Karriere-News

JLL Hamburg braucht neuen Leiter Bürovermietung

Köpfe 25.07.2019
Tobias Scharf und Christopher Meinen verlassen JLL Hamburg. Scharf wechselt zu Cushman & Wakefield in Hamburg und Meinen macht sich selbständig. ... 

Tobias Scharf und Christopher Meinen verlassen JLL Hamburg. Scharf wechselt zu Cushman & Wakefield in Hamburg und Meinen macht sich selbständig.

Tobias D. Scharf (35) hat nach Informationen der Immobilien Zeitung am Dienstag seinen Job als Leiter der Hamburger Bürovermietungsabteilung von JLL gekündigt. Gleichzeitig wurde bei Cushman & Wakefield verkündet, man habe sich mit Scharf geeinigt. Scharf wird bei C&W Hamburg dem Vernehmen nach Leiter der Bürovermietung. Ken Hoppe, der diese Aufgabe im Mai in der Nachfolge von Matthias Huss, der zu WeWork wechselte, vorübergehend übernommen hatte, bleibt bei Cushman & Wakefield in Hamburg. Scharf war bis 2013 bei BNPPRE und wechselte zum 1. Januar 2014 zu JLL Hamburg.

Auch Christopher Meinen verlässt JLL Hamburg

Wie aus Marktkreisen ebenfalls zu erfahren war, wird mit Scharf auch Christopher Meinen JLL verlassen. Meinen war nach seiner Ausbildung zum Immobilienkaufmann bei JLL ab 2015 im Bürovermietungsteam von Scharf tätig und macht sich nun selbständig.

Marktexperten können sich vorstellen, dass der Wechsel von Scharf zu weiteren Jobwechseln innerhalb der Maklerbranche Hamburgs führt. JLL Hamburg, Cushman & Wakefield sowie Scharf und Meinen wollten zum Thema keinen Kommentar abgeben.

Friedhelm Feldhaus

Agilität braucht ein Menschenbild 2.0

Ulrich Schüppler.

Ulrich Schüppler.

Quelle: Immobilien Zeitung

Karriere 25.07.2019
Agiles Arbeiten ist keine Neuheit, sondern ein alter Hut, findet IZ-Redakteur Ulrich Schüppler. Langfristig würde die agile Methode jedoch einen komplett anderen Gesellschaftsvertrag erfordern. ... 

Agiles Arbeiten ist keine Neuheit, sondern ein alter Hut, findet IZ-Redakteur Ulrich Schüppler. Langfristig würde die agile Methode jedoch einen komplett anderen Gesellschaftsvertrag erfordern.

Viele angeblich brandheiße Neuheiten entpuppen sich bei näherem Hinsehen als alter Hut. Die Römer hatten bekanntlich schon Fußbodenheizung und im Iran der Antike gab es bereits die erste Batterie. Mit dem agilen Arbeiten, also projektbezogenen und selbstverantwortlichen Teams, verhält es sich nicht anders. Es gab sie vermutlich schon in der Steinzeit. Denn bei Naturvölkern, so haben Anthropologen festgestellt, werden die Verantwortlichen fürs tägliche Jagen und Sammeln fallweise ausgewählt, die dem Einzelnen zugesprochene Kompetenz ist das Auswahlkriterium. Dauerhafte Führungspositionen sind weitgehend unbekannt, die Rolle der Ältesten beschränkt sich zumeist auf beratende und zeremonielle Aufgaben.

Der US-amerikanische Verhaltensforscher Leonard L. Martin hat allerdings darauf hingewiesen, dass solche Strukturen dauerhaft nur in Gesellschaften funktionieren, in denen es eine unmittelbare Belohnung für die in der Gruppe gezeigte Kooperation gibt. Liegt der Ertrag des gemeinsamen Handelns hingegen in ferner Zukunft, so müssen Verträge ausgehandelt werden, um festzulegen, welche Leistung in der Gegenwart welchem Anteil am künftigen Erfolg entsprechen soll. Dabei verhandeln naturgemäß einige besser als andere, über mehrere Perioden kommt es zwangsläufig zur Akkumulation von Eigentum und Macht. Und damit endet die schöne, neue, agile Welt: Denn wer Dinge sein Eigen nennt, will sie vor dem Zugriff der anderen schützen und sie nicht durch Fehlentscheidungen auf Ebene der Gruppe womöglich verschleudert sehen. Anders ausgedrückt: Agile Teams sind genau dann kein Nachteil, wenn im Falle eines Scheiterns alle nur genauso arm dran sind wie vorher. Daher funktionieren sie ganz gut für Start-up-Gründer, die kein Geld haben, aber auf Reichtum hoffen.

