Nach mehr als zehn Jahren muss JLL den Spitzenplatz im Ranking um den Top-Arbeitgeber der Immobilienwirtschaft räumen. Drees & Sommer verbannt den ewigen Titelträger auf Rang drei ...
Von Platz acht an die Spitze in nur drei Jahren: In diesem Tempo hat es Drees & Sommer (Dreso) zum Top-Arbeitgeber der Immobilienwirtschaft geschafft. Von den mehr als 400 Studenten, die die Immobilien Zeitung (IZ) bei der diesjährigen Arbeitsmarktumfrage nach ihren Wunscharbeitgebern befragt hat, erhielt das Unternehmen die meisten Punkte und verbannte somit den Dauerfavoriten JLL nach elf Jahren auf Rang drei.
Die Marschroute in der HR-Abteilung des Gipfelstürmers gibt seit Februar Diana Wiedmann vor. Die Personalerin bringt einen neuen Blick mit, denn bis zu ihrem Einstieg bei Drees & Sommer war sie in der Pharmabranche zuhause.
"Nach unterschiedlichen beruflichen Stationen nehme ich die stärksten Unterschiede in den Bereichen Führung sowie Diversity and Inclusion wahr", sagt sie und legt bei ihrem neuen Arbeitgeber deshalb von Anfang an einen Fokus auf die Themen Mitarbeiterführung und -bindung. "Ich bin davon überzeugt, dass das frühzeitige Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten ein entscheidender Faktor ist, um Mitarbeitende langfristig zu binden und ihre Zufriedenheit zu erhöhen", sagt sie. Wie eine Karriere bei Drees & Sommer verlaufen kann, erfahren Nachwuchskräfte schon in den ersten Wochen im Unternehmen. Aber auch bei Auftritten auf Messen und online zeigt Drees & Sommer Karrierepfade auf.
"Bei uns gestalten Sie eine Karriere, die zu Ihren Stärken und Wünschen passt", lautet die übergeordnete Leitlinie auf der Karrierewebseite. Und sie gilt sowohl für den Aufbau von Führungsverantwortung als auch von fachlicher Expertise. Die Möglichkeit, über ein Praktikum einzusteigen, bekommen jährlich rund 300 Studenten.
Bei JLL sank die Zahl der Berufseinsteiger seit dem vorangegangenen Ranking hingegen. 15 Stellen für Azubis und duale Studenten sind für 2023 eingeplant, 2022 waren es 24. Das Traineeprogramm hat der diesjährige Drittplatzierte 2023 ausgesetzt, plant aber die Fortführung im nächsten Jahr. Die Zahl der Stellen für Praktikanten und Werkstudenten blieb mit rund 20 jedoch unverändert.
Und die suchen im Unternehmen vor allem Orientierung. Denn die Mehrheit der JLL-Wähler hat angegeben, noch nicht final auf ein Tätigkeitsfeld innerhalb der Branche festgelegt zu sein. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen kann sich vorstellen, in der Beratung Fuß zu fassen. Für etwa jeden Vierten kommt das Feld Bewertung infrage. Ein Ergebnis, auf das JLL eingestellt ist. "Erfahrungsgemäß entscheiden sich viele Kandidaten für einen Start in unserer Bewertungsabteilung, da sie dort einen breiten Einblick über alle Assetklassen hinweg erhalten. Darauf basierend spezialisieren sich viele dieser Kollegen anschließend", sagt Karoline Kröger, die seit 2013 in der Personalabteilung des Unternehmens arbeitet.
Den mittleren Treppchenplatz des Arbeitgeberrankings verteidigt CBRE. Über Social Media, Business-, Job- und Studentenportale präsentiert sich der Berater und Makler dem jungen Publikum. Was dabei vor allem hängen bleibt, sind die internationalen Projekte, die eine Karriere mit Auslandserfahrung versprechen. Rund 120 Studenten sind permanent im Unternehmen als Praktikanten oder Werkstudenten beschäftigt. Wenn sie zeigen, dass sie ins Team passen, schafft CBRE dauerhafte Stellen für sie. Viele Ex-Praktikanten loben diese Herangehensweise und schätzen die Arbeitsatmosphäre sowie die flachen Hierarchien im Arbeitsalltag. "Es herrscht ein familiäres Gefüge trotz der Größe", kommentiert ein Student, der CBRE bereits als Praktikant kennengelernt hat und seine Karriere bei einem Arbeitgeber mit mehr als tausend Mitarbeitern starten möchte.
Zwar wurden von den 381 Teilnehmern, die bei der IZ-Arbeitsmarktumfrage ihre Wunscharbeitgeber angegeben haben, mehr als 170 Firmennamen genannt. Auffällig ist jedoch, dass sich unter den Erstplatzierten besonders viele personalstarke Branchenplayer finden.
