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Wer Frauen fördert, erhält mehr Geld

Hand in Hand mit den Männern funktioniert die Frauenförderung bei Vinci
Facilities Deutschland, zu der Gruppe gehört auch SKE. Personalleiterin
Sylvia Schröpl (rechts) kann für die Finanzierung ihrer Maßnahmen auf
Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds z

Hand in Hand mit den Männern funktioniert die Frauenförderung bei Vinci Facilities Deutschland, zu der Gruppe gehört auch SKE. Personalleiterin Sylvia Schröpl (rechts) kann für die Finanzierung ihrer Maßnahmen auf Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds z

Bild: IZ

Karriere 31.05.2012
Wenn Unternehmen auch Frauen in Führungspositionen haben möchten, müssen sie erfinderisch sein. Weil es immer noch an weiblichen Vorbildern mangelt, können sich viele Frauen eine ... 

Wenn Unternehmen auch Frauen in Führungspositionen haben möchten, müssen sie erfinderisch sein. Weil es immer noch an weiblichen Vorbildern mangelt, können sich viele Frauen eine Führungsrolle nicht vorstellen. Dabei sind nicht nur der drohende Fachkräftemangel, sondern auch Wettbewerbsvorteile gute Argumente für mehr Vielfalt in den Führungsetagen. Bei Vinci Deutschland, einem Unternehmen des Bauhaupt- und -nebengewerbes, werden die alten Strukturen mit einem neuen Personalentwicklungssystem aufgebrochen. Preisgekrönt vom Konzern und gefördert durch den Europäischen Sozialfonds, zeigt es bereits Ergebnisse. Was sich ändern musste, damit die erste Geschäftsführerin berufen werden konnte, erläutert Sylvia Schröpl, Personalleiterin von Vinci Facilities Deutschland, die das Projekt initiiert hat.

Immobilien Zeitung: Frau Schröpl, für Frauenförderung werden bei Ihnen die Männer belohnt. Ein ungewöhnlicher Ansatz, was steckt dahinter?

Sylvia Schröpl: Wir wollten die Arbeitsbedingungen in unserer Unternehmensgruppe so verändern, dass auch Frauen Führungspositionen übernehmen können. Obwohl von den rund 1.800 Mitarbeitern von Vinci Deutschland etwa 20% Frauen sind, ist die Führungsriege fast ausschließlich männlich. Um an diesen Strukturen etwas zu ändern, mussten wir die Männer für die Maßnahmen zur Frauenförderung gewinnen.

IZ: Wie ist Ihnen das gelungen?

Schröpl: Ganz einfach über Geld und Status. Wenn Geschäftsführer in ihrem Bereich Maßnahmen zur Frauenförderung erfolgreich umsetzen, erhalten sie keinen Abzug. Im nächsten Schritt verfeinern wir die Vergütungsregelung, dann wird es Boni für das Engagement geben.

IZ: Und das funktioniert?

Schröpl: Ja, inzwischen ist schon fast ein kleiner Wettstreit ausgebrochen, wer sich mehr um seine Damen bemüht. Und wir haben seit Jahresanfang auch die erste Geschäftsführerin. Das wäre vor ein, zwei Jahren noch undenkbar gewesen.

IZ: Wie finanzieren Sie dieses System?

Schröpl: Wir erhalten über drei Jahre mehrere hunderttausend Euro Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds. Das ist eine große Summe Geld und dadurch wurde das Thema Frauen in Führungspositionen plötzlich auch für die Männer interessant. Denn über diesen großen monetären Hebel erhielt das Thema einen Status und eine Wichtigkeit, die es vorher nicht hatte. Das hat der Initiative einen richtigen Push gegeben. Zudem steht die Geschäftsführung hinter dem Programm und als einzige deutsche Gesellschaft wurden wir 2011 dafür mit dem Innovationspreis des weltweiten Vinci-Konzerns ausgezeichnet.