Mit der Macht, die eine klassische Führungskraft sich entbehrungsreich erarbeitet hat, ist agiles Arbeiten nicht kompatibel. Letztendlich könnte das Team entscheiden, die Führungskraft abzuschaffen. Und spätestens, wenn das Team das komplette Unternehmen verkaufen möchte, um mit dem Erlös die Welt zu verbessern, dürfte es auf den Widerstand der Eigentümer treffen. In hierarchischen Strukturen bleibt agiles Arbeiten daher nur eine Simulation von Freiheit, ein Motivationstool. Echte Agilität hingegen würde darauf hinauslaufen, die Grundprämissen unseres Wirtschaftssystems radikal infrage zu stellen. Das aber wollen wohl die wenigsten.

Lesen Sie dazu die Titelgeschichte "Lieber autoritär als agil" in dieser Ausgabe.

Ulrich Schüppler

Hypoport denkt in Kreisen

Dies ist der General Company Circle (GCC) mit dem Großteil der Mitarbeiter der Hypoport. Die farbigen Kreise, groß wie klein, stellen Rollen (z.B. Marketing) dar. Sie können Teams oder Einzelpersonen sein. Wird die Aufgabe einer Rolle kleinteiliger bearbeitet, entsteht daraus ggf. ein Subkreis, der sich aus Rollen zusammensetzt (z.B. bei Tools und Prozesse) oder einen inneren Subkreis hat (z.B. Mergers & Acquisitions). Vorstand Gawarecki ist u.a. Teil der Rollen Strategie und Rollenzuteilung. Ein eigener Kreis mit drei Vorständen ist dem GCC übergeordnet.

Dies ist der General Company Circle (GCC) mit dem Großteil der Mitarbeiter der Hypoport. Die farbigen Kreise, groß wie klein, stellen Rollen (z.B. Marketing) dar. Sie können Teams oder Einzelpersonen sein. Wird die Aufgabe einer Rolle kleinteiliger bearbeitet, entsteht daraus ggf. ein Subkreis, der sich aus Rollen zusammensetzt (z.B. bei Tools und Prozesse) oder einen inneren Subkreis hat (z.B. Mergers & Acquisitions). Vorstand Gawarecki ist u.a. Teil der Rollen Strategie und Rollenzuteilung. Ein eigener Kreis mit drei Vorständen ist dem GCC übergeordnet.

Quelle: Hypoport AG

Karriere 25.07.2019
Der Finanzdienstleister Hypoport hält das Hierarchie-System mit einem Häuptling und vielen Indianern nicht mehr für zeitgemäß. In einzelnen Tochterunternehmen hat er stattdessen eine ... 

Der Finanzdienstleister Hypoport hält das Hierarchie-System mit einem Häuptling und vielen Indianern nicht mehr für zeitgemäß. In einzelnen Tochterunternehmen hat er stattdessen eine holakratische Struktur eingeführt. Die Mitarbeiter organisieren sich in Kreisen und treffen eigenverantwortliche Entscheidungen. Diese seien letztlich besser als die eines Chefs, heißt es.

Holakratie ist nichts für Befehlsempfänger und Wegducker. Diese Art der Organisation eines Unternehmens basiert auf dem Gedanken, dass Entscheidungen in Mitarbeiterteams getroffen werden - eigenverantwortlich. Lass das mal den Chef machen, gilt nicht.

Dafür organisieren sich die Kollegen in Kreisen, ähnlich wie in Abteilungen. Die einzelnen Aufgaben, die im hierarchischen System von kleinen Teams erledigt wurden, sind nun als Rollen definiert, die meist von mehreren Personen besetzt sind. Aus solch einer Rolle kann in holakratischer Denkweise ein Subkreis entstehen, der dem Kreis berichtet.

Wer vorher seiner Abteilung zugeordnet war, arbeitet nun meist in mehreren Kreisen und hat unterschiedliche Rollen inne. Allgemeingültige Titel gibt es dabei nicht. Vorstände und Chefs behalten u.a. in übergeordneten Kreisen das große Ganze im Blick.

Der Finanzdienstleister Hypoport hat die Holakratie in Teilen der Holding eingeführt. Vorstand Stephan Gawarecki und Agile Coach Björn Schneider berichten über ihre Erfahrungen:

Immobilien Zeitung: In der Holakratie rücken Titel und Positionen in den Hintergrund. Welche Postenbeschreibungen stehen aktuell in Ihren E-Mail-Signaturen?

Stephan Gawarecki: Vorstand. Rein rechtlich hat sich das ja nicht verändert. Nach außen kann ich nicht alle Rollen kommunizieren, die ich in den holakratischen Kreisen bei uns innehabe. Das würde nur verwirren.

