Karriere-News

So setzen AGs ESG-Boni ein

Karriere 07.10.2021
Auch Immobilien-AGs müssen ESG bei der Bezahlung ihrer Leute berücksichtigen. Darin, wie sie das tun, unterscheiden sie sich nicht großartig. ... 

Auch Immobilien-AGs müssen ESG bei der Bezahlung ihrer Leute berücksichtigen. Darin, wie sie das tun, unterscheiden sie sich nicht großartig.

Dieser Eindruck stellt sich jedenfalls ein, wenn man Geschäftsberichte, Nachhaltigkeitsberichte usw. überfliegt: Die ESG-Kriterien werden in aller Regel als Korrektiv für die Höhe der variablen Vergütung eingesetzt. Und zwar dergestalt, dass ihnen ein Gewicht von etwa 10% bis 20% des variablen Anteils an der Gesamtvergütung beigemessen wird.

Beim Wohnungsunternehmen LEG beispielsweise fließen ab dem Geschäftsjahr 2021 ESG-Ziele zu jeweils 20% sowohl in den kurzfristigen Bonus (Short Term Incentive, kurz STI) ein als auch in die langfristige Variable (Long Term Incentive, LTI), die die Performance mehrerer Geschäftsjahre umfasst. Damit die ESG-Vorgabe im STI zu 100% erfüllt ist, muss Folgendes erfüllt sein: 3% der Wohnungen im Bestand müssen im jeweiligen Geschäftsjahr energetisch ertüchtigt worden sein (Kategorie E); wiederholte Anrufe im Kundenservice sinken um 15% (Kategorie S), und LEG muss sein 2020 erhaltenes Rating für gute Unternehmensführung durch die Agentur Sustainalytics mindestens verteidigen. Das ESG-Ziel im LTI wiederum gilt als vollständig erfüllt, wenn a) die CO2-Emissionen im Portfolio binnen vier Jahren um 10% sinken und b) sich die Mitarbeiterzufriedenheit bis 2024 nicht verschlechtert.

Auch bei Vonovia hält ESG 2021 Einzug in den langfristigen Vergütungsplan. Mit dem Sustainable Performance Index (SPI) wird dann auch eine nichtfinanzielle Kennziffer als Steuerungsgröße aufgenommen, zusätzlich zu drei finanziellen Kennzahlen. Ins Gewicht fallen dabei die jährlich erzielte CO2-Einsparung im Gebäudebestand, der Anteil barrierearmer (teil-)modernisierter Wohnungen an den Neuvermietungen, die Energieeffizienz von Neubauten, zufriedenere Kollegen und Kunden, mehr Diversität unter Führungskräften. "Der SPI wirkt sich ebenso wie beispielsweise die Zielerreichung des NTA pro Aktie oder des Group FFO pro Aktie auf die variable langfristige Vergütung des Vorstands und des Top-Managements aus", teilt Vonovia mit.

Bei Instone gelten seit dem 1. Juli ebenfalls neue Spielregeln. Sie betreffen den kurz- wie den langfristigen Bonus. Der Aufsichtsrat legt für jedes Bonusjahr und für jedes Vorstandsmitglied individuell zwei bis vier Strategie- und Nachhaltigkeitsziele fest. Diese Ziele fließen mit 25% in den STI-Bonus ein. Neben Aspekten, die auch andere Unternehmen berücksichtigen, schreibt sich der Bauträger auch die Schaffung geförderter Wohnungen auf die Fahnen. Beim LTI-Bonus haben ESG-Ziele ein Gewicht von 30%.

Für den Vorstand von CA Immo schlug sich die "Optimierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung" schon 2020 als operatives Ziel mit einer Gewichtung von 10% im Kurzfristbonus nieder. Die diesjährige ESG-Vorgabe lautet: Drei-Jahres-Ziele für die direkten und indirekten CO2-Emissionen sowie den Energieverbrauch des Unternehmens und der Bestandsgebäude entwickeln und Schritte festlegen, wie diese erreicht werden sollen. Die Gewichtung liegt 2021 bei 5%. Auch Mitarbeiter unterhalb des Vorstands müssen sich beim Bonus an ESG-Zielen messen lassen.

Harald Thomeczek

Frau Güttler, übernehmen Sie bitte

xxx

xxx

Karriere 07.10.2021
Claus Blumenauer suchte eine Nachfolgelösung für sein Maklerhaus und fand sie in Martina Güttler. "Die Chemie stimmte", sagen beide voneinander. Schließlich geht es nicht nur um den ... 

Claus Blumenauer suchte eine Nachfolgelösung für sein Maklerhaus und fand sie in Martina Güttler. "Die Chemie stimmte", sagen beide voneinander. Schließlich geht es nicht nur um den Kaufpreis, wenn ein Unternehmer sein Lebenswerk in andere Hände gibt. Die neue Inhaberin sollte dieses auch im Sinne ihres Vorgängers fortführen. Was nicht bedeutet, dass alles beim Alten bleiben muss.