„Future Talents tendieren zu großen Unternehmen“
Future Talent Reports 2023
Das ist eine Tendenz, die sich nicht nur in der Immobilienbranche zeigt. "Future Talents tendieren zu großen Unternehmen", lautet das Fazit des Future Talent Reports 2023. Für die Studie hat die HR-Beratung Clevis Consult deutschlandweit fast 2.000 Praktikanten befragt und herausgefunden, dass sie große Arbeitgeber mit hohen Gehältern, gutem Markenimage und klaren Arbeitsabläufen und Karrierepfaden assoziieren. Sie erhoffen sich "Struktur und Regelmäßigkeiten, welche als Unterstützung in der Phase der beruflichen Orientierung dienen". In der IZ-Umfrage gaben mehr als 40% der Teilnehmer an, bei einem Unternehmen mit mehr als 500 Kollegen einsteigen zu wollen.
In dieser Größenordnung ordnet sich auch Commerz Real mit knapp 800 Mitarbeitern in Deutschland ein. Der Asset- und Investmentmanager verteidigt seinen vierten Platz im Ranking und geht als Arbeitgeber direkt auf Studenten zu. An der TH Aschaffenburg halten Mitarbeiter regelmäßig Gastvorträge und auch in den Seminaren wird an konkreten Beispielen aus der Arbeitswelt des Unternehmens gearbeitet. So hat Nico Balzano seinen Favoriten-Arbeitgeber gefunden. "Commerz Real wirbt mit einer spannenden Tätigkeit, die auch durch die Internationalität des Unternehmens geprägt ist, und mit Gründen, warum in der heutigen Marktsituation die Arbeit im Bereich der Immobilien eher mehr wird als zuvor", sagt der Student, der eine Karriere im Asset-Management anstrebt.
Auch Art-Invest will seine Projekte für Studenten schon während deren Ausbildung erfahrbar machen (siehe "Die Praxis bringt Arbeitgeber und Nachwuchs zusammen"). Mit dieser Strategie klettert das Unternehmen von Platz sieben auf Platz fünf. "Wenn ich weiß, an welchen Projekten ein möglicher Arbeitgeber arbeitet, kann ich besser einschätzen, ob er meinen eigenen Werten und Karrierezielen entspricht", findet Studentin Lara Fornalik, die in ihrem Studium an der EBS Projekte des Unternehmens kennengelernt hat und ihre weitere Entwicklung seitdem in den Medien verfolgt. Auch dabei hilft ihr der Wunscharbeitgeber und stellt Videos online, die die Projekte begleiten und mit Interviews mit Projektleitern, Architekten und Investmentmanagern unterfüttert werden. Allein auf Youtube bekommen die Clips regelmäßig mehrere Hundert Klicks, manche sogar über Tausend.
Die Praxis bringt Arbeitgeber und Nachwuchs zusammen
Baustellenbesuche, Projektarbeiten und Studienreisen sind gute Gelegenheiten für Studenten, die Theorie aus dem Uni-Hörsaal mit der praktischen Arbeit im Unternehmen abzugleichen. Die Unternehmen wiederum profitieren von Kooperationen mit den Hochschulen, weil sie früh erkennen können, welche Nachwuchskräfte in ihre Teams passen.
Nicht nur das Immobilienunternehmen selbst, sondern auch den Konzern dahinter hat ein Masterstudent im Blick, der gerne bei BNP Paribas Real Estate einsteigen würde. "BNP ist die größte Bank der EU und daher breit aufgestellt", kommentiert er. Das Immobilienunternehmen reiht sich auf Platz sechs ein und überzeugt die meisten seiner Wähler mit seiner Internationalität. "Im Bereich Investmentmanagement von BNP Paribas Real Estate bieten wir verschiedene Traineeships an, bei denen die Mitarbeitenden im Rahmen eines Stationseinsatzes für eine Niederlassung im europäischen Ausland tätig sein können", erklärt Philipp Benseler, Head of Human Resources, Marketing & Communications und Digital Officer. Aber auch im Tagesgeschäft im Investmentmanagement und mit Transaktionen sei schon der Berufseinstieg vom Austausch mit internationalen Teams und Kunden geprägt.
Gezielte Ansprache weckt Interesse bei Bewerbern
Die Aussicht auf internationales Arbeiten kommuniziert auch der Augsburger Investmentmanager Patrizia an den Nachwuchs – und schafft es nach einem Jahr Pause zurück in die Top Ten auf Platz neun. Vor allem von Studenten von Universitäten und in Masterstudiengängen bekam Patrizia Punkte. "Wir bauen gerade unsere Präsenz in den sozialen Netzwerken aus, zudem bieten wir vermehrt maßgeschneiderte Veranstaltungen für Universitäten an", fasst Sabine Schillinger-Köhne, Head of HR Germany, die Maßnahmen des Unternehmens für mehr Sichtbarkeit zusammen. Dabei kommuniziert das Unternehmen, dass es sich in einer internationalen Wachstumsphase befindet. Schillinger-Köhne betont jedoch, dass dies auch besondere Anforderungen an die Bewerber mit sich bringt. "Gute englische Sprachkenntnisse in Wort und Schrift werden immer wichtiger", sagt sie.