Björn Schneider: Das geht mir auch so. Mein "Titel" richtet sich zumindest nach außen häufig nach dem, was von mir verlangt wird.

IZ: Holakratie einzuführen ist ein umwälzender Schritt. Wie sind Sie vorgegangen?

Gawarecki: Wir haben das vor etwa drei Jahren zunächst im Management-Team von Dr. Klein Privatkunden ausprobiert. Nach einer etwa einjährigen Testphase wurde es weiter nach unten ausgerollt. Auch Europace und Smart InsurTech sind schon lange dabei, Qualitypool z.B. tastet sich gerade heran.

Schneider: Wir haben uns dazu entschieden, möglichst viele Entscheidungen dort treffen zu lassen, wo auch gehandelt wird. Und das ist im klassischen Hierarchiedenken möglichst weit unten. Dort schlummern viele Talente, die wir dadurch gerne ermutigen und fördern möchten.

IZ: Aber eigentlich sollte doch der Chef dazu in der Lage sein.

Schneider: Chef wird in aller Regel derjenige, der etwas fachlich am besten kann. In der heutigen Zeit ändern sich allerdings die Aufgaben und Anforderungen sehr schnell. Die Anforderungen an Komplexität nehmen weiter zu und dadurch die Unsicherheit, in der Entscheidungen getroffen werden müssen. Je höher aber ein Chef befördert wird, umso weniger kennt er sich mit den Aufgaben an der Basis aus und kann gar nicht mehr die besten Entscheidungen treffen.

IZ: Und was passiert in der Holakratie?

Gawarecki: In der klassischen Denkweise kann der Chef alles und entscheidet alles. Die Holakratie erkennt dagegen eher verschiedene Rollen: z.B. die fachliche Kompetenz, die Führungsqualitäten, den Controller, der Ziele erreichen muss, und den Kommunikator zwischen den Ebenen. Diese Rollen können verschiedenen Personen zugeschrieben, die Aufgaben also besser aufgeteilt werden.

IZ: Das heißt, der Chef gibt einen Großteil der Verantwortung an seine Mitarbeiter ab?

Gawarecki: Ja, das ist ein Top-down-Effekt. Die Verantwortung muss aber auch unten aufgefangen werden können. Dabei wird die Eigenverantwortung der Mitarbeiter trainiert.

Schneider: Viele Mitarbeiter glauben von sich, sie könnten selbst entscheiden. Aber das in einem Team von zehn bis zwölf Personen zu tun, ist manchmal schwerer als gedacht. Am Ende gewinnen sowohl die Chefs als auch die Mitarbeiter. Alle stehen gestärkt hinter der Entscheidung.

IZ: Können Sie an einem praktischen Beispiel erklären, wie ein Kreis funktioniert?

Schneider: Früher habe ich als Leiter von People & Organisation letztendlich z.B. entschieden, welches Bewerbermanagement-Tool wir verwenden. Heute gibt es die Rolle Stellenbesetzung, die mit 17 Kollegen besetzt ist, die diese Rolle täglich lebendig machen. Diese Rolle ist nun für die Entscheidung zuständig und braucht auch bei Investitionen nicht mehr mich zu fragen. Dafür ist jetzt die Rolle Ressourcen - mit zwei Kollegen besetzt - zuständig, die sich mit der Planung und dem Controlling der Ein- und Ausgaben von People & Organisation beschäftigt.

IZ: Inwiefern merkt der Kunde oder Geschäftspartner, dass Sie holakratisch organisiert sind? Ändern sich da Ansprechpartner?

Gawarecki: Wenig. Änderungen der Ansprechpartner kommen ja immer mal vor, die bringt nicht nur die Holakratie mit sich. Und meist füllen Menschen die Rollen, die sie eh operativ schon innehatten. Aber im Zweifel werden Menschen für die Geschäftspartner zum Ansprechpartner, die noch näher an ihren Themen und Problemen dran sind.

IZ: Auch wenn Titel unwichtiger werden, so gibt es in der Holakratie dennoch eine Art von Hierarchie. Es gibt Sub-Kreise, die dem Kreis berichten, der wiederum mit dem übergeordneten Kreis kommuniziert.

Schneider: Die Bildung von Hierarchien ist nichts Schlimmes, das ist ein ganz natürlicher Prozess. Wenn Sie fünf Leute zusammensetzen, die sich mit Excel auskennen, wird es immer einen geben, der das am besten kann. Es bildet sich dann automatisch einer heraus, der die Gruppe führt. Der Unterschied zum klassischen Hierarchiedenken ist, dass sie sich nicht mehr an einzelnen Menschen, sondern an der Arbeit orientiert. Und dass die Menschen für ihr Tun mehr Verantwortung übernehmen können.

