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Mehr Ingenieur und weniger Kaufmann

Gerade beim Thema Energieeinsparung sind Facility-Manager gefragt. Neben der passenden Technik ist dafür die richtige Steuerung der Prozesse nötig.

Gerade beim Thema Energieeinsparung sind Facility-Manager gefragt. Neben der passenden Technik ist dafür die richtige Steuerung der Prozesse nötig.

Bild: Wisag Industrie Service Holding

Karriere 26.03.2015
Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) hat ihren dualen Bachelorstudiengang BWL mit Vertiefungsrichtung Facility-Management durch einen dualen Studiengang Technisches ... 

Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) hat ihren dualen Bachelorstudiengang BWL mit Vertiefungsrichtung Facility-Management durch einen dualen Studiengang Technisches Facility-Management ersetzt. Das neue Angebot beginnt zum Wintersemester 2015/16. Warum künftige Facility-Manager mehr technisches Know-how benötigen, erklärt die Fachleiterin Prof. Dr. Andrea Pelzeter im Interview.

Immobilien Zeitung: Frau Pelzeter, Sie haben gerade den Aufbau des dualen Bachelorstudiengangs Technisches Facility-Management entworfen. Der Berliner Senat hat Ihr Konzept vor wenigen Tagen abgesegnet. Warum haben Sie den Fokus vom kaufmännischen zu technischem Wissen verschoben?

Andrea Pelzeter: Der Wunsch wurde von unseren Praxispartnern an mich herangetragen. Sie haben größere Schwierigkeiten damit, Ingenieure zu rekrutieren als Kaufleute mit FM-Wissen.

IZ: Warum braucht die Branche wieder mehr Techniker?

Pelzeter: Bis 2050 müssen die Gebäude in Deutschland klimaneutral sein und schon ab 2019 ist die öffentliche Hand verpflichtet, nur noch Neubauten nach dem Niedrigstenergiegebäudestandard zu errichten. Wir verfügen über die Technik, um auch noch das letzte bisschen Energie beim Bewirtschaften von Gebäuden einzusparen. Doch gerade die letzten 10% sind die schwersten. Neben der Passivhaustechnik braucht es dafür auch unheimlich viel Prozesssteuerung. Das ist eine klassische FM-Aufgabe. Genau darauf habe ich meinen neuen Studiengang ausgerichtet.

IZ: Was lernen die Studenten also?

Pelzeter: Sie lernen, nachhaltig zu wirtschaften. Bei kaum einem anderen Thema sind die ökonomischen und die ökologischen Aspekte so eng verknüpft wie beim Thema Energie. Deswegen gibt es einen Schwerpunkt im Bereich Energiemanagement. Die Technik in diesem Bereich verbessert sich jedes Jahr, sodass sich regelmäßig etwa 3% Energie einsparen lassen. Energiemanager verdienen ihr Gehalt also ganz locker selbst.

IZ: Was steht noch auf dem Lehrplan?

Pelzeter: Wir wollen einen Querschnitt-Ingenieur ausbilden, der sich auch mit den Themen Heizung, Sanitär, Lüftung und Elektro auskennt. Module zur Bautechnik und zum Bauprojektmanagement gibt es ebenfalls sowie zum Betreiberkonzept. Es geht uns darum, dass z.B. bei Umbauten auch die Feinjustierung der Technik gelingt, damit sie wie geplant funktioniert. Außerdem sollen die Studenten auch Synergien zu infrastrukturellen FM-Dienstleistungen erkennen können. Insgesamt machen die ingenieurwissenschaftlichen Module etwa 60% des Lehrstoffs aus.

IZ: Und damit deutlich mehr als in dem bisherigen Studiengang. Damals zählten etwa 70% der Module zum Bereich allgemeine Betriebswirtschaft und etwa 30% zur Vertiefungsrichtung Facility-Management. Nun ist es fast umgekehrt. Der Kurswechsel lässt sich auch am Abschluss ablesen: Früher vergaben Sie einen Bachelor of Arts, künftig wird es der Bachelor of Engineering sein.

Pelzeter: Genau, doch die Betriebswirtschaftslehre spielt ebenfalls noch eine Rolle. Denn die Absolventen müssen berechnen können, ob sich beispielsweise eine Fotovoltaikanlage lohnt. Alle Ressourcen, die im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Gebäuden verbraucht werden, haben direkt oder indirekt mit der Arbeit von Facility-Managern zu tun. Das fängt bei der Energieversorgung und -gewinnung an und reicht bis zum Urban Mining, also der technischen Rückgewinnung von Wertstoffen beispielsweise bei der Laptopentsorgung. Facility-Manager sind die modernen Ressourcen-Dirigenten und steuern die vernetzten Prozesse im Gebäude. Die goldene Zukunft des FM hat meiner Meinung nach gerade erst begonnen.

IZ: Doch diese Entwicklung wird zumindest von der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommen. Die Branche hat immer noch mit dem Stereotyp vom Hausmeister zu kämpfen.

Pelzeter: Das stimmt. Ich glaube, es müssen neue Geschichten erzählt werden, auch in der Presse. Geschichten, die erklären, wie ein Null-Energie-Haus entsteht.

"Energiemanager verdienen ihr Gehalt ganz locker selbst."
IZ: Und wie entsteht es?

Pelzeter: Ein Null-Energie-Haus ist nur durch ganz viel Kommunikation mit dem Nutzer, viele technische Innovationen und differenzierte Steuerung möglich. Oder nehmen Sie die intelligenten Stromnetze, sogenannte Smart Grids, die ganz neue Möglichkeiten zur lokalen und regionalen Selbstversorgung bieten. Künftig ziehen wir in Städten vielleicht die Tomaten auf dem Dach, wer weiß?

IZ: Das klingt noch nach Zukunftsmusik.

Pelzeter: Ich würde Smart Grids gerne mit einer Forschungskooperation untersuchen. Was bedeutet es praktisch, den Verbrauch von CO2 zu reduzieren? Und was brauchen wir dafür?

IZ: Sie sind studierte Architektin und wurden für Ihre Doktorarbeit zu den Lebenszykluskosten von Immobilien mit einem der Gefma-Förderpreise ausgezeichnet, die jetzt gerade auf der FM-Messe wieder verliehen wurden. Was raten Sie jungen Menschen, die ein Thema für ihre Abschlussarbeit suchen?

Pelzeter: Ich vermisse bisweilen das Innovative. Ich finde, die Studenten könnten häufiger noch kreativer sein. Kreativität ist nicht bunt, sondern frei von Kastendenken. In unserem neuen Studiengang versuchen wir, die Studenten durch zwei Studienprojekte, die so umfangreich wie die Bachelorarbeit sind, an eine vernetzte und ingenieurwissenschaftliche Herangehensweise heranzuführen. Wir wollen ihnen den Impuls geben, vom Preisdrücker innerhalb eines Unternehmens zum Nachhaltigkeitstreiber zu avancieren.

IZ: Frau Pelzeter, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

Sonja Smalian