Arbeitgeber, die Personal wenig wertschätzend abbauen, laufen Gefahr, ihrem Ruf nachhaltig zu schaden. Personalberaterin Sabine Märten kann ein Liedchen davon singen. Dass es manchmal ...
Arbeitgeber, die Personal wenig wertschätzend abbauen, laufen Gefahr, ihrem Ruf nachhaltig zu schaden. Personalberaterin Sabine Märten kann ein Liedchen davon singen. Dass es manchmal unumgänglich ist, Mitarbeiter vor die Tür zu setzen, hat sie als Personalverantwortliche schon am eigenen Leib erfahren.
Immobilien Zeitung: Frau Märten, es gibt kaum einen Arbeitgeber, der heutzutage nicht von sich sagt: "Unsere Mitarbeiter sind unser höchstes Gut." Unterhält man sich mit Mitarbeitern und Führungskräften, bekommt man jedoch das Gefühl, dass das insbesondere bei Trennungen nicht immer zutrifft.
Sabine Märten: In der Tat: Nicht jedes Unternehmen legt im Trennungsmanagement das nötige diplomatische Geschick an den Tag. Das heißt ja nicht, dass Unternehmen sich davor scheuen sollten, sich von Mitarbeitern, die die Anforderungen nicht erfüllen, zu trennen. Durch ihre geringe Leistungsmotivation und den ungenügenden Ergebnisbeitrag wirken diese nämlich auf ihre Kollegen schnell demotivierend und können die Leistungsfähigkeit eines ganzen Teams schwächen. Doch wer dabei keine äußerst umsichtige Vorgehensweise an den Tag legt, schadet sich selbst. Vor allem dann, wenn die gleiche Position in kurzer Zeit wiederholt neu besetzt werden muss. Natürlich sollten Arbeitgeber nicht nur im Trennungsmanagement, sondern grundsätzlich wertschätzend mit ihren Mitarbeitern umgehen. Mir ist z.B. mal zu Ohren gekommen, dass in einem Unternehmen Einzelleistungen abgewertet wurden. Brachte jemand eine gute Leistung als Investment-Makler, hieß es angeblich: "Du machst hier viel Geschäft wegen der Marke, nicht, weil du so gut bist!"
IZ: Hire and Fire - so ist der Lauf der Welt halt, sagt sich mancher Chef vielleicht. Und wenn ich wieder neue Leute brauche, werbe ich die mit hohen Gehältern vom Wettbewerb ab.
Märten: So einfach ist es nicht. Jedenfalls nicht mehr. Unternehmen unterschätzen die Auswirkungen, wenn man einen schlechten Ruf hat. Das war früher vielleicht nicht so gravierend, als die Anzahl verfügbarer Kandidaten höher war. Da konnten die Firmen schon eher davon ausgehen, dass es keine Konsequenzen hat, wenn sie Personal auf eine undiplomatische Weise abbauen oder sich wenig wertschätzend von Low-Performern trennen.
IZ: Und heute?
Märten: Seit zwei, drei Jahren stelle ich zunehmend fest, dass Arbeitgeber, die unangemessen agierten, zunehmend Schwierigkeiten bekommen, die freigewordene Position nachzubesetzen oder für andere Stellen Leute zu finden. Schließlich ist der Kandidatenpool sehr eng, vor allem auf Spezialistenebene. Wenn ich beauftragt werde, eine Fachkraft zu finden, sind vielleicht 3% bis 10% der Fachkräfte, die ich anspreche, offen für einen Wechsel. Das ist sehr wenig: Auf der Ebene der Führungskräfte zeigt, bei attraktiven Angeboten, ungefähr jeder Dritte Bereitschaft zu einem Wechsel.
IZ: Warum sind aktuell so wenige Fachkräfte wechselwillig?
Märten: Mitarbeiter sind schwerer zu einem Wechsel zu bewegen, wenn es in ihrem Unternehmen gut läuft. Und für Fachkräfte ändert sich ja nicht so viel, wenn der CEO, der Aufsichtsrat oder der Gesellschafter wechselt. Außerdem klettern die Gehälter in der Branche zwar, aber nicht so stark, wie es eigentlich nötig wäre, um die steigenden Lebenshaltungskosten und Immobilienpreise abzufedern. Hat sich ein Unternehmen also erst einmal seinen Ruf als Arbeitgeber ein Stück weit ruiniert, dauert es drei, vier Jahre, bis es sein Image wieder aufpoliert hat.
IZ: Dramatisieren Sie das nicht ein bisschen?