IZ: Wenn Mitarbeiter zusammenkommen, können daraus lange Diskussionen entstehen, an deren Ende wenig herumkommt. Fördert die Holakratie nicht dieses Risiko?

Gawarecki: In klassischen Unternehmen ist das nicht anders. Die Holakratie hingegen bietet viele Werkzeuge, Meetings effizienter zu machen. Eines davon ist ein Regelwerk, das den Ablauf eines Meetings vorgibt. Es werden zum Beispiel nur Ergebnisse besprochen, nicht die ganze Vorgeschichte.

IZ: Wie werden Entscheidungen getroffen?

Gawarecki: Ein Mitglied macht einen Vorschlag. Daraufhin werden schwerwiegende Einwände behandelt. Ein reines Bauchgefühl, warum etwas nicht funktionieren könnte, gilt nicht. Und wenn nichts oder nichts Relevantes mehr gegen den Vorschlag spricht, dann wird er angenommen und den in anderen Kreisen organisierten Betroffenen mitgeteilt.

IZ: Die holakratischen Prozesse entsprechen nicht gerade dem, was viele Mitarbeiter über Jahre hinweg gelebt haben. Wie haben Sie sie auf die Umstellung vorbereitet?

Schneider: In der Tat haben wir viele unserer Coaches in Holakratie ausgebildet, damit sie ihrerseits intern Trainings und Beratung anbieten können. Das allein würde aber nicht funktionieren, wenn die Coaches nicht auch alle eine solide Coaching-Ausbildung (meistens systemisch) hätten und viel Erfahrung mitbringen würden. Letztendlich geht es immer wieder darum, eingefahrene und ineffiziente Prozesse zu stören und bei der Anpassung wirksam zu unterstützen.

IZ: Wie ist aktuell die Stimmung? Gab es Ab- oder Zugänge deswegen?

Gawarecki: Wie bei allen Veränderungen gibt es Menschen, die mit dem neuen System super klarkommen und die positiven Effekte sofort spüren, aber auch solche, die da erst mal eher zurückhaltend sind. Und natürlich - wo Verantwortung abgegeben wird, muss sie auch genommen werden. Das ist für den einen oder anderen Kollegen schon eine Umstellung.

Schneider: Es gab wohl keine Abgänge nur wegen Holakratie. Wenn, dann ist es ein Zusammenspiel mehrerer Punkte, die eine Kündigung hervorrufen. Aber wir stellen fest, dass das Thema im Recruiting auf viel Interesse stößt. Gerade die jüngeren Generationen können sich vielfach gar nicht mehr vorstellen, in starren Hierarchien und ohne Eigenverantwortung zu arbeiten.

IZ: Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Anke Pipke.

Anke Pipke

Lieber autoritär als agil

Vorgesetzte treiben ihre Untergebenen gern zu mehr Agilität an, wollen sich selbst aber oft nicht bewegen.

Vorgesetzte treiben ihre Untergebenen gern zu mehr Agilität an, wollen sich selbst aber oft nicht bewegen.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: rudall30

Karriere 25.07.2019
Immobilienunternehmen verschwenden Energie mit Coworking & Co., verschenken dafür aber bei ihren Mitarbeitern viel Potenzial. Größtes Hindernis für agilere Arbeitsweisen und mehr ... 

Immobilienunternehmen verschwenden Energie mit Coworking & Co., verschenken dafür aber bei ihren Mitarbeitern viel Potenzial. Größtes Hindernis für agilere Arbeitsweisen und mehr Unternehmergeist sind die Führungskräfte. Das zeigt eine aktuelle Studie, die der Immobilien Zeitung exklusiv vorliegt.

Agilität ist in aller Munde. Ursprünglich aus der Softwareentwicklung stammend, hat sich die Idee längst in anderen Branchen ausgebreitet. Auch Immobilienfirmen verspüren Veränderungsdruck: "Die Welt wird nicht wieder langsamer werden. Die Generation Z und die Digitalisierung treiben das agile Management voran", sagt ein für die Studie befragter Entscheider. Ob die Immobilienbranche will oder nicht: Auch diese ist einem "evolutionären, schleichenden Kulturwandel" unterworfen.

