Eine gute und eine schlechte Nachricht haben Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen für Absolventen. Die gute: Die von den Studierenden ...
Eine gute und eine schlechte Nachricht haben Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen für Absolventen. Die gute: Die von den Studierenden befragten Immobilienunternehmen haben die Einstiegsgehälter wegen Corona keineswegs abgespeckt. Die schlechte: Die Gehaltsforderungen der Berufseinsteiger sind häufig zu hoch gegriffen - um bis zu 40%.
Viele Studenten haben nach dem Abschluss ihres Studiums zu ambitionierte Gehaltsvorstellungen. Durch die Corona-Pandemie haben sich diese Vorstellungen etwas gedämpft, sodass die Erwartungen der Absolventen um ca. 4% zum Vorjahr gesunken sind, wie die Arbeitsmarktumfrage 2020 der Immobilien Zeitung gezeigt hat", sagt Donatus Adepitan, Immobilienstudent an der HfWU. "Das gab uns Anlass zu der Annahme, dass die Gehälter, welche die Firmen Absolventen in der Corona-Pandemie zu zahlen bereit sind, ebenfalls gesunken sind - und das wollten wir untersuchen."
Gesagt, getan: Adepitan und seine Kommilitonin Caroline Ziegler schrieben mehr als 1.700 Immobilienfirmen mit der Bitte um Unterstützung an: 630 in Deutschland tätige Immobilienunternehmen mit Fokus auf die sieben A-Städte Berlin, München, Frankfurt, Hamburg, Köln, Düsseldorf und Stuttgart sowie knapp 1.000 Wohnungsunternehmen und rund 150 Firmen, die sich an den Career Days der Hochschule beteiligt hatten. Die Befragung lief von Anfang Dezember 2020 bis Mitte Januar 2021.
Ursprünglich wollten die Nachwuchskräfte nicht nur nach der Entwicklung der Einstiegsgehälter und der Angemessenheit der Gehaltsvorstellungen von Absolventen fragen, sondern auch nach konkreten Gehaltsangeboten bzw. Gehältern in absoluten Zahlen. Von dieser Idee kamen sie jedoch schnell wieder ab: Zu groß war die Sorge, dann kaum noch verwertbare Ergebnisse von den Arbeitgebern zu erhalten. Und diese Furcht war nicht unbegründet: Der Rücklauf fiel mit 57 Teilnehmern auch so schon eher überschaubar aus. Wobei die Initiatoren der Befragung von einer "zufriedenstellenden Rücklaufquote von 3,2% bei einem heiklem Thema" sprechen.
Als repräsentativ sind die Resultate der Befragung daher nicht einzustufen. Die Umfrage hält dennoch Erkenntnisse parat, die aufhorchen lassen. "Das Ergebnis war durchaus überraschend: Kaum einer der 57 Teilnehmer gab an, dass sich die Gehälter durch die andauernde Krise nach unten korrigiert haben!", staunt Masterstudent Adepitan. Sein Fazit: "Dies zeigt deutlich, dass selbst in dieser andauernden Pandemie die Immobilienbranche als Ganzes kaum an Attraktivität für Nachwuchsakademiker verloren hat und eine Ausbildung in der Immobilienbranche durchaus eine krisensichere Investition ist."
In Zahlen ausgedrückt: Nur zwei Firmen haben die Angebotsgehälter für Einsteiger heruntergeschraubt, und zwar um 8% bis 10% bzw. um mehr als 10%. Allerdings beantworteten sieben Unternehmen die Frage nicht, das lässt einen gewissen Interpretationsspielraum.
So erfreulich es für Studierende ist, zu hören, dass Arbeitgeber aus der Branche nicht bei Absolventengehältern sparen: Die ganze Wahrheit ist das nicht. Nicht ganz unwichtig ist schließlich, von welchen Gehältern in absoluten Zahlen die Rede ist. Und dazu sagt die Umfrage nichts.