Märten: Nein! Eine Kündigung strahlt zunächst auf die verbliebene Belegschaft aus - besonders, wenn mit dem Mitarbeiter nicht fair umgegangen wird. Ich habe Fälle erlebt, in denen Kollegen von Gekündigten aus heiterem Himmel bei mir anklopften, ob ich ihnen nicht eine Alternative bieten kann. Dabei lief es in ihrem Unternehmen super und sie hatten ein Spitzengehalt! Außerdem müssen sich Arbeitgeber klar darüber sein, dass der gekündigte und verärgerte Mitarbeiter in der Regel zu einem Wettbewerber geht - und seinem alten Arbeitgeber keine gute Referenz ausstellt. Gerade in Großraumbüros verbreiten sich Informationen und Stimmungen wie ein Lauffeuer. Der alte Arbeitgeber ist dann bei den neuen Kollegen des Entlassenen - und das sind ja potenzielle Kandidaten für diesen - schnell verbrannt. Wir beobachten immer öfter, dass auch renommierte Unternehmen in manchen Positionen vom Wettbewerb trotz großer Anstrengungen keine Mitarbeiter abwerben können.
IZ: Wie sollten Unternehmen also tunlichst beim Trennungsmanagement vorgehen?
Märten: Zunächst sollte man einen guten Grund haben: Ist der Kandidat mit dem Stellenprofil überfordert? Einzelne Kandidaten sehen die eigene Überforderung tatsächlich selbst ein. Gibt es einen anderen sachlichen Grund für die Entlassung? Wenn z.B. eine Fondsgesellschaft viele Objekte verkauft, kann ein Überhang an Mitarbeitern entstehen. Oder eine Unternehmenseinheit wurde verkauft und eine andere Abteilung, die dieser zugearbeitet hat, wird plötzlich überflüssig. Zudem sollte man dem Mitarbeiter genügend Zeit geben, sich neu zu orientieren. Und man sollte sich unbedingt an das halten, was man ihm zugesichert hat. Also dem Mitarbeiter z.B. nicht erst versprechen, dass er mehrere Monate Zeit für einen Wechsel bekommt - und ihm dann doch früher kündigen, nur damit er schneller von der Pay-Roll ist. Auch mit Abfindungen sollte man nicht knausern und möglichst keine Anwälte einschalten, die sich mit dem Ex-Mitarbeiter vor Gericht streiten. Sondern den Leuten das zahlen, was ihnen zusteht.
IZ: Sie waren früher selbst Vorstandsmitglied und Personalchefin eines Private-Equity-Unternehmens. Da werden Sie sich sicher auch von dem einen oder anderen Mitarbeiter getrennt haben.
Märten: Gut in Erinnerung geblieben ist mir das Zerplatzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Ich war damals als Vorstandsmitglied der Aifotec AG gezwungen, innerhalb von drei Tagen mehr als 200 Mitarbeiter abzubauen, um die weitere Finanzierung des Unternehmens zu sichern. Meine Kollegen, die Abteilungsleiter und ich haben sich persönlich bei uns bekannten Unternehmen dafür eingesetzt, dort unsere Mitarbeiter unterzubekommen, was zum Teil auch gelang. Durch transparente Kommunikation, hohen persönlichen Einsatz und die Anteilnahme des gesamten Managements schafften wir es, die Motivation bei der verbleibenden Belegschaft hoch zu halten. Zu vielen Kollegen von damals habe ich noch heute guten Kontakt. Das Beispiel zeigt, dass sich auch aus einer äußerst unschönen Situation viel herausholen lässt.
IZ: Was raten Sie Mitarbeitern, die die Trennung als nicht gerechtfertigt ansehen, sich mit der Art und Weise nicht anfreunden können oder sich gar gemobbt fühlen?
Märten: Nun, Mitarbeiter sollten zunächst ihre Leistung hinterfragen. Am schnellsten kommen diejenigen wieder unter, die ein realistisches Bild von sich selbst haben. Wer sich überschätzt und trotz Kündigung gleich die nächste Karrierestufe erklimmen will, tut sich keinen Gefallen. Manchmal ist es besser, erstmal kleinere Brötchen zu backen. Wenn ich z.B. bei der Nummer eins der Asset-Manager rausfliege, bin ich vielleicht immer noch gut genug für die Nummer vierzig. Oder ich nehme einen Job mit einer höheren Property-Management-Lastigkeit an.
Hat jemand den Eindruck, er soll rausgemobbt werden, habe ich auch keine Lösung parat. Eigentlich bleibt einem da nur, zu gehen. Denn der Betroffene kennt ja nicht die mögliche Hidden Agenda hinter dem Verhalten des Vorgesetzten. Soll die Gesellschaft verkauft werden und der Chef soll vorher noch schnell bestimmte Mitarbeiter rausekeln? Oder geht es einfach darum, Kosten zu sparen? Einige Führungskräfte, die neu an Bord gehen, holen sich ihre Wunschkandidaten ins Haus - und haben keine Verwendung mehr für bestehende Mitarbeiter. Der Betroffene sollte das nicht persönlich nehmen, denn es ist meistens auch nicht persönlich gemeint - und er sollte es nicht aussitzen wollen.
IZ: Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Harald Thomeczek.