Die Immobilienunternehmen sind sich jedoch unsicher, ob und wie sie "agil" werden sollen. Der Titel der Studie, eines Gemeinschaftswerks des Competence Center Process Management Real Estate (CC PMRE), der HTW Berlin und von cctm real estate & infrastructure, ist nicht umsonst als Frage formuliert: "Wie viel Agilität verträgt die Immobilienwirtschaft?". Für die Studie nahmen 131 Fach- und Führungskräfte aus der Immobilienwirtschaft zwischen Dezember 2018 und Januar 2019 an einer Onlineumfrage teil. Die Befragten haben mehrheitlich (76%) Führungsverantwortung. Die aus dieser Umfrage gewonnenen Erkenntnisse wurden hinterher durch persönliche Interviews mit 35 Entscheidern aus der Branche näher beleuchtet.

Agilität ist das Gegenteil von hierarchischer Denke

Die Skepsis, die in diesen mitschwingt, hat gute Gründe. Agilität ist so ziemlich das Gegenteil der herkömmlichen klassisch-hierarchischen Organisationsform: Ein agiles Gebilde kommt weitgehend ohne Hierarchien - und die damit verbundenen Insignien der Macht - aus. Es besteht aus interdisziplinären Teams, die autonom agieren und sich selbst steuern. Entscheidungen sind stark dezentralisiert. Arbeit wird so regelfrei wie möglich verrichtet, Zeit und Ort sind flexibel. Der Arbeitsstand wird täglich gemeinsam überprüft. Arbeitsbehinderungen und Ursachen für Abweichungen kommen direkt zur Sprache. Maßstab des Gelingens ist allein der Kundennutzen - und nicht, dass der Vorgesetzte zufrieden ist.

Die verbliebenen Führungskräfte verstehen sich als fachliche Sparringspartner, die den Teams auf die Sprünge helfen, selbst aber nicht ins Geschehen eingreifen. Sie pflegen einen emotionalen Führungsstil und motivieren ihre Leute durch die Vermittlung von Sinn und Inspiration und lösen, wenn erforderlich, Blockaden.

"Eine Firma, die so agiert, geht pleite!"

Kein Wunder also, wenn Skeptiker aus der Immobilienbranche warnen: "Es ist nicht für jeden etwas. Das hängt vom Geschäftsmodell ab." Agiles Management dürfe nicht als Allheilmittel begriffen werden. Es tauge allenfalls für einzelne Komponenten innerhalb einer klassisch-hierarchischen Linienorganisation, z.B. das Projektmanagement. Unerlässlich sei eine übergreifende Steuerung, die Unternehmen davor bewahre, "in der Direktdemokratie zu sterben". Denn: "Eine Firma, die so agiert, geht pleite!"

Fakt ist: Die von vielen kleinen und mittelgroßen Spielern gespickte Immobilienbranche ist nicht gerade ein Vorreiter. "Getrieben wird das agile Management von international agierenden Großkonzernen. Mittelständler finden es momentan nur schick, aber der Druck fehlt - auch, weil es ihnen gerade aufgrund der Hochkonjunktur gut geht", stellt einer der befragten Entscheidungsträger fest.

Mehr Mut würde belohnt

Die Immobilienwirtschaft, so lautet auch das ernüchternde Fazit der Untersuchung, ist noch nicht wirklich bereit dafür, erprobte hierarchische Strukturen infrage zu stellen und neue Arbeitskonzepte auszuprobieren. Dabei wäre - gerade weil es so gut läuft - der Zeitpunkt perfekt. Schade ist die Zurückhaltung der Branche beim Thema Agilität vor allem deshalb, weil Unternehmen, die den Schritt hin zu agileren Modellen wagen, mit motivierteren und innovativeren Mitarbeitern belohnt würden - und letztlich auch mit positiven Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg. So sehen es die Befragten selbst.

Doch vor allem Termindruck lässt die Unternehmen an hierarchischen Organisationsweisen festhalten. Außerdem steht bei vielen Geschäftsmodellen nicht Innovation, sondern Effizienz im Vordergrund. Auch Vorgaben durch den Bauherrn, den Kapitalgeber oder rechtliche Auflagen sowie regulatorische Fesseln werden als Gegenargumente angeführt.

"Der eine sucht den Freiraum, der andere sehnt sich nach einem Patriarchen"

Ein weiterer Grund, der angeblich gegen agilere Arbeitsweisen spricht: So mancher Mitarbeiter, befürchten die Chefs, wäre mit zu viel Selbstorganisation überfordert. Besonders Mitarbeiter mit einem Wunsch nach Stabilität empfänden agiles Management "oft als Chaos". Ein anderer Interviewpartner differenziert: "Das ist sehr heterogen und unabhängig von Alter, Ausbildung und Geschlecht. Der eine sucht den Freiraum, der andere sehnt sich nach einem Patriarchen, der über alles wacht."