Neben Patrizia haben es zwei weitere Unternehmen neu ins Ranking geschafft. Während ECE und Union Investment, die sich 2022 noch Platz acht teilten, die Top Ten verlassen mussten, bilden das Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG und der Berater Savills 2023 als Neueinsteiger punktgleich das Schlusslicht der Favoritenliste.
"In den letzten Monaten haben wir unsere gesamte Employer-Branding-Ausrichtung überarbeitet und befinden uns in diesem Kontext in der Weiterentwicklung zusätzlicher Zugangsmöglichkeiten und Netzwerke", sagt Anabel Wunderlich, Director Human Resources bei Savills. Bei der Zusammenarbeit mit branchenspezifischen Nachwuchsgruppen profitiere das Unternehmen von Mitarbeitern, die selbst in Netzwerken aktiv sind. "Diese geben uns pro-aktive Impulse mit auf den Weg. Zudem tauschen wir uns zu Eventideen, Entwicklungsmöglichkeiten bei Savills oder der zukünftigen Arbeitswelt und -kultur aus
", führt Wunderlich aus und nennt ein Treffen mit dem Netzwerk Future for Real Estate (Fore) bei der Expo Real als konkretes Beispiel. Um diese Verbindungen weiter zu stärken, motiviere Savills auch bestehende Mitarbeiter, sich in Netzwerken zu engagieren. Von den Umfrageteilnehmern tut das bereits knapp jeder Vierte, die meisten von ihnen in Gruppen ihrer Hochschulen.
An Top-Ten-Neuzugang KPMG schätzten die Wähler vor allem die Vielfalt der Aufgabenbereiche. Neben der klassischen Wirtschaftsprüfung bietet die Gesellschaft Consulting für Immobilienunternehmen und entwickelt Strategien für Kosteneinsparungen wie auch mit Blick auf die Themen ESG, Klimawandel, Gender Fairness und digitale Transformation. In diesem Geschäftsmodell sehen Studenten gute Karriere- und Gehaltschancen. Durch die hohe Zahl von fast 30 Büros in ganz Deutschland gaben viele der KPMG-Wähler auch den Standort als entscheidendes Kriterium an.
Von Platz zehn auf Platz sieben ist Swiss Life Asset Managers (SLAM) geklettert. Der Konzern hat die Leitung der Personalabteilung im August 2022 an Kristina Gukelberger übertragen und in den vergangenen zwölf Monaten beim Employer Branding einen starken Fokus auf Diversität und Inklusion gesetzt, nicht zuletzt durch die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt. Zudem hat sich die Zahl der Beiträge mit HR-Themen auf dem unternehmenseigenen Linkedin-Kanal stark erhöht. Regelmäßig werden dort Stellenausschreibungen beworben und Mitarbeiter vorgestellt, die über ihre Erfahrungen mit dem Arbeitgeber sprechen.
Die gleiche Strategie hat auch Tochtergesellschaft Beos übernommen. Unter den Studenten wird Beos auch fünf Jahre nach der Eingliederung in den Konzern noch immer als eigenständige Marke wahrgenommen. Im Vergleich zum Vorjahresranking rutscht der Projektentwickler und Asset-Manager aber um drei Plätze ab und reiht sich hinter dem Mutterkonzern auf Rang acht ein. 2021 sicherte sich Beos noch einen Platz auf dem Treppchen. Was die Karrieremöglichkeiten angeht, verschmelzen die beiden Marken immer stärker. Von Beos heißt es, dass innerhalb des internationalen Netzwerks von SLAM neue Entwicklungspfade entstanden sind, "die auf die individuellen Anforderungen eines jeden zugeschnitten sind." Ein Wechsel innerhalb der Gesellschaften sei im Laufe der Karriere also möglich. Auch bei Messen, Netzwerkveranstaltungen und bei Hochschulkooperationen treten die beiden Marken gemeinsam auf. Was Gukelberger dabei bemerkt, gilt für alle Arbeitgeber: "Die persönliche Kontaktaufnahme soll nicht zu kurz kommen." Denn gerade weil es viele Studenten nach den Corona-Jahren inzwischen wieder stärker zu Präsenzveranstaltungen zieht, lohnt sich die gezielte Suche nach Nachwuchskandidaten vor Ort mehr als breit angelegte Imagekampagnen.