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"Beteiligungen reizen Führungskräfte mit Gestalterdrang"

Christoph Hartmann ist  Personalberater und Headhunter.

Christoph Hartmann ist Personalberater und Headhunter.

Quelle: Christoph Hartmann

Karriere 02.02.2023
In seinem Job als Headhunter sucht Christoph Hartmann nach geeigneten Kandidaten für Führungspositionen in der Immobilienwirtschaft. In den vergangenen Monaten konnte der geschäftsführende ... 

In seinem Job als Headhunter sucht Christoph Hartmann nach geeigneten Kandidaten für Führungspositionen in der Immobilienwirtschaft. In den vergangenen Monaten konnte der geschäftsführende Gesellschafter der Personalberatung Deininger Consulting beobachten, dass die Wechselbereitschaft steigt, vor allem bei Kandidaten, die selbst unternehmerisch tätig werden wollen.

Immobilien Zeitung: Herr Hartmann, als Personalberater und Headhunter besteht ihre tägliche Arbeit darin, geeignete Kandidaten für Stellen zu finden – vor allem für Positionen mit Führungsverantwortung. Wie offen sind Kandidaten derzeit für einen Wechsel innerhalb der Immobilienwirtschaft?

Christoph Hartmann: Gerade bei Kandidaten in High-Level-Positionen hat die Wechselbereitschaft nach meinen Beobachtungen seit dem Herbst wieder zugenommen. Immer häufiger kommen Kandidaten mit Führungserfahrung sogar auf mich zu und erkundigen sich nach interessanten Stellen. Obwohl sie fest im Job sind, behalten sie den Markt vorsichtig im Auge, weil sie offen sind für eine neue Rolle. Doch um die sichere Stelle aufzugeben, muss die neue ihren Bedingungen und Vorstellungen entsprechen. Dazu zählt häufig, dass der Wechsel neue Herausforderungen mit sich bringen muss.

IZ: Woher kommt dieses beobachtende Verhalten?

Hartmann: In vielen Fällen hängt das mit den Gegebenheiten zusammen, die sich im Moment auf die tägliche Arbeit von Führungskräften auswirken. Die Inflation, steigende Energiekosten, Zinsentwicklungen und Materialknappheit führen im Alltagsgeschäft dazu, dass viele Aufgaben anspruchsvoller und somit auch stressiger werden. Man muss darauf als guter Manager reagieren. Das wiederum weckt in vielen Fällen die Motivation, selbst unternehmerisch tätig zu werden.

IZ: Was genau bedeutet das für Unternehmen, die erfahrene Führungspersönlichkeiten für sich gewinnen oder sogar gezielt abwerben wollen?

Hartmann: Nur mit einem höheren Gehalt lassen sich die wenigsten locken. In den vergangenen zehn, zwölf Jahren haben High-Levels in der Immobilienwirtschaft mit einer Kombination aus Fixgehalt und Boni gut verdient. Dieses Gehaltskonzept ist also nichts Neues. Beteiligungen hingegen reizen Führungskräfte mit Gestalterdrang. Während Gehalt und Boni vom Arbeitgeber festgelegt werden, sind Anteilseigner selbst verantwortlich für den finanziellen Erfolg eines Unternehmens und somit auch für den eigenen.

IZ: Die Gesellschafterrolle wird also attraktiver als die bloße Geschäftsführerposition?

Hartmann: Geschäftsanteile versprechen Entscheidungsfähigkeit und neue Herausforderungen – nicht zuletzt, weil der Kandidat mehr Verantwortung für die Zukunft eines Unternehmens übernimmt. Das gilt zum Beispiel für die Projektentwicklung. In diesem Zweig haben wir in der Immobilienwirtschaft viele mittelständische Unternehmen, die zum Teil noch vom Gründer selbst geführt werden. Kommt es hier zu einer Nachfolge, verlangen einige Kandidaten schon beim Erstgespräch, am Unternehmen beteiligt zu werden.