Moniert wird, dass Mitarbeiter sich nur die Rosinen herauspicken wollen: "Es besteht eine explizite Forderung nach Einbindung, Mitsprache und Bestimmung, aber keine Zunahme im Sinne einer tatsächlichen Verantwortungsübernahme. Das geht diametral auseinander." Diesen Spieß könnten die Mitarbeiter umdrehen: Die Vorgesetzten wünschen sich zwar, dass ihre Untergebenen mehr Verantwortung übernehmen - doch die etablierten Hierarchien sollen bitte bestehen bleiben.

Eine echte Herausforderung für die Mitarbeiter

Richtig ist allerdings, dass agile Arbeitsweisen eine echte Herausforderung für die Mitarbeiter sind. In hierarchischen Organisationen sind die Aufgaben eindeutig definiert und die Rollen klar verteilt, die Zielvorgaben sind präzise, die Leistungserfüllung wird durch die Führungskräfte kontrolliert. In der neuen Welt dagegen ist der Einzelne letztlich sein eigener Chef. Niemand sagt ihm, was er tun soll. Nicht in dem Sinne, dass jeder machen kann, was er will. Verantwortungsbewusstsein, Pünklichkeit und Verlässlichkeit sind noch wichtiger als in hierarchischen Organisationen, weil niemand den Einzelnen oder das Team im herkömmlichen Sinne kontrolliert. Außerdem arbeiten auch agile Teams nach bestimmten Regeln (siehe "Heute schon gescrummt?" auf dieser Seite). Diese dienen jedoch nur als Leitplanken und Katalysatoren.

Selbstorganisation ist kein Selbstläufer. Sie will gut vorbereitet und begleitet sein. Teams müssen erst dazu befähigt werden, sich selbst zu steuern, gemeinsam Ideen zu entwickeln, Engpässe untereinander auszugleichen und Entscheidungen selbst zu treffen - kurzum: Unternehmergeist zu entwickeln. Die verstärkte Förderung digitaler Kompetenzen ist dabei eine conditio sine qua non.

Mit der Abkehr von formalen Hierarchien drohen informelle

Nicht zu unterschätzen sind auch Gruppendynamiken: "Das Risiko ist hoch, dass sich mit dem Wegfall formaler Hierarchien informale Hierarchien bilden. Daher braucht es einen Moderator oder Schiedsrichter auf diesem Weg, der sicherstellt, dass nicht Ideen aufgrund informeller Hierarchie abgesägt werden", sagt Marion Peyinghaus, Geschäftsführerin des CC PMRE und eine der Autorinnen der vorliegenden Studie.

In der Immobilienbranche verbinden die meisten mit Agilität jedoch nicht offenere und partizipativere Arbeitsweisen, sondern flexible Arbeitsplätze, also Coworking (Projektteams arbeiten temporär in externen Arbeitsumgebungen, wo sie sich u.a. Anregungen von Start-ups holen sollen), Desksharing (statt fest zugewiesener Büros teilen die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze miteinander) und Büroapps (die dem Mitarbeiter dann z.B. anzeigen, wo gerade noch ein Schreibtisch/Rechner frei ist). Immobilienunternehmen denken eben von der Immobilie her.

Digitalisierung macht Agilität nur möglich

Doch der Witz an der Agilität liegt primär weder in der Arbeitsplatzgestaltung noch in technischen Errungenschaften. Digitalisierung macht Agilität erst möglich, doch die größten Herausforderungen liegen im Sozialen. Der Schlüssel zu mehr Erfolg durch Agilität liegt darin, wie Menschen besser miteinander arbeiten.

Ein Einsatzgebiet für agile Arbeitsweisen sehen die für die Studie Befragten vor allem in der Projektentwicklung (siehe Grafik "Nur Projektentwicklung und Verkauf taugen für agil" auf dieser Seite), denn "Projektentwickler haben schon immer in Projektstrukturen gearbeitet", so die gängige Argumentation. Auch die meisten Baumanager ziehen agile Methoden für ihren eigenen Bereich in Betracht. Investment-, Asset-, Property- und Facility-Manager favorisieren dagegen für ihr eigenes Betätigungsfeld in der Mehrzahl hierarchische Strukturen. "Im Investment- und Fondsmanagement geht das aus Governance-Gründen nicht, mehr Vorschriften als dort gibt es nirgends." Auch das Reporting sowie Gebäudebetrieb und Instandhaltung gelten als Fall für hierarchische Strukturen.