Für insgesamt 30 verschiedene Maßnahmen gibt's Boni

IZ: Welche Maßnahmen bringen denn Boni?

Schröpl: Wir haben die qualitativen Ziele der Frauenförderung auf quantitativ messbare Ziele heruntergebrochen und insgesamt 30 Einzelmaßnahmen quantifiziert, die mit einem bestimmten Wert hinterlegt sind. Dazu zählen die Organisation eines Girls' Day oder ein Unternehmenstag für Berufsschülerinnen.

IZ: Das bezieht sich auf die Rekrutierung. Was machen Sie für Frauen, die bereits im Unternehmen sind?

Schröpl: Da unterstützen wir Maßnahmen, die Frauen motivieren, in Führungspositionen zu gehen oder zu bleiben, auch wenn sie eine Familie gründen. Das ist uns nun zum ersten Mal mit einer stellvertretenden Niederlassungsleiterin gelungen. Trotz einjähriger Babypause bleibt sie ohne Karriereknick und Unterbrechung auf dieser Position. Sie nimmt am wöchentlichen Jour fixe mit dem Kunden teil, der zwei Stunden dauert, und bleibt über alle Entscheidungsprozesse informiert. Alles läuft weiter über ihren E-Mail-Account. Sie muss sich jedoch nur einklinken, wenn sie es will. Führung in Teilzeit ist möglich und sollte Routine werden. Wir können vorleben, dass es geht!

IZ: Haben Sie auch über den Einsatz einer Frauenquote nachgedacht?

Schröpl: Ja. Ich war früher bei den amerikanischen Streitkräften beschäftigt und dort war die Quote gelebte Normalität. Schnelle Veränderungen können nur über die Quote erreicht werden. Doch dieser Begriff ist inzwischen so negativ behaftet, dass allein aufgrund dieser Tatsache damit nichts mehr bewegt werden kann.

IZ: Weil die Männer sich benachteiligt fühlen?

Schröpl: Ja, und die Frauen auch. Als wir mit unserem Programm zur Frauenförderung begannen, haben wir verschiedene Maßnahmen zunächst nur für Frauen entwickelt und sie erst nach einem Jahr auch den Männern zur Verfügung gestellt, z.B. im Gesundheitsmanagement. Damit haben wir uns viel Antipathie eingehandelt. Deswegen würde ich diesen Ansatz heute auch nicht mehr wählen. Nun zielen unsere Maßnahmen gleichermaßen auf die Verbesserung der Lage für Männer und Frauen, allerdings haben beide unterschiedliche Bedürfnisse. Für Frauen bieten wir Selbstmarketingkurse und für Männer Sensibilisierungskurse an. Wir wollen erreichen, dass beide Geschlechter die Verhaltensweisen des anderen besser verstehen und Frauen leichter aufsteigen können. Denn das bringt dem Unternehmen auch wirtschaftliche Vorteile.

Wettbewerbsvorteile mit Frauen in Führungspositionen

IZ: Inwiefern?

Schröpl: Unternehmen, in denen auch Frauen Führungspositionen bekleiden, sind wirtschaftlich erfolgreicher, wie Studien nachgewiesen haben. Auch der Fachkräftemangel erlaubt es nicht, weiterhin gut ausgebildete Mitarbeiter aufgrund von Familienplanung dauerhaft zu verlieren. Ganz konkret profitiert das Unternehmen aber bereits jetzt von dem Programm. Bei Ausschreibungen von PPP-Projekten konnten wir uns dadurch bereits Vorteile sichern, denn solche Initiativen wurden in der Ausschreibung berücksichtigt. Das ist ein Marktvorteil, der relativ einfach zu erreichen ist, und im europäischen Ausland übrigens oft schon als Standard vorausgesetzt wird. Deutschland hinkt im europäischen Kontext bereits deutlich hinterher. Sie sehen, ich kann also nicht noch fünf Jahre warten.

IZ: Frau Schröpl, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

Sonja Smalian