Eigentlich hätte Claus Blumenauer die Firma, die er vor knapp zwanzig Jahren gegründet hat, gern in der Familie behalten. Vier Töchter hat der heute 66-Jährige, und drei davon haben sogar das richtige Fach studiert, nämlich BWL. Die Töchter arbeiten heute aber alle in Konzernen, im Angestelltenverhältnis. "Ich hatte schon die Hoffnung, dass sie in meine Fußstapfen treten, doch nach mehrmaligem Nachhaken hat sich herausgestellt, dass kein Interesse besteht", konstatiert Blumenauer trocken. "Vielleicht fehlte der Mut, ins Unternehmerleben einzutreten."

Martina Güttler dagegen sehnte sich immer schon danach, ihre eigene Herrin zu sein. "Mein Traum war es immer, selbst zu bestimmen. In einem Konzern ist einem das aus allen möglichen Gründen nicht möglich. Irgendwann mal zu sagen: Ich entscheide jetzt, und das hat die und die Gründe und ich hab’s mir reiflich überlegt – aber jetzt geht’s in die Richtung, und zwar ab sofort."

Güttler, seit Januar 2021 Alleingesellschafterin von Claus Blumenauer Immobilien in Königstein im Taunus, stammt nicht aus einer Unternehmerfamilie. Sie hat die meiste Zeit ihres Berufslebens in besagten Angestelltenverhältnissen verbracht, bei M&W Zander und Dussmann, bei JLL, Bilfinger Real Estate bzw. Apleona und zuletzt beim Proptech Allthings, teils in Führungspositionen. Vor drei Jahren machte sie sich unter dem Firmennamen Güttler Real Estate als Projektentwicklerin für Wohn- und Anlageimmobilien selbstständig und kehrte damit zu ihren Architektinnenwurzeln zurück. Diese Unternehmung ist aber im Prinzip eine One-Woman-Show – und die Suche nach Grundstücken zu akzeptablen Preisen stellte sich auch als unerwartet schwieriges Unterfangen heraus.

Ein Maklerhaus, das quasi an der Grundstücksquelle sitzt, war da die perfekte Ergänzung. Eher zufällig wurde Güttler auf eine zum Verkauf stehende Maklerfirma für luxuriöse Wohn- sowie Anlageimmobilien im Rhein-Main-Gebiet mit Anschluss ans internationale Netzwerk Fine & Country aufmerksam, die sich bei näherem Hinsehen als Claus Blumenauer Immobilien entpuppte.

Der Gründer und heutige Alteigentümer ist die Sache mit dem Loslassen früh angegangen. "Viele Inhaber machen bis 80 weiter – und wenn es dann nicht mehr geht und kein Nachfolger bereitsteht, muss die Firma geschlossen werden. Das ist vor allem den Mitarbeitern gegenüber unverantwortlich." Zumal im Vorfeld etliche Punkte bedacht, geklärt und umgesetzt sein wollen, was durchaus zwei, drei Jahre dauern kann. So wollen etwa Privat- und Firmenbesitz – Beispiel Geschäftswagen – entflochten werden, nennt Blumenauer eine wichtige Aufgabe. "Erstens müssen die Kosten glasklar aus der Firma raus, und hätte ich zweitens nicht früh genug damit angefangen, wären wir heute noch nicht fertig."

So zielstrebig Blumenauer die Trennung auch anging, so vorsichtig agierte er gleichzeitig: Diskretion steht im Maklergeschäft an oberster Stelle, und kein Inhaber will das Vertrauen treuer Kunden durch zum falschen Zeitpunkt ruchbar gewordene Verkaufsabsichten unterminieren. "Ich habe es brutal neutral versucht und unter falschem Namen beim Portal Deutsche Unternehmerbörse DUB ein Verkaufsangebot inseriert." Erste Bewerber ließen nicht lange auf sich warten, aber "ich habe das gleich wieder abgewürgt, weil es hinten und vorn nicht passte. Da war zum Beispiel ein Investmentbanker dabei, der aus dem Unternehmen einen Fonds machen wollte, oder Menschen, wo es von der Seriosität her nicht passte."

Güttler erging es ähnlich, nur andersherum: Sie tat sich auf der Unternehmensbörse Nexxt-change nach Kaufoptionen um. "Als Interessent muss man dort erst einmal viele Informationen über sich offenlegen, bis hin zu den Finanzierungskapazitäten, und direkt die Identität preisgeben." Doch das stellte sich für Güttler nicht als der einzige Malus dar: "Die Eigentümer, die sich mit dem Gedanken tragen, ihr Unternehmen zu verkaufen, platzieren es dort nicht repräsentativ genug."

Blumenauer entschied nach den gescheiterten Selbstversuchen, einen Berater hinzuzuziehen: "Ich habe mich dann im wahrsten Sinne des Wortes Herrn Quiring anvertraut." Herr Quiring heißt Roland mit Vornamen und ist Partner der M&A-Beratung Euroconsil für Hessen. Die Nachfrage nach Unternehmensnachfolgern wachse, berichtet der Berater, denn "die geburtenstarken Jahrgänge" gehen in den Ruhestand. In der eigenen Familie fänden diese zunehmend keine Nachfolger.