IZ: Wie offen sind diese Unternehmen dafür, Anteile an gute Kandidaten abzugeben?

Hartmann: Gerade wer ein Unternehmen über Jahre hinweg selbst aufgebaut hat, dem fällt es schwer, am Ende der Karriere richtig loszulassen. Viele, die einen Nachfolger suchen, wollen gerne noch eine Zeit lang mitmischen, auch wenn sie offiziell nicht mehr Geschäftsführer sind. Deshalb sind sie oft nicht bereit, Anteile abzugeben. Doch ohne die volle Verantwortung kann sich die nachfolgende Generation in den Führungsebenen nicht selbstständig weiterentwickeln. Und auch auf niedrigeren Ebenen kommt Frustration auf, weil Mitarbeiter das Gefühl haben, dass das Unternehmen stagniert und sie langfristig keine Veränderungen mehr sehen. Der ein oder andere sieht sich dann schon mal nach einem neuen Job um.

IZ: Von wie vielen Anteilen genau sprechen wir da in der Regel?

Hartmann: Eine typische Spanne, die Unternehmen anbieten oder Kandidaten fordern, gibt es nicht. Die Größe des Unternehmens und die Vorstellungen des Kandidaten sind nur zwei von vielen Aspekten, die in eine Einigung mit reinspielen und ganz unterschiedlich ausfallen können. Oftmals geht es für den Bewerber bei seiner Forderung weniger um die Zahl auf dem Papier, sondern viel mehr um die Möglichkeit, überhaupt beteiligt zu werden, weil das dem Wunsch, selbst unternehmerisch tätig zu werden, entgegenkommt. Gerade wenn eine Stelle schnell nachbesetzt werden muss, sind die Erwartungen in den Unternehmen oft hoch. Eine Schonfrist zur Eingewöhnung in die neue Rolle während der ersten 100 Tage gibt es oft nicht mehr. Wenn der Arbeitgeber erwartet, dass sofort performt wird, sind Beteiligungen für den Mitarbeiter eine große Motivation.

IZ: Es gibt also Verhandlungsspielraum?

Hartmann: Es müssen nicht immer Anteile am Unternehmen selbst sein. In der Projektentwicklung kann auch eine Beteiligung an einem Vorhaben reizvoll wirken, etwa am Verkaufspreis oder am Miet- und/oder am Verkaufserfolg. Im Investment sind Beteiligungen an Fonds denkbar. Eine weitere Möglichkeit ist es, vertraglich festzuhalten, dass über die genaue Höhe der Anteile erst nach einiger Zeit verhandelt wird, etwa wenn der Kandidat schon zwei bis drei Jahre die Position besetzt und seine Fähigkeiten als Manager in diesem Zeitraum unter Beweis gestellt hat.

IZ: Was gilt es in diesen Fällen zu beachten?

Hartmann: Absprachen dieser Art sollten grundsätzlich vertraglich und von Anfang an festgehalten werden. Das gilt nicht nur für Beteiligungen in der Zukunft, sondern auch für eine variable Vergütung wie Boni. Werden diese nicht im Vornherein festgesetzt, hat das Unternehmen viel Handlungsspielraum. Doch ein Bonus, der kleiner ausfällt, als vom Mitarbeiter erhofft, ist nicht selten ein Wechselgrund.

IZ: Und wenn der Mitarbeiter das Unternehmen dennoch wieder verlässt?

Hartmann: Die Anteile kauft das Unternehmen in der Regel zurück – meist jedoch ohne damit Gewinn zu machen. In den meisten Fällen bindet das Konzept die Führungskraft aber langfristig ans Unternehmen, weil sie sich als Beteiligter viel stärker mit dem jeweiligen Haus identifiziert.

IZ: Vielen Dank, Herr Hartmann, für das Gespräch.

Das Interview führte Janina Stadel.

Janina Stadel