Immer mehr Väter in Deutschland nehmen Elternzeit. Viele Unternehmen unterstützen sie dabei. Dennoch bleiben die meisten bislang nur zwei Monate ihrem Arbeitsplatz fern. Auch sie sollten ihren ...
Immer mehr Väter in Deutschland nehmen Elternzeit. Viele Unternehmen unterstützen sie dabei. Dennoch bleiben die meisten bislang nur zwei Monate ihrem Arbeitsplatz fern. Auch sie sollten ihren Aus- und Wiedereinstieg gut vorbereiten.
Als Enrico Blümel seine Elternzeit beantragte, hatte er einen festen Plan "Ich wollte die ersten Schritte meiner Kinder miterleben", sagt der Techniker im Regionalcenter Frankfurt der Immobilienbewirtschaftung bei der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt. Deswegen hat er bei seinen beiden jüngsten Kindern jeweils zwei Monate Elternzeit genommen, die so genannten Partnermonate, und währenddessen Elterngeld bezogen. So wie Blümel entscheiden sich immer mehr Väter dafür, zeitlich begrenzt für die Kinderbetreuung aus dem Job ganz oder teilweise auszuscheiden: Mehr als jeder vierte Vater nutzt inzwischen diese Möglichkeit, unterstützt durch das Elterngeld, heißt es in einer Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Die Pioniere unter den Elternzeit nehmenden Vätern bangten oft noch um ihre Jobs und ihre Karrierechancen. Nicht selten mussten sie sich Sprüche von Kollegen und Bekannten anhören. Der Wertewandel im Kopf sei oft eine größere Hürde als die organisatorischen, sagt Barbara Hatzer, Head of HR Development & Recruiting bei ECE Projektmanagement. Sei früher die Elternzeit für Männer eher ein Tabuthema gewesen, gehöre sie heute zum guten Ton. Damit die Elternzeit gelingt, sind Arbeitnehmer und -geber gemeinsam gefordert.
Bevor das Gespräch im Unternehmen geführt wird, sollten die Eltern zunächst jeder für sich und dann gemeinsam klären, wie sie die Elternzeit am liebsten gestalten würden, sagt Roland Jenner, Geschäftsführer des Vereins Väter in Hamburg. Dabei kann als Ergebnis auch herauskommen, dass einer der Partner keine Elternzeit, also die unbezahlte Freistellung von der Arbeit, nehmen möchte. Ergänzt wird die Elternzeit seit 2007 durch das Elterngeld, das für bis zu 14 Monate nach der Geburt des Kindes die Eltern während der Elternzeit finanziell unterstützen soll. Es beträgt zwischen 300 Euro pro Monat und maximal 1.800 Euro pro Monat. Das Elterngeld ersetzt den entfallenden Einkommensanteil, also die Differenz zum Einkommen vor der Geburt. Dabei ist Teilzeitarbeit bis zu 30 Wochenstunden erlaubt. Ein Partner kann das Elterngeld für zwei bis zwölf Monate beantragen. Beantragt der andere Partner ebenfalls Elternzeit, gibt es zwei zusätzliche Monate Förderung , die so genannten Partnermonate. Ab Juli 2015 können die Eltern zwischen dem bisherigen Elterngeld oder dem neuen ElterngeldPlus wählen bzw. beides kombinieren.
Häufig waren es in der Vergangenheit Väter, die dann für zwei Monate Elternzeit beantragt haben, obwohl theoretisch auch eine ganz andere monatliche Aufteilung möglich wäre. Tobias Bundschuh entschied sich ebenfalls bei beiden Töchtern, jeweils zwei Monate Elternzeit zu nehmen. Der Mitarbeiter im Immobilienvertrieb Neubauprojekte bei der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt informierte frühzeitig seinen Arbeitgeber, damit in Ruhe geplant werden konnte, wer während seiner Abwesenheit die Arbeit übernehmen würde. Als er beim zweiten Kind zwei einzelne Monate nahm, war die Organisation relativ einfach. "Das ist ja wie ein normaler Urlaub", sagt Bundschuh.
Rechtlich gesehen, muss die Elternzeit bis zum dritten Geburtstag des Kindes sieben Wochen vor Antritt angemeldet werden. Während der Elternzeit besteht Kündigungsschutz. Dieser beginnt jedoch frühestens eine Woche vor Beginn der jeweiligen Anmeldefrist für die Elternzeit. Wer sichergehen will, dass ihm der Arbeitgeber nicht die Kündigung wegen der Elternzeit überreicht, der sollte also in genau dieser Woche seinen Antrag einreichen und nicht früher.
Den Vorgesetzten sollten Väter mit ins Boot holen. Stephanie Danhof, Abteilungsleiterin Personalentwicklung bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall, rät davon ab, die Führungskraft vor vollendete Tatsachen zu stellen, sondern empfiehlt das Gespräch zu suchen und Optionen zu diskutieren. Je länger die Auszeit geplant sei, desto wichtiger ist es, frühzeitig den Kontakt aufzunehmen. Der BMFSFJ-Ratgeber "So sag ich's meinen Vorgesetzten" empfiehlt, alle Aufgaben aufzulisten, sich über die Arbeitszeitmodelle zu informieren, Ziele für die Rückkehr klar zu formulieren, eigene Ideen für die Übergabe einzubringen, die Frage der Weiterbildung zu klären und die Kollegen einzubeziehen. Auch wie der Vater während der Abwesenheit Kontakt zum Unternehmen hält, sollte geklärt werden.
Wenn Väter in Elternzeit gehen, dann entscheiden sie sich häufig für eher kurze Freistellungen von wenigen Monaten, mitunter auch in kleineren Einheiten, und arbeiten teilweise während der Elternzeit in Teilzeit. Kommen sie nach der Elternzeit zurück, arbeiten sie oft wieder in Vollzeit. Da sie nur kurz ausfallen, entfällt oftmals die Suche nach einer Vertretungskraft und eine Einarbeitung nach der Freistellung.
Auch bei den befragten Immobilienunternehmen stiegen die Zahlen der Väter, die Elternzeit nahmen, in den vergangenen Jahren spürbar an. Die Unternehmen fördern den Trend durch verschiedene Maßnahmen (die sich mitunter auch an beide Elternteile richten): Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt entwickelt derzeit verschiedene Ideen, um Väter im Betrieb besser zu vernetzen, dazu könnte auch eine Väter-Austauschgruppe zählen. ECE bezahlt seinen Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen einen monatlichen Zuschuss zur Kinderbetreuung, wenn sie die Elternzeit wahrnehmen, und arbeitet an einem Patensystem, um mit den freigestellten Mitarbeitern Kontakt zu halten. Zudem bieten die Unternehmen zunehmend andere Optionen an, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach der Rückkehr aus der Elternzeit zu erleichtern: Dazu zählen Eltern-Kind-Büros oder flexible Arbeitszeitmodelle.
Auch bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter hilft die Familienfreundlichkeit: Denn die Generation Y erkundigt sich danach durchaus, bevor sie anheuert. Die Unternehmen bekämen für ihr Engagement auch etwas wieder, betont Roland Jenner: einen hochmotivierten Vater. Enrico Blümel schwärmt noch heute von seiner Elternzeit, denn sein Plan ging auf. Er war dabei, als sein Sohn die ersten Schritte absolvierte. "Das vergesse ich mein Leben nicht."
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bietet viele Informationen zu Elterngeld und -zeit (www.bmfsfj.de - Menü: Familie - Themenlotse: Elterngeld/Elternzeit). Die Broschüre "So sag ich's meinen Vorgesetzten" ist über die Suche auffindbar. sma