Die Bandbreite der von Euroconsil vermittelten Unternehmen liegt zwischen 3 Mio. und 50 Mio. Euro Jahresumsatz. Ein Schwerpunkt liegt auf Immobilienunternehmen: Im vergangenen Jahr fädelte Quiring den Verkauf eines Facility-Management-Dienstleisters sowie eines Property-Managers ein. Aktuell bereitet er die Veräußerung eines Vertriebsdienstleisters vor, der sich auf Neubauwohnungen im Premiumbereich spezialisiert hat und mit Bauträgern zusammenarbeitet.

Eine Kaufpreisvorstellung hatte Blumenauer schon im Kopf, als er Quiring beauftragte. Eine Bewertung ließ er nämlich schon ganz am Anfang seiner Bemühungen durch den Immobilien- und Finanzgelehrten Heinz Rehkugler durchführen. Dieser hat auch ein Buch über die "Regelung der Unternehmensnachfolge bei Immobilienunternehmen" geschrieben . "Die Kaufpreisvorstellung eines Unternehmers sollte am Anfang eines Verkaufsprozesses stehen und durch eine Bewertung abgesichert sein", verdeutlicht Quiring. Zur groben Orientierung werde dabei ein Mittelwert der Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre gebildet und mit einem "branchenüblichen Multiple" multipliziert. Zusätzlich werden auch die Planungen bzw. die Erwartungen an die Marktentwicklung berücksichtigt.

Corona machte Blumenauer offenbar keinen Strich durch die Rechnung: "Als die Verhandlungen im Herbst 2020 in die heiße Phase gingen, hatte sich die Lage für Wohnimmobilien insbesondere im Rhein-Main-Gebiet wieder stabilisiert", erklärt Quiring. Und der Alteigentümer versichert, "ohne Blessuren" durchs Jahr 2020 gekommen zu sein: Der Umsatz sei ungefähr so hoch wie in den Vorjahren gewesen.

Der Preis muss stimmen – aber die Chemie auch

Als es ernst wurde, zog Güttler einen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer hinzu, der eine Due Diligence in dem von Quiring eingerichteten Datenraum durchführte. Sechs ernsthafte Interessenten habe es gegeben, da habe die Chemie aber nicht so wie mit Güttler gestimmt, erzählt der Alteigentümer. Ihr Angebot, so lässt sich zwischen den Zeilen lesen, dürfte allerdings wohl auch das finanziell lukrativste gewesen sein. Blumenauer scheint mit dem erzielten Preis nicht unzufrieden, betont aber auch: "Es geht nicht nur ums Geld, das Gesamtpaket muss passen. Es ist ja nicht ganz unwichtig, in wessen Hände ich mein Unternehmen, das meinen Namen trägt, gebe. Die Wertebasis muss deckungsgleich sein – und das ist sie bei uns."

Nicht ganz unwichtig war für ihn auch, dass er als freier Makler weiter im Unternehmen arbeitet. So fällt ihm auch das Loslassen – vielleicht die härteste Prüfung für jemanden, der ein Unternehmen aufgebaut und fast zwanzig Jahre geführt hat – nicht so schwer.

Berater Quiring rät Inhabern, die es Blumenauer gleichtun wollen, neben dem Preis und der Chemie auch "unbedingt die nachlaufende Haftung im Blick zu haben". Haftungsrisiken stellten zum Beispiel steuerliche Themen, mögliche Rechtsstreitigkeiten oder Arbeitnehmerfragen dar. In den Kaufverhandlungen müsse eine ausgewogene Risikoverteilung erreicht und diese im Kaufvertrag entsprechend abgebildet werden. "Es kann nicht sein, dass der Käufer alles auf den Alteigentümer abwälzt."

Die Zukunft von Claus Blumenauer Immobilien gestaltet nun, nach einem halben Jahr intensiver Einarbeitung, die neue Chefin: Vor wenigen Wochen ist ein neuer Webauftritt live gegangen, die Entwicklung einer Vermittlungs-App als Handreichung für die Makler ist in Vorbereitung, die Mitarbeiterzahl (aktuell 15) und der Umsatz (den behält Güttler für sich) sollen sich verdreifachen.

Die Nachfrage nach Nachfolgern wächst

Beim Recruiting setzt Güttler nicht zuletzt auf Quereinsteiger, etwa aus der Bankenbranche, und auf das weibliche Geschlecht. Die in der Vermittlung von Wohnimmobilien zum Eigennutz unter Beweis gestellte "Frauenpower" will das Gründungsmitglied des Immobiliennetzwerks Frauen in Führung (FiF) auch in der Investmentmakelei, wo Frauen noch schwer unterrepräsentiert sind, entfesseln helfen. Ihren Posten als stellvertretende Vorsitzende von FiF trat sie an Ingeborg Maria Lang, Head of Digital Research der Immobilien Zeitung, ab.

Harald Thomeczek