KI soll die Tür zum Wissen für alle öffnen
Natalie Bräuninger im Gespräch mit Gerhard Feldmeyer, Hanna Huber und Nadja Stachowski (von links) bei der Real Estate Arena.
Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel
Unternehmenseigene KIs könnten in Zukunft vorhandenes Wissen für alle Mitarbeiter zugänglich machen und aus bekannten Informationen Prognosen für die Zukunft ableiten. Dafür müssen die Nutzer die Programme aber beherrschen. Das kostet Arbeitszeit.
Ich bin der Meinung, dass man Menschen Wissen nicht eintrichtern kann", sagt Gerhard Feldmeyer, Gestaltungs- und Innovationstreiber beim Projektentwickler Moringa. "Stattdessen muss man sie dazu motivieren, sich mit einem Thema zu beschäftigen", lautet die Lösung des gelernten Architekten. Das gelte vor allem, wenn es darum geht, sich im Job weiterzubilden oder sich mit wichtigen Grundlagen aus benachbarten Abteilungen zu beschäftigen. Auf dicke Leitfäden in Buchform oder Datenbanken, wie er sie im Laufe seiner Karriere in vielen Unternehmen kennengelernt hat, greifen Mitarbeiter nach seiner Erfahrung nur zurück, wenn sie eine konkrete Frage haben. Einen Anreiz, sich mit dem gesammelten Wissen von Kollegen oder Vorgängern zu beschäftigen, bieten sie hingegen kaum. Die oft wertvollen Inhalte der Leitfäden gingen dadurch zum Teil verloren, nicht zuletzt, weil die Darstellung der Informationen meist unübersichtlich sei.
Um sich mit etwas zu beschäftigen, das über den Arbeitsalltag hinausgeht, müssten Mitarbeiter jedoch erst einmal wissen, was es alles zu entdecken gibt, meint Nadja Stachowski, Head of Business Development von GMP Architekten. In ihrem Unternehmen dienen derzeit regelmäßige Kurzmeetings dazu, Mitarbeiter auf Themen aufmerksam zu machen. In weniger als 15 Minuten werden Ideen, Tools und Infos zu Wettbewerben umrissen. Wer sich von etwas angesprochen fühlt, kann sich im Anschluss an einen passenden Ansprechpartner im Unternehmen wenden. "Dafür müssen Experten klar ausgewiesen sein, damit jeder seine erste Anlaufstelle kennt, um sich auf eigene Faust tiefer mit dem Thema zu beschäftigen und eigenes Wissen aufzubauen", betont Stachowski. Gleichzeitig lernen Mitarbeiter durch das Beibringen und Erklären ihrer Inhalte am meisten.
Um das weiter zu fördern, will sich Hanna Huber bei Drees & Sommer nicht nur auf die intrinsische Motivation von Mitarbeitern verlassen, ihr Know-how weiterzugeben. Sie leitet seit 2020 das Innovationscenter des Unternehmens und schlägt während einer Veranstaltung zum Thema Wissensmanagement auf der Messe Real Estate Arena in Hannover vor: "In Zielvereinbarungen müsste festgelegt werden, dass das Teilen von Wissen belohnt wird." Es dürfe nicht als zusätzliche Arbeit oder einem Gefallen gegenüber einem Kollegen angesehen werden, sondern als fester Bestandteil der eigenen Stelle.
Umgang mit den Tools muss trainiert werden
Bisher geschehe das bei Drees & Sommer durch Treffen zwischen Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen und Standorten, die sich als Expertengruppe zu einem festgelegten Thema austauschen. Für die Zukunft denkt Huber aber auch an eine unternehmenseigene KI als Plattform für die Wissensweitergabe. "Im Moment ist sie noch ein kleines Helferlein, doch langfristig könnte eine unternehmenseigene KI das Wissensmanagement innovieren", sagt sie. Ihre Vision ist es, dass sich Mitarbeiter nicht länger über ein Suchfeld in einer Datenbank orientieren. Aber auch mit einem Chatbot sollen sie nicht sprechen. Stattdessen wünscht sich Huber ein Tool, das einen virtuellen Austausch mit Mitarbeitern ermöglicht – und zwar zeit- und ortsunabhängig. Somit kann auch auf das Wissen von Mitarbeitern zurückgegriffen werden, nachdem die das Unternehmen schon verlassen haben. "Eine gute KI könnte es uns ermöglichen, aus einer kleinen Info auch Prognosen für die Zukunft abzuleiten", sagt sie. Damit das funktioniert, müsse die KI aber auch mit den passenden Inhalten gefüttert werden. "Und das kostet Zeit und Geld", räumt sie ein. Als Problem sieht sie den komplexen Aufbau einer KI, der von den Mitarbeitern verstanden werden muss. "Genutzt werden kann das Tool nur von denen, die genügend Zeit haben, sich richtig einzuarbeiten", so Huber. Einige Mitarbeiter – vor allem jüngere – beschäftigen sich bereits in ihrer Freizeit mit KI-Tools. Das sollte im Unternehmen gefördert und ausgebaut werden. Doch dabei gebe es einiges zu beachten. "Der Umgang mit der KI im Unternehmen unterscheidet sich vom privaten Gebrauch", warnt Huber. Als Beispiele nennt sie Bestimmungen zum Datenschutz und das Einspeisen von Geschäftsgeheimnissen. "Es wäre wünschenswert, wenn das Wissen der KI auch über Unternehmensgrenzen hinweg zur Verfügung stünde. Aber mit diesem Ziel ist es essenziell, genau zu klären, welche Informationen in die Plattform eingespeist werden dürfen."
Um die Schwierigkeiten klar zu machen und gleichzeitig zu ersten Erfahrungen im Umgang mit KI zu verhelfen, bietet Drees & Sommer schon jetzt sogenannte KI-Learning-Lunches für die Mitarbeiter an. Dort gibt es Schulungen beispielsweise zum Prompting, bei denen die Teilnehmer lernen und auch üben können, wie Befehle und Fragen an das Programm formuliert werden müssen, um die erhofften Antworten angezeigt zu bekommen. Damit sich die Inhalte der Schulungen verfestigen, gibt es inzwischen Challenges, bei denen sich zum Beispiel Abteilungen darin messen, wer das kreativste Bild mit einem KI-Programm erstellen kann. So sollen Anreize geschaffen werden, sich über die Seminarzeit hinaus mit den Inhalten zu beschäftigen und die eigenen Skills auszubauen.