Noch interessanter ist die Frage, ob das, was die Unternehmen (immer noch) zu bieten bereit sind, auch dem entspricht, was die Studierenden sich vorstellen. Dazu wiederum liefert die Umfrage sehr wohl Erhellendes: Sie zeigt ziemlich deutlich, dass die Gehaltsvorstellungen vieler Immobilienabsolventen zu hoch gegriffen sind. Viel zu hoch. Zumindest für den Geschmack relativ vieler Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligten.
Ein stattlicher Anteil von 40% der teilnehmenden Immobilienunternehmen (19 von 47, bei zehn Enthaltungen) bestätigt in der Umfrage die Annahme, dass die Gehaltsvorstellungen der Absolventen von den Angeboten der (potenziellen) Arbeitgeber abweichen - natürlich nach oben. Rund die Hälfte der Personaler wird mit Abweichungen von bis zu 10% konfrontiert. Die andere Hälfte sieht die Forderungen 15%, 20%, 30% oder gar 40% über dem angebotenen Einstiegsgehalt liegen. Wohlgemerkt: Gestellt wurden die Forderungen mitten in der Krise, und kaum ein Arbeitgeber hat das Einstiegsgehalt grundsätzlich wegen Corona nach unten korrigiert.
Ein Masterabschluss wird nicht in allen Firmen automatisch besser dotiert
Die Umfrage der HfWU-Studierenden fördert auch andere interessante Aspekte zur Vergütung von Einsteigern zutage. Zum Beispiel zu der von Studierenden immer wieder gern gestellten Frage, ob ein Master-Abschluss per se mehr wert ist als ein Bachelor-Abschluss. Und siehe da: Fast zwei Drittel (63%) der Firmen setzen wirklich ein höheres Einstiegsgehalt an, wenn ein Kandidat einen Master von der Hochschule mitbringt. Andererseits heißt das auch, dass 37% Masterabsolventen nicht allein wegen dieses Titels zum Einstieg besser bezahlen, was man wie Adepitan und Ziegler durchaus überraschend finden kann: "Unerwartet oft sind Bachelor- und Master-Absolventen gleichgestellt!"
Eine weitere Frage, die sich Studierende und vor allem Absolventen häufig stellen, lautet: Werden Einsteiger nach einer vorgegebenen Gehaltstabelle bezahlt oder werden die Gehälter individuell bestimmt? Die Antwort mit Blick auf die HfWU-Umfrage: 36% zahlen nach Tabelle, 64% individuell.
Vor der Gehaltsverhandlung steht allerdings die Jobsuche. "Gerade am Anfang der Pandemie habe ich mitbekommen, dass es wirklich schwierig war." Das lag nicht nur an Einstellungsstopps, sondern schlicht an den Umständen: "Manche meiner Bachelor-Kommilitonen, die nicht direkt mit dem Master weitergemacht haben, mussten im Homeoffice eingearbeitet werden - es sind aber nicht alle Unternehmen bereit dazu, Einsteiger im Homeoffice onzuboarden", erzählt Adepitan.
Dass Stellen für Einsteiger noch immer nicht so breit gesät sind wie vor der Pandemie, darauf deutet ein weiteres Ergebnis der HfWU-Umfrage hin. "Haben Sie während der Corona-Zeit Bewerbungsgespräche mit Berufseinsteigern geführt und diesen ein Job-Angebot gemacht?", wollten Adepitan und seine Kommilitonin wissen. Die Antwort: Immerhin 19 der 57 Unternehmen - also genau ein Drittel - haben das nicht getan.
Und was will Adepitan selbst im Jahr verdienen, wenn er seinen Master in Immobilienmanagement in der Tasche hat? "Mit einem Master liegt man vielleicht irgendwo um die 50.000 Euro herum - ich nehme aber auch mehr."
Wie sich die Gehaltsforderungen von Immobilienabsolventen in Corona-Zeiten entwickelt haben, was beliebte Arbeitgeber aus der Branche von den Gehaltswünschen des Nachwuchses halten und wie viele Jobs es für Einsteiger nach einem Jahr Corona noch bzw. wieder gibt, lesen Sie im IZ-Magazin Immobilienkarriere, das am 27. Mai erstmals erscheint.