Der Systembauspezialist Goldbeck wächst stärker als der Markt und hat einen hohen Personalbedarf. Christian Büscher, Geschäftsführer Goldbeck International, und Personalleiter Jürgen ...
Der Systembauspezialist Goldbeck wächst stärker als der Markt und hat einen hohen Personalbedarf. Christian Büscher, Geschäftsführer Goldbeck International, und Personalleiter Jürgen Eggers sind zuversichtlich, dass sie bei Kandidaten und Mitarbeitern gute Karten haben.
Immobilien Zeitung: Die Mitarbeiterzahl bei Goldbeck ist seit 2010 pro Jahr im Schnitt um die 15% gewachsen. In absoluten Zahlen stieg sie in den vergangenen sechs Jahren von 2.400 auf 4.600 Beschäftigte. Der Umsatz der deutschen Bauwirtschaft wächst seit Jahren, aber eher in kleinen Schritten. Wie ist die Personalentwicklung bei Goldbeck zu erklären?
Christian Büscher: Durch die Vorfertigung von Systembauelementen in unseren eigenen Werken können wir schnell wetterfeste Gebäudehüllen herstellen und die Gebäude in sehr kurzer Bauzeit und preiswert fertigstellen. Unsere Produkte und unsere Herstellungsmethode wurden von unseren Kunden sehr gut angenommen. Dadurch hat sich unser Umsatz in den vergangenen zehn Jahren - trotz eines Knicks in der Finanzkrise 2008 - von rund 500 Mio. auf fast 2 Mrd. Euro vervierfacht. Jahr für Jahr sind wir anders als der Baumarkt stark gewachsen. Die Personalentwicklung hat da einfach mitgezogen.
IZ: Aktuell finden sich über 360 Stellenangebote auf Ihrem Online-Jobportal, vor allem für Bauingenieure und Architekten als Bau- und Projektleiter sowie für Kaufleute und Ingenieure der Elektro- oder Versorgungstechnik. Wie stark hat der Personalbedarf vor dem Hintergrund des durchgängig zweistelligen Umsatzwachstums in den letzten Jahren zugenommen?
Jürgen Eggers: In den vergangenen fünf Jahren war die Zahl der offenen Stellen immer ungefähr so hoch wie heute.
IZ: Die Bauunternehmen in Deutschland sind mit dem derzeitigen Auftragsvolumen gut ausgelastet. Nicht zuletzt deshalb, weil sie nach dem Bau-Boom nach der Wende seit Mitte der 1990er Jahre bis etwa 2006 rezessionsbedingt ihre Kapazitäten zurückgefahren haben. Die Wirtschafts- und Finanzkrise tat das ihrige. Wie stark musste Goldbeck den Personalbestand damals schrumpfen?
Eggers: Unsere Mitarbeiter wissen, dass sie sich auf Goldbeck verlassen können. In der Krise 2008, als die Kunden auf die Baubremse getreten haben und auch wir einen Auftragsrückgang erlebten, haben wir nicht auf Kurzarbeit geschaltet - obwohl die Voraussetzungen dafür gegeben waren - oder betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen und Personal entlassen. Sondern wir haben 10 Mio. Euro in ein Betonfertigteilwerk in Hamm/Westfalen investiert. Als der Auftragsmotor nach eineinhalb, zwei Jahren wieder ansprang, standen wir voll da. Das ist ein wichtiger Punkt der Personalmotivation bzw. der Personalbindung.
IZ: Kann man die Zufriedenheit der Goldbeck-Beschäftigten in Zahlen ausdrücken?
Büscher: Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter drückt sich in einer vergleichsweise geringen Fluktuationsquote von gerade einmal 6% aus. Zieht man Fälle ab, in denen wir uns selbst von einem Mitarbeiter trennen oder in denen ein Mitarbeiter regulär ausscheidet, liegt die Quote der Eigenkündigungen pro Jahr im Schnitt bei nur 3,5%.
IZ: Mit welchen Pfunden wuchern Sie bei Ihren Mitarbeitern?
Büscher: Mit 32 Tagen Urlaub im Jahr, einer Gewinnbeteiligung für Mitarbeiter als stille Gesellschafter - die Mitarbeiter erhalten eine ergebnisabhängige Verzinsung auf den Nennwert ihrer Beteiligung -, einem Zuschuss zur Kinderbetreuung, Kitas an zwei Standorten und über 250 Mitarbeiterseminaren in unserer eigenen Akademie. Außerdem geben wir Zuschüsse für Weiterbildungen in Höhe von bis zu 80% der Weiterbildungskosten. Je nachdem, wie relevant die einzelne Maßnahme für den jeweiligen Mitarbeiter in seiner besonderen Funktion für uns ist.
IZ: Die Rekrutierung qualifizierter Fachkräfte gilt in der deutschen Bauwirtschaft als zunehmend schwierig, der Bau ist beim Branchennachwuchs nicht die erste Wahl. Welchen Schwerpunkt setzen Sie aktuell bei der Personalakquise?
Eggers: Wir fokussieren uns derzeit auf Young Professionals mit fünf Jahren Berufserfahrung und mehr. Es fällt tatsächlich immer schwerer, qualifiziertes Personal mit einer Berufserfahrung von fünf bis zehn Jahren zu bekommen - vor allem in den Bereichen Gebäude- und Elektrogebäudetechnik.
IZ: Studierende bzw. Absolventen stehen nicht so sehr in Ihrem Fokus?
Eggers: Doch, natürlich. Es gelingt uns aber sehr gut, unseren Bedarf an Nachwuchs zu stillen.
IZ: Wie machen Sie das?
Eggers: Mit Hochschulkooperationen: Rund 40 Hochschulbeauftragte, meist Alumni aus unseren Reihen, halten Vorträge, leiten Exkursionen und Workshops oder nehmen an Hochschulmessen teil. Wir bieten Studierenden, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, auch Fallstudien an: Zwölf Studenten kommen für einen Tag zu uns und versuchen sich an der Lösung von tatsächlich aufgetretenen Problemen aus der Praxis. Außerdem finanziert die Goldbeck-Stiftung Forschungsvorhaben. Und für Absolventen ist bei der Arbeitgeberwahl die Option, international zu arbeiten, immer wichtiger. Diese Option ist bei uns ebenfalls gegeben.
IZ: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Harald Thomeczek.