digitalisierung nimmt auch einen großen Raum ein. Wir schaffen außerdem neue Berufsfelder, z.B. im Tiefbau oder in der Freiraumplanung. Um die 120 Stellen haben wir ungefähr schon besetzt, offen sind noch ca. 100. Aktuell stehen wir bei exakt 1.056 Kollegen.
IZ: Bonava ist laut der aktuellen Projektentwicklerstudie 2021 von Bulwiengesa mit ca. 1,1 Mio. m² Projektfläche jetzt schon mit Abstand der größte Trader-Developer in Deutschland. Brauchen Sie so viele neue Leute, weil die Projektpipeline noch weiter anschwillt?
Jacob: Das auch. Wir wollen jetzt aber auch manche Sachen, die wir bisher nach draußen gegeben haben, intern erledigen. In der Planung z.B. können Dinge eigenverantwortlich besser gelingen, wenn wir unsere Bauweise nicht noch mal einem Externen erklären müssen. So können wir auch schneller agieren. Eigene Teams wollen wir für den Tiefbau aufbauen oder die Freiraumplanung, die Erschließungsplanung und die Baugrubenplanung.
"Wir gehen auch Wege des Guerilla-Marketings"
IZ: Zurück zu Ihrer Recruiting-Kampagne: Was genau hat es damit auf sich?
Jacob: Wir gehen das in kleinen Schritten an und weisen erst mal in der Region darauf hin, dass wir einstellen. Wir schalten Imageanzeigen, gehen aber auch Wege des Guerilla-Marketings, und vielleicht sehen Sie uns bald auch beim Tanken an den Zapfsäulen.
IZ: Fürstenwalde ist nicht gerade der Nabel der Welt. Haben Sie einen Standortnachteil im Recruiting?
Jacob: Von wegen Standortnachteil - wir haben einen Standortvorteil! Wegen Corona wollen doch alle ins Umland - wir sind schon da! Und die Verbindung nach Berlin ist auch gut. Vom Bahnhof Ostkreuz sind Sie in weniger als einer halben Stunde direkt am Bahnhof Fürstenwalde.
IZ: Und immer nur Präsenzarbeit ist ja auch gar nicht notwendig, wie uns Corona gezeigt hat.
Jacob: Genau. Wir bieten dauerhaft zwei Tage mobiles Arbeiten an, das macht uns für Pendler aus Berlin noch interessanter. Wir stellen teilweise auch das IT-Equipment. Mitarbeitern, die zuhause z.B. einen größeren Bildschirm brauchten, haben wir ein entsprechendes Angebot gemacht.
IZ: Sie haben auch Führungspositionen neu geschaffen.
Jacob: Ja, Teamleiter, 15 bis 20 zusätzliche. Es gab Strukturen, wo zu viele Mitarbeiter an eine einzige Führungskraft berichtet haben. Wir haben die Teams verkleinert.
IZ: Nicht jeder gute Mitarbeiter ist auch eine gute Führungskraft.
Jacob: Absolut. Deshalb lernen unsere neuen Teamleiter in Workshops, die wir teils extern einkaufen, wie sie sich durchsetzen können, wenn sie bisher Teil des Teams waren und es auf einmal führen sollen. Teils bestehen ja auch Freundschaften unter den Kollegen. Damit umzugehen, ist nicht immer einfach.
IZ: Das Buzzword dieser Tage ist ESG. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für einen Personaler?
Jacob: Der Konzern hat sich vorgenommen, den CO2-Ausstoß bis 2030 zu halbieren. Unser Beitrag als Personalabteilung besteht u.a. darin, dass wir die Dienstwagenflotte verkleinert und umgebaut haben.
IZ: Oha, Sie trauen sich was ...
Jacob: Naja, wir haben niemandem den Dienstwagen weggenommen, aber Kategorien geschaffen, wo es keine mehr gibt.
IZ: Reduktion klingt aber schon nach Wegnehmen.
Jacob: Wir bieten den vielen Berufspendlern unter uns im Gegenzug Jobtickets an. Allein 120 Kollegen pendeln von Berlin in unsere Zentrale nach Fürstenwalde. Außerdem haben wir elektrische Poolfahrzeuge angeschafft. So wollen wir die Zahl der Firmenwagen herunterfahren.
"In Tesla findet sich der Konzern nicht wieder"
IZ: Elektrische Poolfahrzeuge? Etwa von Tesla? Die laufen ja bald bei Ihnen in der Nähe vom Band.
Jacob: Nein. Darüber nachgedacht haben wir zwar schon, aber bei Tesla waren wir uns nicht sicher, ob das zu uns passt.
IZ: Warum sollte die Verbindung Bonava/Tesla denn nicht passen?
Jacob: Tesla sehen viele als eine Luxusmarke. Darin findet sich der Konzern nicht wieder.
IZ: Welche Marken und Modelle fahren die Kollegen künftig?
Jacob: Wichtig zu wissen ist, dass wir uns genau überlegt haben, wie viel CO2 Dienstwagen noch ausstoßen dürfen. Höhere Motorisierungen sind damit weggefallen. Sagen wir so: Es gab nicht mehr viele Autos, die in unsere Kategorien passen. Damit müssen die Mitarbeiter zufrieden sein. Die PS-Zahlen sind niedriger als bisher.
IZ: Noch mal: Sie trauen sich was!
Jacob: Okay, das ist ein emotionales Thema. Aber von A nach B kommen die Kollegen immer noch. Dafür braucht man keine 250 PS, 120 PS tun es auch.
IZ: Und welche Autos fahren sie jetzt?
Jacob: VW, Audi, Skoda, also eher die Klassiker. Das war's im Prinzip. Es kann aber auch etwas Höherklassiges sein, wenn der CO2-Ausstoß stimmt.
IZ: Viel Spaß mit Ihrem neuen Dienstwagen!
Die Fragen stellte Harald Thomeczek.