"Im Fondsmanagement geht das aus Governance-Gründen nicht"

Asset- und Investment-Manager können sich einen Einsatz agiler Methoden allenfalls im Ankauf vorstellen, Property-Manager in der Vermietung. Im Verkauf sehen vor allem Facility- und Baumanager, aber auch Investment- und Asset-Manager Möglichkeiten. Grob gesagt: Überall dort, wo Möglichkeitssinn gefragt ist, hat Agilität ihren Platz. So z.B. auch im Centermanagement, das autark, schnell und kreativ auf die Bedürfnisse der Mieter und Kunden vor Ort reagieren muss. Die Assetklasse Wohnen hingegen wird als Massenprodukt mit einem hohen Grad der Standardisierung bewertet. Diese Nutzungsart wird daher am stärksten einer hierarchischen Organisationsform zugeordnet.

Erfolgsschub durch eine veränderte Unternehmenskultur

Die Studie nimmt neun Bausteine agilen Managements unter die Lupe: Organisation und Prozesse, Unternehmenskultur, Mitarbeiter und Führung, Arbeitsplatzmodalitäten und -gestaltung sowie agile Methoden und digitale Medien. Die größten Chancen auf einen Erfolgsschub durch Agilität sehen Immobilienfirmen bei den Bausteinen Kultur, Mitarbeiter und Führung. Sie versprechen sich von mehr Agilität eine optimistische Grundhaltung, ein Gefühl von Sicherheit und eine ausgeprägte Lösungsorientierung. Kontinuierliche Verbesserung wird zur obersten Maxime, die Mitarbeiter können sich aufeinander verlassen, und über alle Hierachieebenen hinweg wird ein offener Dialog auf Augenhöhe geführt. Erfolg wird immer dem Team zugeschrieben, nie dem Einzelnen.

Das Paradoxe: Die Immobilienbranche investiert gerade in diese Bausteine, wenn überhaupt, nur zögerlich und vereinzelt. Abwarten und Teetrinken scheint die Devise zu lauten. Dies ließe sich auch als Indiz dafür lesen, dass das Humankapital noch nicht so knapp - und damit wertvoll - ist, wie der gern gebrauchte Begriff des "Fachkräftemangels" suggeriert.

Coworking, Desksharing und Büroapps nicht überbewerten

Viel Energie stecken die Unternehmen dafür in Trends der Arbeitsplatzgestaltung - obwohl sie sich von diesen selbst einen eher geringen Erfolgsbeitrag versprechen, ja diese teilweise selbst als Hype bewerten. Und noch wichtiger: Gerade bei der jungen Generation schießen die Unternehmen damit am Ziel vorbei. So hat eine Studie des CC PMRE im vergangenen Jahr gezeigt, "dass die Generation Z weder Coworking noch Desksharing schätzt, sondern einen eigenen Arbeitsplatz präferiert". Auch Büroapps, mit denen man Essensangebote in der Nachbarschaft checken oder sich zum Joggen in der Mittagspause verabreden kann, verfangen beim Nachwuchs nicht. Der ist übersättigt mit digitalen Tools und zieht den persönlichen Kontakt vor. Und er geht lieber ins Büro, statt sich mit dem Firmenlaptop in die heimische Hängematte zu legen.

Die Forscher folgern: Die Immobilienfirmen investieren in die falschen Themen. Sie verlieren Energie mit Investitionen in Coworking, Desksharing oder Lösungen für mobiles Arbeiten - und verschenken gleichzeitig Potenziale bei ihren Mitarbeitern und Führungskräften. Dabei schlägt es unmittelbar auf den Unternehmenserfolg durch, wenn die Mitarbeiter zufriedener und motivierter sind - und damit auch produktiver.

Im Ergebnis verschleudert die Immobilienbranche Energie und Geld mit Trends, die sie selbst tendenziell für überschätzt hält, und tritt bei Themen, die sie als wirklich erfolgsrelevant einschätzt, auf die Bremse. Warum ist das so?

Bremsklotz Führungskraft

Ganz einfach: Die Widerstände bei den Führungskräften sind zu groß, weil sich für diese am meisten ändern würde und sie am meisten zu verlieren hätten. Führungskräfte müssten sich vom Vorgesetzten zum Moderator, Mediator und Motivator, kurz: Möglichmacher, wandeln. Sie geben dem Team in ihrer neuen Rolle weder die Richtung vor noch das Ziel vor, sondern achten nur auf die Einhaltung der Spielregeln und helfen weiter, wenn es irgendwo hakt. Entscheidungen trifft nicht mehr die Person mit der größten Autorität bzw. der höchsten Position. Einzelbüro und Vorzimmer, Dienstwagen oder Vorzüge bei Dienstreisen etc. haben ausgedient.

"Die Ebene der Führungskräfte wirkt wie eine Lehmschicht, die unter dem Motto ‚Bisher war doch alles gut‘ Veränderungen verhindert", konstatiert ein Entscheidungsträger. "Führungskräfte erleiden durch das agile Management auch einen Macht- und Statusverlust." Wer gibt schon gern lange eingeübte und bewährte Verhaltensmuster wie Kommando und Kontrolle oder die Stabilisierung von Machtstrukturen durch liebgewonnene Statussymbole auf - und handelt sich Debatten ein, die er nicht mehr kraft seiner Position im Unternehmen im Keim ersticken kann?

Scheitern muss erlaubt sein

"Es hat viel mit Loslassen zu tun", bestätigt eine andere Stimme, "die neue Rolle als Berater muss erst erlernt werden." Dazu gehört auch Risikobereitschaft: Scheitern muss erlaubt sein, denn nur aus Fehlern lernt man. "Diese Bereitschaft, Fehler zuzulassen, ist essenziell für agiles Management." Heute werden Fehler lieber unter den Tisch gekehrt, statt sie offen auf den Tisch zu legen und aus ihnen zu lernen. Bei agilen Arbeitsmethoden wie Scrum macht ein ständiger, ja täglicher Austausch mit den Teammitgliedern ein Vertuschen von Fehlern, Problemen und Schwächen praktisch unmöglich.

Auch Studienautorin Peyinghaus vermisst in der Branche eine "Kultur des Scheiterns". Sie hat selbst zehn Jahre in der Schweiz gelebt und gearbeitet: "Dort werden Schwächen sehr offen diskutiert. Hier in Deutschland versucht man dagegen, Schwächen nicht zu zeigen. Das führt dazu, dass sie später auftauchen und Prozesse lähmen. Es wird zu viel Energie in die eigene Absicherung statt in Projekte investiert."

Demokratische Gehaltsfindung oder gemeinsame Auswahl neuer Mitarbeiter?

Während die Branche mit agilen Arbeitskonzepten immerhin liebäugelt, werden weitreichende Eingriffe in die Organisation abgelehnt. Partizipative Leistungsbeurteilung, demokratische Gehaltsfindung oder gemeinsame Auswahl neuer Mitarbeiter? Nicht mit mir, sagt die Immobilienbranche. Andere Unternehmen sind auch hier schon weiter. Peyinghaus fallen durchaus Beispiele aus anderen Branchen ein, wo Führungskräfte abgeschafft wurden, die Einstellung neuer Kollegen basisdemokratisch erfolgt oder Gehaltsverhandlungen im Team entschieden werden.

Das Festhalten an autoritären Führungskonzepten und ein antiquiertes Statusdenken sind auf Dauer keine Lösung. "Eine neue Ära des digitalen Zeitalters hat begonnen, dessen Auswirkungen sich nicht rückgängig machen lassen", sind sich die Autoren der Studie sicher. Es liege an der Immobilienbranche, die Veränderungen, die sich nicht aufhalten lassen, zu gestalten. Für manches Unternehmen, vermutet Peyinghaus, könnte die Lösung in "zwei Betriebssystemen, einem eher konservativen und einem eher agilen", liegen.

Lesen Sie dazu auch "Hypoport denkt in Kreisen" in dieser Ausgabe.

Heute schon gescrummt?

Das bekannteste Tool aus dem Werkzeugkasten agilen Managements dürfte Scrum sein: Interdisziplinär besetzte Teams widmen sich - unabhängig von der Linienorganisation, sofern es im betreffenden Unternehmen eine solche gibt - in einem fest abgesteckten Prozedere einem klar umrissenen Problem bzw. einer Aufgabe. Das Projektteam, das sich selbst organisiert, arbeitet die einzelnen Aspekte sukzessive in "Sprints" ab. Diese dauern zwei bis vier Wochen.
Die Anforderungen des Auftraggebers/"Stakeholders" - ein Kunde oder eine andere Abteilung im eigenen Unternehmen - werden durch den "Product Owner" vertreten. Vor jedem Sprint schätzen die Teammitglieder gemeinsam, wie komplex ein einzelner Punkt ist und wie lange es wohl dauern wird, ihn abzuarbeiten. Ist ein Ticket abgehakt, erfolgt unmittelbar der Praxistest. In - idealerweise - täglichen, kurzen Treffen berichtet jeder, was er gestern getan hat und was er heute vorhat, womit er gerade zu kämpfen hat und wo er besondere Herausforderungen sieht.
Am Ende jedes Sprints zeigt das Team dem Product Owner und allen Stakeholdern das Ergebnis seiner Arbeit live und sammelt Feedback - Meinungen, Verbesserungsvorschläge, Lob und Kritik - ein. Der "Scrum Master" sorgt dafür, dass sich alle an die Regeln halten. hat

Harald Thomeczek